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1991 Atlantik Transfer (SM)

1991 Atlantik Transfer (SM)

Titel: 1991 Atlantik Transfer (SM) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hinrich Matthiesen
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Nachrichten von außen konzentriert! Immer wieder setzt Wilson den Notruf ab. Etwa so: »Unser Schiff ist auseinandergebrochen … die Boote sind nicht einsatzfähig … wir sinken schnell …!« Und dann die erlösende Antwort! »Wir kommen sofort …« Aber gleich darauf der Schnitt! Die Stille! Und natürlich das fieberhafte Warten der Männer darauf, daß der andere sich erneut melde und sie die wunderbare Botschaft noch einmal zu hören bekämen. Doch es bleibt still im Äther.
    Thaden hatte sie alle im Kopf, die einzelnen Phasen der Hoffnung, und so auch diese, das andere Schiff sei schon unterwegs zur MELLUM, obwohl es nicht mehr sendete. Also noch einmal: das Warten! Zugleich aber, und es scheint ein Wettlauf zu werden, das fortschreitende Einsinken des schwer beschädigten Achterschiffs.
    Und hier, in dem kleinen Lokal in der Canal Street, bekam zum ersten Mal auch dieses andere Schiff deutlich Kontur. Es hatte ein Reedereizeichen, eine Flagge, einen Namen und war ein echter Never-come-back-Liner. Aber auch ein verwahrlostes Schiff konnte schließlich zum Retter werden. So sah er nun die CAPRICHO durch dieselbe aufgewühlte See stampfen, in der die Wrackteile der MELLUM trieben.
    Die Scheiben des Lokals zitterten, in Schwingung versetzt von vorbeifahrenden Schwerlastern. Aus der Musikbox erscholl, überlaut, Madonnas Popgesang, und die Debatte von nebenan war zum Streit geworden. Doch Thaden hörte etwas anderes.
    Ganz tief lauschte er in sich hinein, wo jetzt ein Dialog ablief, wie er stattgefunden haben könnte zwischen Jonas Ellerup und seinem Kapitän.
    »Aber, Captain, die Menschen da draußen … das können wir nicht machen! Das wäre nicht nur gegen die internationalen Regeln, sondern ginge mir auch persönlich gegen den Strich.
    Deren Boote sind kaputt, und wer weiß, was alles noch kaputt ist bei denen. Vielleicht treiben sie im Wasser, und wir haben es in der Hand …«
    »Ellerup, denken Sie mal nach! Wir würden uns eine Riesenlaus in den Pelz setzen. Sie wissen genau, daß wir Konterbande an Bord haben, sind ja selbst an dem Geschäft beteiligt. Wir würden unter Umständen die Ware verlieren, das Geld, das Schiff, unsere Jobs, und das nur, weil wir uns auf eine Aktion einlassen, die andere genausogut durchführen können. Es steht einfach zuviel auf dem Spiel.«
    »Aber für die da draußen steht noch viel mehr auf dem Spiel.«
    »Weiß man das so genau? Mensch, Ellerup, Sie haben doch gut verdient bis jetzt! Jede Reise ein paar tausend Dollar extra. Das soll doch so bleiben, oder?«
»Natürlich.«
»Na also.«
»Okay, wenn Sie meinen, Captain .«
»Ja, das meine ich. Sie werden sehen, in ein paar Tagen lesen wir in der Zeitung, daß glücklicherweise alle gerettet worden sind. Und nun hauen Sie sich in die Koje! Und wenn Sie nicht schlafen können, dann überlegen Sie sich, was mit unserem Funkgerät los gewesen sein könnte für den Fall, daß es doch zu Fragen kommt.«
    »In Ordnung, Captain .«
    Verdammt, dachte Thaden und rieb sich die Schläfen, ich muß meine Phantasie aus dem Spiel lassen! Muß bei den Tatsachen bleiben. Was, wenn die CAPRICHO es nun doch nicht gewesen ist? Er rekapitulierte die Anhaltspunkte, die sie besaßen, fand drei. Erstens: den Bericht des Funkers mit den Zahlen Vier und Einundzwanzig. Dazu eine Zeit- und eine Ortsangabe, nämlich den Winter und den Atlantik, beides untermauert durch die Auskünfte der alten Frau in Apenrade.
    Zweitens: die von Wulf mit Hilfe seiner Redaktion eingeholten Informationen, nach denen tatsächlich in diesem Zeitraum ein Schiff mit dem Namen CAPRICHO von Belfast nach Philadelphia gefahren war. Seine Reisedaten belegten, daß es zur Zeit des Unglücks in der Nähe der MELLUM gewesen sein mußte.
    Drittens: Die CAPRICHO war höchstwahrscheinlich ein Schmuggelschiff und konnte aus diesem Grunde an der MELLUM vorbeigefahren sein. Zwar hatte sie sicher kein Kokain von Belfast nach Philadelphia gebracht, aber es gab ja noch andere illegale Waren. Entscheidend war die Erkenntnis, daß es sich bei dem Kapitän und seinen Leuten allem Anschein nach um Dunkelmänner handelte.
    Das war’s, dachte er, und wenn man den abgerissenen Funkspruch noch hinzurechnet, ist es schon eine Kette von Indizien.
    Ja, ich glaube, wir können zu achtzig Prozent davon ausgehen, daß wir unser Schiff gefunden haben!
Er kehrte ins Hotel zurück und erzählte dem Freund von dem neuen Platz der CAPRICHO, wählte dabei den bissigen Vergleich mit einem Pestschiff

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