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1992 Das Theunissen-Testament (SM)

1992 Das Theunissen-Testament (SM)

Titel: 1992 Das Theunissen-Testament (SM) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hinrich Matthiesen
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außerdem waren die Gutiérrez-Brüder hier aufgewachsen! Lag es nicht nahe, anzunehmen, daß die jungen Burschen, zu zweit, zu dritt oder in noch größerer Gruppe, den Monte Osorno oft bestiegen hatten und daß also dort ihre Geheimnisse lagen?
    Die Entdeckung beflügelte seine Gedanken, und erregt malte er sich aus, wo auf dem Berg die vielen tausend Dollar, der Preis für den Schrott in den Laderäumen der OLGA, versteckt sein könnten. Doch wenig später schlug seine Stimmung um, denn ihm wurde klar, daß die gewaltigen Hänge eine Unzahl von heimlichen Plätzen bereithalten mußten. Ein ganzes Leben würde nicht ausreichen für die Suche.
    Gegen elf Uhr legte er sich ins Bett, löschte das Licht. Er dachte an Jenny, an die Kinder. Wie mochten sie ihn überstehen, den Theunissen-Skandal, der nun, nach der Flucht des Hauptverdächtigen, sicher noch höhere Wellen schlug? Er erinnerte sich an das, was seine tapfere Jenny beim Abschied gesagt hatte: »Und wenn sie sich die Mäuler zerreißen, wir stehen das durch. Wie bei allen bösen Geschichten kommt es auch bei unserer darauf an, wie sie ausgeht. Und damit sie gut ausgeht, mußt du diese Wahnsinnsreise machen.«
    Wahnsinnsreise, dachte er, das ist überhaupt nicht ihr Vokabular, aber eine solche Erschütterung reicht wohl bis in die Sprache hinein.

24
    Elvira servierte ihnen das Frühstück, und die drei waren sich einig. Sie hatte einen herrlichen Busen, und auch alles andere an ihr tat den Augen wohl. Sie erinnerte sich an Hilario Gutiérrez und den Alten und zeigte, wie der Wirt es getan hatte, hinüber zu dem Tisch, an dem die beiden gesessen hatten. Aber viel mehr kam bei dem Gespräch mit ihr nicht heraus. Die einzige, leider bedeutungslose Neuigkeit, die sie erfuhren. Das dürre Männchen hatte gegessen wie ein Scheunendrescher.
    Nein, den anderen, den Chulo, den Hübschen, habe sie nicht wiedergesehen.
    So brachen sie bald auf und kehrten nach Puerto Varas zurück. Wieder im Hotel, beschlossen sie, zum ersten Mal in Deutschland anzurufen. Die Tageszeit war günstig. Drüben war es jetzt später Nachmittag. Sie würden also Georgine nicht aus dem Schlaf läuten, und sollte Federico im Haubarg keinen Erfolg haben, war Jacob wahrscheinlich noch in der Firma zu erreichen.
    Sie saßen in Olafs Zimmer, weil es das größte war und außer dem Bett zwei Stühle hatte. Federico wählte, und die beiden anderen sahen ihm dabei zu. Und dann hörten sie: »Ja, guten Tag, hier spricht Lüttjohann. Kann ich vorbeikommen und ein Fuder Kartoffeln kaufen?« Und wenig später: »Schade. Na ja, läßt sich nicht ändern. Auf Wiederhören.«
    »Verdammt!« Olaf war aufgestanden, schlug die Fingerknöchel gegeneinander. »Und ich war sicher, der Tanz ginge erst Freitag los. Also jetzt die Firma, Federico! Du weißt, das Gespräch muß absolut perfekt laufen.« »Wird es auch.«
»Und sag Jacob, wenn er noch Fragen an den Chef hat, so ist der am späten Abend zu sprechen, nämlich um halb zwölf.«
    »Warum so spät?« fragte Ernesto.
    »Jetzt geht es ja nicht«, antwortete Olaf, »weil er im Büro ist, aber ich will sowieso lieber erst nach dem Besuch bei Umberto Flores mit ihm reden.«
    Als Federico mit der langen Vorwahl fertig war, ließ er sich von Olaf die Nummer der Firma diktieren. Und wieder lauschten die beiden anderen. Sie atmeten schon mal auf, sobald sie merkten, daß Federico Jacob erreicht hatte, und hörten dann in schönstem andalusischen Spanisch, mit dem Olaf diesmal keine Schwierigkeiten hatte, weil der Text von ihm selbst vorbereitet worden war, daß die Firma ORDAZ & DOMINGO aus Granada den Amigos in Hamburg eine günstige Offerte zu machen habe. Nach einigen fast poetischen Lobpreisungen der Steineichen und Pinien folgten die Festmeter und Tarife in Zahlen, wie sie sich für Federico aus der Telefonnummer des Hotels ergaben. Auch über die Konditionen, zum Beispiel, ob die Ware fob gewünscht werde, free on board,  ging es noch ein bißchen hin und her. Danach wurden Mitteilungen über das Wetter in Norddeutschland und Südspanien ausgetauscht, und schließlich kam der Satz: »Wenn Sie noch mit Herrn Ordaz persönlich sprechen wollen, dann rufen Sie ihn bitte heute abend um halb zwölf an.« 
    Es folgte der Abschluß mit den üblichen Höflichkeiten. Als Federico aufgelegt hatte, fragte er: »Weiß Jacob, daß halb zwölf hiesiger Zeit gemeint ist? Ich konnte ihm ja unmöglich sagen, daß er sechs Stunden vorausrechnen

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