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1Q84: Buch 1&2

Titel: 1Q84: Buch 1&2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Haruki Murakami
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bestimmten Phase ihres Lebens angeeignet. So oder so wirkte ihre Aura nicht nur auf Männer stimulierend, ihre Wirkung übertrug sich in subtiler Weise auch auf ihre Freundin Ayumi und machte sie sprühender und lebhafter.
    Hatten sie zwei passende Männer entdeckt, ging Ayumi zuerst allein, um die Lage zu erkunden und mit ihrer liebenswürdigen, zutraulichen Art ein freundschaftliches Klima zu schaffen. Aomame gesellte sich zu einem selbstgewählten Zeitpunkt hinzu und brachte einen gewissen harmonischen Ausgleich. Eine besondere Atmosphäre entstand, als würde man eine Oper und einen Film Noir kombinieren. Waren sie einmal so weit gekommen, war alles Weitere ein Kinderspiel. Sie zogen sich an einen geeigneten Ort zurück und (um Ayumis drastischen Ausdruck zu gebrauchen) rammelten wie die Karnickel. Das Schwierigste war jedoch, geeignete Partner zu finden. Es gefiel ihnen, wenn die Männer zu zweit waren, sie mussten sauber sein und einen gewissen Charme haben. Sie sollten intelligent sein, aber nicht zu intellektuell – langweilige Gespräche konnten den ganzen Abend verderben. Finanzieller Spielraum wurde auch geschätzt. Denn natürlich zahlten die Männer die Rechnungen für Bars, Clubs und Hotels.
    Aber als die beiden gegen Ende Juni versuchten, eine kleine Sexparty auf die Beine zu stellen (es sollte ihre letzte gemeinsame Aktion werden), konnten sie auf Teufel komm raus keine passenden Männer finden. Sie nahmen sich Zeit, sie wechselten mehrmals das Lokal, aber das Ergebnis blieb das gleiche. Obwohl es der letzte Freitagabend im Monat war, ging es in allen Clubs von Roppongi bis Asakusa erstaunlich ruhig zu. Es gab wenig Gäste und keine Auswahl an Männern. Auch war der Himmel von bleiernen Wolken bedeckt, und es herrschte eine bedrückende Atmosphäre, als sei Trauer über ganz Tokio verhängt worden.
    »Sieht aus, als würde es heute nichts werden. Geben wir’s auf«, sagte Aomame. Die Uhr zeigte bereits halb elf.
    Ayumi stimmte zögernd zu. »Verdammt, einen so lahmen Freitagabend habe ich ja noch nie erlebt. Und wo ich extra meine schärfste lila Unterwäsche angezogen habe.«
    »Geh nach Hause, stell dich vor den Spiegel und verführ dich selbst.«
    »Nicht mal ich traue mich, so was im Gemeinschaftsbad unseres Polizeiwohnheims zu machen.«
    »Egal, für heute lassen wir es gut sein, trinken brav zu zweit unseren Sake aus und gehen nach Hause ins Bett.«
    »Das ist wahrscheinlich das Beste«, sagte Ayumi. Dann, als sei es ihr plötzlich eingefallen: »Ach, genau, Aomame, wollen wir vorher nicht noch zusammen eine Kleinigkeit essen? Ich hab ungefähr dreißigtausend Yen übrig.«
    Aomame runzelte die Stirn. »Wie, übrig? Wieso denn das? Du jammerst doch immer, dass dein Gehalt zu niedrig ist und du kein Geld hast.«
    Ayumi rieb sich mit dem Zeigefinger den Nasenflügel. »Ehrlich gesagt, ich habe neulich von einem Typ dreißigtausend Yen bekommen. Er hat es mir beim Abschied als Taxigeld zugesteckt. Damals, als wir es mit den beiden von der Immobilienfirma gemacht haben.«
    »Und du hast das einfach so genommen?«, fragte Aomame überrascht.
    »Vielleicht haben sie uns für Halbprofessionelle gehalten«, sagte Ayumi und kicherte. »Eine Polizistin und eine Kampfsporttrainerin, das glaubt ja kein Mensch. Was soll’s, im Immobiliengeschäft fällt jede Menge ab, die haben das Geld doch übrig. Ich finde, wir sollten uns davon etwas Leckeres gönnen. Für die Miete kann man solches Geld ja schlecht nehmen.«
    Aomame äußerte keine Meinung. Mit fremden Männern flüchtigen Sex zu haben und Geld dafür anzunehmen – das konnte sie sich nicht recht vorstellen. Wäre ihr das passiert, hätte sie das nicht so einfach schlucken können. Es war, als würde man sich in einem Zerrspiegel betrachten, der die eigene Gestalt deformiert wiedergab. Aber was war vom Standpunkt der Moral anständiger : Männer zu töten und Geld dafür zu bekommen oder mit Männern zu schlafen und Geld dafür zu bekommen. Schwer zu beurteilen.
    »Es stört dich, dass ich von einem Mann Geld angenommen habe, oder?«, fragte Ayumi mit Unbehagen in der Stimme.
    Aomame schüttelte den Kopf. »Stören kann man nicht sagen, es wundert mich nur ein bisschen. Eher ist es für mich gefühlsmäßig ein Widerspruch, dass eine Polizistin quasi Prostitution ausübt.«
    »Ach was«, sagte Ayumi in fröhlichem Ton. »Darüber mache ich mir überhaupt keine Gedanken. Weißt du, Aomame, eine Prostituierte hat Sex, nachdem man sich auf einen Preis

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