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1Q84: Buch 1&2

Titel: 1Q84: Buch 1&2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Haruki Murakami
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die Illustrierten und das Fernsehen im Augenblick vornehmlich mit ihrem Lebenslauf. Das schadet uns nicht. Das Buch verkauft sich immer besser. Es ist schwer zu sagen, ob man sich dazu gratulieren sollte. Auf jeden Fall ist der Verlag ziemlich angetan, und ich habe ein Anerkennungsschreiben vom Chef und einen Bonus erhalten. Seit zwanzig Jahren arbeite ich nun in dem Laden, aber das war das erste Lob, das sie mir spendiert haben. Die würden Augen machen, wenn sie die Wahrheit wüssten. Ich würde zu gern die Gesichter sehen.
    Ich lege Kopien der bisher zu Die Puppe aus Luft erschienenen Besprechungen und der Artikel bei, die damit zu tun haben. Wenn du Zeit hast, kannst du sie ja mal lesen. Zu künftigem Nutzen. Bestimmt ist auch für dich etwas Interessantes dabei. Zu lachen gibt es da jede Menge, wenn dir danach ist.
    Ein Bekannter hat kürzlich ein paar Recherchen über diese ›Stiftung zur Förderung der neuen japanischen Wissenschaften und Künste‹ für mich angestellt. Der Verein wurde schon vor einigen Jahren gegründet, ist genehmigt und agiert tatsächlich. Sie haben ein Büro und liefern einen jährlichen Kassenbericht ab. Sie wählen immer ein paar Wissenschaftler und Schriftsteller aus, die sie ein Jahr lang finanziell unterstützen. Zumindest behaupten sie das. Woher die Knete stammt, ist unbekannt. Jedenfalls hat mein Bekannter ganz offen geäußert, dass die Sache ihm verdächtig vorkommt. Unter Umständen handelt es sich um eine Scheinfirma, um Steuern zu hinterziehen. Wenn man genauer nachforschen würde, bekäme man vielleicht etwas heraus, mir fehlt dazu nur die Zeit. Aber warum sollten diese Leute einem völlig Unbekannten wie dir drei Millionen Yen geben wollen? Das ergibt nicht den geringsten Sinn, ich habe es ja schon am Telefon gesagt. Da muss etwas dahinterstecken. Es ist nicht auszuschließen, dass die Vorreiter ihre Finger im Spiel haben. Das hieße, sie hätten Wind davon bekommen, dass du etwas mit Die Puppe aus Luft zu tun hast. Auf alle Fälle wäre es das Klügste, sich nicht mit diesem Verein einzulassen.«
    Tengo steckte den Brief in den Umschlag zurück. Warum Komatsu ihm wohl extra geschrieben hatte? Es sah ihm eigentlich nicht ähnlich, den Rezensionen auch noch einen Brief beizufügen. Wenn es etwas zu besprechen gab, hätte doch der übliche Anruf genügt. Mit dem Brief hinterließ er immerhin einen schriftlichen Beweis. Ausgeschlossen, dass der misstrauische Komatsu sich dessen nicht bewusst war. Und die Möglichkeit, dass Tengos Telefon abgehört wurde, beunruhigte ihn noch mehr.
    Tengo warf einen Blick auf das Telefon. Abgehört? Der Gedanke war ihm bisher nie gekommen. Aber wenn er es sich genau überlegte, hatte ihn ungefähr seit einer Woche niemand angerufen. Vielleicht war es ja schon allgemein bekannt, dass sein Telefon abgehört wurde. Nicht einmal seine Freundin, die gern telefonierte, hatte sich gemeldet.
    Und nicht nur das. Sie hatte ihn am Freitag der vergangenen Woche versetzt. Das war bisher noch nie vorgekommen. Sonst hatte sie immer vorher angerufen, wenn sie verhindert war. Meist war dann eines ihrer Kinder krank, es waren Ferien, oder sie hatte plötzlich ihre Tage bekommen. Doch am letzten Freitag war sie einfach nicht erschienen. Tengo hatte eine Kleinigkeit zu Mittag vorbereitet und vergeblich gewartet. Vielleicht hatte sich etwas Unvorhergesehenes ergeben, aber dass sie sich auch danach überhaupt nicht gemeldet hatte, war äußerst ungewöhnlich. Aber er konnte ja von sich aus keine Verbindung zu ihr aufnehmen.
    Tengo gab es auf, über seine Freundin und das Telefon nachzudenken, setzte sich an den Küchentisch und las der Reihe nach die Artikel, die Komatsu ihm geschickt hatte. Sie waren nach ihrem Erscheinen geordnet, und Namen und Datum der Zeitung oder Zeitschrift standen mit Kugelschreiber am linken Rand. Wahrscheinlich hatte er eine Praktikantin damit beauftragt. Wenn er es irgendwie vermeiden konnte, gab Komatsu sich mit solchen lästigen Kleinigkeiten nicht selbst ab. Fast alle Besprechungen waren wohlwollend. Die meisten Rezensenten rühmten die inhaltliche Tiefe und Kühnheit der Geschichte sowie den präzisen Stil. »Es ist kaum zu glauben, dass dieses Werk von einer 17-Jährigen stammt«, schrieben mehrere.
    Gute Intuition, dachte Tengo.
    Ein Artikel bezeichnete Fukaeri sogar als »eine Françoise Sagan, die die Luft des magischen Realismus geatmet« habe. Es gab ein paar Vorbehalte und Einschränkungen – die Bedeutung einzelner

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