1994 Jagdzeit in Deutschland (SM)
Kämmerer.«
»Oh!«
»Verstehen Sie bitte! Ich suche Frank Kopjella und wende mich an die Tochter seines Kollegen Fehrkamp, kann aber nicht wissen – Blut ist ein ganz besonderer Saft –, ob diese Tochter ihren Vater decken wird und den anderen gleich mit. Wenn ja, besteht die Gefahr, daß sie zu ihnen sagt. Hört mal, da ist einer aufgetaucht, der nach euch sucht! Ja, und weil das meine Nachforschungen erschwert hätte, konnte ich nicht gleich mit meinem richtigen Namen herausrücken.«
»Wollen Sie Kaffee? Ich hab’ grad welchen gekocht.«
»Danke, sehr gern.«
Sie stand auf, ging zur Tür, wandte sich aber wieder um und sagte:
»Übrigens sind wir jetzt quitt, denn den Polizisten hab’ ich dazugeschwindelt. Mein Mann wird allein kommen.«
»Ein Polizist hätte mich nicht aus dem Gleichgewicht gebracht, weil meine Suche nach Kopjella schon aktenkundig ist. Ich hab’ ihn heute morgen angezeigt. Vermutlich ist er im Falle meines …« er zögerte, mochte noch immer nicht sagen, daß Tilmann tot war, sondern fuhr fort: »Sohnes der Hauptschuldige.«
»Tatsächlich?«
»Ja.«
»Dann will ich Ihnen auch was verraten. Es gibt zum Tod meines Vaters nicht nur die Theorie vom Selbstmord oder daß es ein Racheakt war, sondern es kann genausogut sein, daß er von einem ehemaligen Stasi-Mann getötet oder zum Selbstmord gezwungen wurde.«
»Sie meinen, die bringen jetzt ihre eigenen Leute um?«
»Wenn es in ihren Augen erforderlich ist, ja. Aber nun hol’ ich uns erst mal den Kaffee.«
Sie ging hinaus, kam wenig später mit einem beladenen Tablett zurück, verteilte das Geschirr, schenkte ein und setzte sich wieder.
»Wie haben Sie von dem traurigen Ereignis erfahren?« fragte Kämmerer.
»Wie gesagt, wir machten Ferien auf Amrum, und mein Vater und ich waren vorgestern, am späten Nachmittag, telefonisch verabredet. Er wollte in unserer Pension anrufen. Aber er tat es nicht. Ich wartete eine ganze Stunde und wurde allmählich unruhig. Er ist … , er war nämlich ein zuverlässiger Mann und hielt seine Verabredungen ein. Aber er war auch ein alter Mann und außerdem Invalide, hat im Krieg ein Bein verloren. Es hätte sein können, daß er einen Herzanfall hatte oder eine Kreislaufgeschichte. Schließlich rief ich den Hausmeister an und bat ihn, mal nach dem Rechten zu sehen. Schon zehn Minuten später rief er zurück und teilte mir mit, was passiert war. Er hat auch die Polizei verständigt. Wir setzten uns dann sofort in Marsch, zum Glück ging abends noch ein Schiff von der Insel. Aber das ist es gar nicht, was ich Ihnen erzählen wollte. Also, mein Vater hatte hier in Hamburg einen Anwalt, weil er wegen seiner Vergangenheit mit juristischer Verfolgung rechnen mußte. Den rief ich an und sagte ihm, was geschehen war, und da erzählte der mir eine ganz sonderbare Geschichte. Im selben Gebäude, in dem er sein Büro hat, gibt es auch einen Notar. Ja, und diesen Mann, Dr. Niklas heißt er, hat mein Vater wenige Stunden vor seinem Tod zu sich gerufen. Er wollte eine bestimmte Akte, die er bei ihm hinterlegt hatte, wiederhaben. Es sei sehr wichtig, soll er gesagt haben. Ein Kollege werde nämlich noch vorbeikommen, und sie wollten die Aufzeichnungen zu zweit überarbeiten und ergänzen. Weil die Angelegenheit so dringend zu sein schien, hat Dr. Niklas ihm den Gefallen getan. Und noch etwas! Mein Vater hatte verfügt, daß die Aufzeichnungen im Falle seines plötzlichen Todes von Dr. Niklas gelesen werden sollten.«
»Das ist ja wirklich mysteriös.«
»Nicht wahr?«
»Hat die Polizei mit dem Notar gesprochen?«
»Natürlich, und alles ist zu Protokoll genommen worden.«
»Und die Akte? Hat man die bei Ihrem Vater gefunden?«
»Nein. Er wird in der Nacht tatsächlich noch Besuch gehabt haben, und wahrscheinlich hat der sie mitgenommen. Er kann auch der Täter gewesen sein.«
Paul Kämmerer brauchte eine Weile, um sich das Gehörte durch den Kopf gehen zu lassen, und außerdem beschäftigte ihn der Umstand, daß die Frau, an deren Tisch er saß, die Tochter jenes Mannes war, der Tilmanns Lehrer befragt hatte und überdies, jedenfalls nach der Aussage Georg Schöllers, an der Herstellung des teuflischen Films beteiligt gewesen war. Aber, sagte er sich, ich darf der Tochter die Untaten ihres Vaters nicht zur Last legen, und so antwortete er schließlich:
»Alles spricht dafür, daß die dritte Version die richtige ist.«
»Ich glaube das auch, und zwar nicht nur deshalb, weil irgend jemand in der Nacht bei meinem Vater war
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