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1994 Jagdzeit in Deutschland (SM)

1994 Jagdzeit in Deutschland (SM)

Titel: 1994 Jagdzeit in Deutschland (SM) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hinrich Matthiesen
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enthielten nichts, außer daß in einem die dickleibigen Hamburger Telefonbücher lagen.
Der Kleiderschrank. Vier Oberhemden, etwas Wäsche, sechs Paar Strümpfe, alles akkurat gestapelt. Ein hellgrauer Anzug und ein dunkelgrauer, beide von guter Qualität.
Er machte sich daran, die Jacken- und Hosentaschen zu überprüfen, fand ein Notizbuch, blätterte darin, las ein paar Termine, mit denen er nichts anfangen konnte, weil weder Personen- noch Ortsnamen angegeben waren. Aber dann stieß er auf eine merkwürdige Eintragung. Als Überschrift stand da »Gv. mit Gisela«. Die Abkürzung bedeutete ja vermutlich Geschlechtsverkehr, und folglich mußte man im Zusammenhang mit dem weiblichen Vornamen davon ausgehen, daß Vogt über seinen Beischlaf mit einer Gisela regelmäßg Buch geführt hatte. Auf der linken Seite des Blattes waren die Monate angegeben, untereinander notiert. Es begann mit dem September und endete mit dem August, und jeweils rechts neben dem Monat hieß es entweder »keinmal«, oder es stand eine Zahl da.
Nicht ganz ohne Neugier studierte er diese Zahlen, keinmal, keinmal, drei, vier, fünf, zwei und weitere sechs Werte, von denen der höchste die Neun war. Sie galt für den Monat August.
Bei einem, der um die Dreißig ist, keine überragende Leistung, dachte er, aber vielleicht ist Gisela ja nicht die einzige.
Er blätterte weiter, fand in der Tat eine zweite Auflistung, diesmal unter dem Namen Britta. Hier begann die Bilanz mit dem Juni des vergangenen Jahres, und da sie bis zum Dezember reichte, gab es immerhin eine teilweise Überschneidung der Zeiträume. Bei Britta war das Maximum achtmal.
Er verstaute das Büchlein in der Innentasche seiner Jacke, griff dann in einen der Gummistiefel, die auf dem Schrankboden standen, holte eine Schachtel mit Patronen heraus, Kaliber 7,62. Er steckte sie ein. In dem anderen Stiefel entdeckte er ein Bündel Geldscheine, zählte aber nicht nach, sondern schob es sofort wieder zurück.
Er suchte weiter in Zimmer und Bad, fand nichts mehr, trat also hinaus auf den Flur und zog die Tür hinter sich zu.
Nachdem er den Schlüssel an der Rezeption abgegeben hatte, ging er auf die Straße, nahm sich für die Rückfahrt ein Taxi. Der Honda sollte lieber vorm Hotel stehenbleiben.
Etwas beklommen öffnete er eine halbe Stunde später die Gartenpforte, denn auch das war ungewohnt, jetzt ein Haus betreten zu müssen, in dem er einen gefährlichen Gefangenen und eine zwar engagierte, aber ganz unerfahrene Bewacherin zurückgelassen hatte.
Doch drinnen war alles beim alten.
Wieder setzten sie sich an den Küchentisch.
»Er hat weder um Hilfe gerufen noch mit den Füßen gegen die Heizung getrommelt«, sagte Frau Engert. »Einmal hab’ ich mich in den Keller geschlichen und an seiner Tür gelauscht, aber auch da war nichts zu hören. Und Sie? Hatten Sie Erfolg?«
Er zog den Führerschein hervor, wedelte damit. Es handelte sich um eins der rosafarbenen Exemplare aus der DDR, von denen er wußte, daß sie auch in den alten Bundesländern gültig waren. »Das sieht zwar nach einem sensationellen Fundstück aus«, sagte er, »aber bei der Stasi war ja eine ganze Abteilung nur mit Fälschungen befaßt, Pässe, Führerscheine, Briefe, Fotos. Es gab kaum ein Dokument, das man nicht herstellen konnte.« Er las vor: »Vogt, Elmar, wohnhaft in Frankfurt/Oder, Rümeliweg 17.«
»Fragen wir doch mal, ob es dazu auch einen Telefonanschluß gibt«, sagte sie und holte den Apparat, dessen lange Schnur bis in die Küche reichte.
Er wählte die Auskunft, machte die notwendigen Angaben, bekam zu hören: »Den Teilnehmer habe ich nicht.« Er bedankte sich und legte auf. »Ich vermute, das Ding ist nicht echt. Seinen Personalausweis hab’ ich nicht gefunden, aber der wäre mit Sicherheit auch falsch gewesen.«
Er berichtete dann von seinem Hotelbesuch und legte schließlich das Notizbuch auf den Tisch. »Steht nichts Aufregendes drin, nur ein paar Aufzeichnungen über sein Sexualleben.« Er schlug die Seite mit den Angaben über Gisela auf, hielt sie ihr hin. Sie nahm das Büchlein in die Hand, las sich durch, was dort vermerkt war.
»Oder ist meine Phantasie da mit mir durchgegangen?« fragte er. »Aber was sonst könnten diese Notierungen bedeuten?
Gv. bedeutet für mich Geschlechtsverkehr, und der Rest, einschließlich des Vornamens, untermauert das.«
»Gv.«, wiederholte sie halblaut, »nein, dazu fallt mir auch nichts anderes ein. Oder nur Unsinn. Generalvertrag zum Beispiel. Aber wozu

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