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1Q84: Buch 1&2

Titel: 1Q84: Buch 1&2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Haruki Murakami
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machte sich ein Rührei. Den Orangensaft trank sie direkt aus dem Karton. Die Stille, die sie nach ihrem Mittagschlaf umfing, war von eigenartiger Schwere. Als sie das Radio einschaltete, ertönte ein Concerto für Holzbläser von Vivaldi. Die hohen Triller der Piccoloflöte klangen wie das Zwitschern kleiner Vögel. Aomame hatte das Gefühl, die Musik unterstreiche das Irreale ihrer realen Umstände.
    Nachdem sie das Geschirr weggeräumt hatte, duschte sie und zog die schlichte Kleidung an, die sie seit einigen Wochen für diesen Tag bereithielt. Die hellblaue Baumwollhose und die einfache weiße Bluse mit kurzen Ärmeln gewährten ihr völlige Bewegungsfreiheit. Die Haare kämmte sie ordentlich nach oben und befestigte sie mit einer Spange. Sie trug keinen Schmuck. Statt in den Wäschekorb packte sie ihre getragenen Sachen in eine schwarze Mülltüte. Tamaru würde sich später darum kümmern. Sie schnitt sich sorgfältig die Nägel, putzte sich lange die Zähne und reinigte ihre Ohren. Dann zupfte sie sich die Brauen, trug etwas Creme auf ihr Gesicht auf und betupfte sich den Nacken ganz leicht mit Eau de Cologne. Anschließend musterte sie ihr Gesicht eingehend im Spiegel und überzeugte sich, dass alles in Ordnung war. Sie nahm ihre Nike-Sporttasche und verließ die Wohnung.
    An der Tür warf sie einen letzten Blick hinter sich. Schließlich würde sie nie mehr zurückkehren. Auf einmal erschien ihr die Wohnung ausgesprochen schäbig. Sie war nicht mehr als ein von innen abschließbares Gefängnis. An den Wänden hing kein einziges Bild, nicht einmal eine Blumenvase hatte sie. Das einzige schmückende Element war der im Preis herabgesetzte Gummibaum auf dem Balkon, den sie anstelle des Goldfischs gekauft hatte. Sie konnte kaum glauben, dass sie mehrere Jahre hier verbracht hatte, ohne Unzufriedenheit oder Zweifel zu verspüren.
    »Leb wohl«, sagte sie leise. Der Abschiedsgruß galt nicht der Wohnung, sondern dem Ich, das in ihr gelebt hatte.

KAPITEL 6
    Tengo
    Wir haben einen sehr langen Arm
    Die Lage stagnierte. Niemand meldete sich bei Tengo. Weder von Komatsu noch von Professor Ebisuno erhielt er irgendeine Nachricht, von Fukaeri ganz zu schweigen. Vielleicht hatten ihn alle vergessen und waren zum Mond geflogen. Das wäre fast zu schön, um wahr zu sein, dachte Tengo. Aber so leicht würde er nicht davonkommen. Sie waren nicht zum Mond geflogen. Sie hatten nur jede Menge zu tun und waren ständig beschäftigt, daher hatten sie weder die Zeit noch die Güte, ihm irgendetwas mitzuteilen.
    Komatsus Rat folgend, bemühte sich Tengo, jeden Tag Zeitung zu lesen; aber zumindest die, die er las, schrieben nichts mehr über Fukaeri. Mit großem Eifer griff die Presse stets das auf, was passiert war, reagierte aber ziemlich passiv auf das, was folgte . Also lautete die stumme Botschaft vermutlich: »Im Augenblick ist nichts Großartiges passiert.« Was und ob das Fernsehen über Fukaeri berichtete, konnte Tengo nicht wissen. Er hatte keinen Fernseher.
    Fast alle Illustrierten hatten die Geschichte aufgegriffen. Nicht dass Tengo diese Artikel entgingen, denn man warb in den Zeitungen mit reißerischen Schlagzeilen wie: »Die Wahrheit über das rätselhafte Verschwinden der schönen 17-jährigen Bestsellerautorin« oder »Hat die Autorin von Die Puppe aus Luft sich in Luft aufgelöst?« oder »Die geheime Geschichte der verschwundenen Schönen«. In mehreren dieser Anzeigen waren sogar Fotos von Fukaeri zu sehen, die aber sämtlich von der Pressekonferenz stammten. Natürlich war es nicht so, dass er kein Interesse an diesen Artikeln hatte, aber er hielt den Kauf von Illustrierten für rausgeschmissenes Geld. Außerdem hätte Komatsu sich bestimmt sofort gemeldet, falls etwas Beunruhigendes darin gestanden hätte. Funkstille hieß, dass es im Augenblick keine neuen Entwicklungen gab. Es war noch niemand darauf gekommen, dass Fukaeri einen Ghostwriter gehabt haben könnte.
    Nach den Schlagzeilen zu schließen, konzentrierte sich das Medieninteresse momentan vor allem darauf, dass es sich bei Fukaeris Vater um einen bekannten ehemaligen Extremisten handelte, Fukaeri selbst fern der Gesellschaft in einer Kommune in den Bergen von Yamanashi aufgewachsen war und die prominente Kulturgröße Professor Ebisuno für sie verantwortlich war. Weitere Themen waren das Verschwinden der geheimnisvollen Schönen und ihr Buch, das noch immer auf den Bestsellerlisten stand. All dies reichte im Augenblick aus, um die Öffentlichkeit zu

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