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1Q84: Buch 1&2

Titel: 1Q84: Buch 1&2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Haruki Murakami
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Gesicht.
    »Wie gesagt hatte ich vor, Tsubasa zu adoptieren. Doch nun habe ich sie verloren. Ich konnte ihr nicht helfen und muss mich damit abfinden, dass sie mitten in der Nacht ganz allein in die Dunkelheit hinausgelaufen ist. Und Sie werde ich an einen Ort schicken, der so gefährlich ist wie keiner zuvor, obwohl ich es eigentlich nicht will. Leider sehe ich im Augenblick kein anderes Mittel, unser Ziel zu erreichen. Und dafür möchte ich Sie, so gut und konkret ich es vermag, entschädigen.«
    Aomame hörte wortlos zu. Als die alte Dame schwieg, ließ sich durch die Glastür das laute Trällern eines Vogels vernehmen. Nachdem er eine Weile gezwitschert hatte, flog er davon.
    »Dieser Mann muss unter allen Umständen beseitigt werden«, sagte Aomame. »Das ist im Augenblick das Wichtigste. Ich danke Ihnen, dass Sie mich mit einer so wichtigen Aufgabe betrauen. Sie wissen, dass ich mich aus bestimmten Gründen von meinen Eltern losgesagt habe. Sie haben mich als Kind im Stich gelassen. Ich musste einen Weg gehen, auf dem verwandtschaftliche Gefühle keine Rolle spielten. Musste mich anpassen, um allein zu überleben. Das war nicht leicht. Manchmal hielt ich mich für den letzten Abschaum. Fand mich nutzlos und verdorben. Auch deshalb möchte ich Ihnen für Ihre Worte danken. Doch es ist zu spät für mich, mein Denken und meine Lebensweise zu ändern. Für die kleine Tsubasa ist es allerdings noch nicht zu spät. Sie kann noch gerettet werden. Bitte, geben Sie nicht so leicht auf. Verlieren Sie nicht die Hoffnung und holen Sie sie zurück.«
    Die alte Dame nickte. »Wahrscheinlich habe ich mich ungeschickt ausgedrückt. Natürlich gebe ich Tsubasa nicht auf. Ich beabsichtige, sie zurückzuholen, komme, was wolle. Aber wie Sie sehen, fehlt mir im Augenblick die Kraft dazu. Durch meine Unfähigkeit, ihr zu helfen, hat mich ein Gefühl tiefer Ohnmacht ergriffen. Ich brauche Zeit, um wieder auf die Beine zu kommen. Vielleicht bin ich auch einfach schon zu alt. Und kann ewig darauf warten, dass ich meine Kraft zurückgewinne.«
    Aomame erhob sich vom Sofa und ging zu der alten Dame hinüber. Sie setzte sich auf eine Lehne des Sessels und ergriff ihre zierliche, schmale Hand.
    »Sie sind eine unglaublich starke Frau«, sagte Aomame. »Stärker als irgendwer sonst. Im Augenblick sind Sie nur enttäuscht und erschöpft. Am besten, Sie legen sich hin und ruhen sich ein bisschen aus. Wenn Sie aufwachen, werden Sie sich wie neu fühlen.«
    »Danke.« Die alte Dame erwiderte den Druck von Aomames Hand. »Wahrscheinlich ist es wirklich besser, wenn ich ein wenig schlafe.«
    »Ich mache mich mal auf den Weg«, sagte Aomame. »Wenn ich alles geregelt habe, melde ich mich bei Ihnen. Meine Habseligkeiten sind ziemlich begrenzt.«
    »Nehmen Sie nur das Nötigste mit. Falls etwas fehlt, kann ich es Ihnen sofort beschaffen.«
    Aomame ließ die Hand der alten Dame los und stand auf. »Ruhen Sie sich aus. Es wird alles gutgehen.«
    Die alte Dame nickte. Sie ließ sich im Sessel zurückgleiten und schloss die Augen. Aomame blickte noch einmal auf das Goldfischglas auf dem Tisch, atmete den Duft der Lilien ein und verließ den Raum mit der hohen Decke.
    Im Flur wartete Tamaru auf sie. Inzwischen war es siebzehn Uhr, aber die Sonne stand noch hoch am Himmel und hatte kaum etwas von ihrer Kraft eingebüßt. Tamarus schwarze Cordovan-Schuhe waren wie üblich blank poliert und glänzten im hellen Tageslicht. Hier und da zogen weiße Sommerwölkchen dahin, aber sie hielten sich abseits, wie um die Sonne nicht zu stören. Obwohl die Regenzeit noch nicht offiziell vorbei war, hielt das sonnige Wetter nun schon mehrere Tage an und kündigte den Hochsommer an. Die Zikaden in den Bäumen im Garten zirpten noch ein wenig zurückhaltend, aber auch sie waren deutliche Vorboten des Sommers. Alles hatte seine übliche Ordnung. Die Zikaden zirpten, am Himmel zogen die Wolken dahin, und Tamarus Schuhe waren makellos. Aus irgendeinem Grund wirkte es erfrischend auf Aomame, dass die Welt so unverändert erhalten war.
    »Du, Tamaru?«, sagte sie. »Kann ich kurz mit dir reden? Hast du Zeit?«
    »Klar«, sagte Tamaru. Sein Ausdruck veränderte sich nicht. »Zeit totzuschlagen ist ein Teil meiner Arbeit.« Er setzte sich auf einen der Gartenstühle, die direkt vor dem Eingang standen. Aomame ließ sich auf dem Stuhl daneben nieder. Das Vordach hielt die Sonne ab, und die beiden saßen im Schatten. Es war angenehm kühl und duftete nach jungem Gras.
    »Wie im

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