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1Q84: Buch 1&2

Titel: 1Q84: Buch 1&2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Haruki Murakami
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nebenan war dieser Raum klein, wenn auch noch immer viel größer als ein normales Hotelzimmer.
    Auf dem Bett lag eine hügelartige dunkle Masse. Wieder brauchte Aomame einen Moment, bis sie begriff, dass es sich bei der unförmigen Silhouette um einen menschlichen Körper handelte. Er war so reglos, dass man ihn kaum für etwas Lebendiges gehalten hätte. Keine Atemzüge waren zu hören, nur das leise Surren der Klimaanlage ertönte aus einer Öffnung an der Decke. Aber tot konnte die Person ja nicht sein. Der Kahle hatte sich jedenfalls verhalten, als sei es ein lebendiger Mensch.
    Ein ziemlich großer Mensch. Wahrscheinlich ein Mann. Genau konnte sie es nicht erkennen, aber es schien nicht, als sei das Gesicht ihr zugewandt. Die Gestalt lag auch nicht unter der Bettdecke, sondern bäuchlings darauf. Wie ein riesiges verwundetes Tier, das sich mit letzter Kraft erschöpft in seine Höhle geschleppt hatte.
    »Es ist Zeit«, sagte der Kahle zu dem Schatten. Im Gegensatz zu vorher klang seine Stimme jetzt angespannt.
    Sie wusste nicht, ob der Mann etwas gehört hatte. Der dunkle Hügel auf dem Bett rührte sich nicht. Der Kahle blieb an der Tür stehen und wartete, ohne seine Haltung zu ändern. Im Zimmer herrschte eine so tiefe Stille, dass sogar deutlich zu hören war, wie jemand seinen Speichel schluckte. Aomame wurde klar, dass sie selbst es gewesen war, die geschluckt hatte. Ihre Sporttasche in der rechten Hand, wartete sie nun ebenso wie der Kahle darauf, dass etwas geschehen würde. Die Zahlen der elektrischen Uhr sprangen auf 7.21 Uhr, auf 7.22 Uhr und schließlich auf 7.23 Uhr.
    Kurz darauf begann die Masse auf dem Bett sich zu bewegen. Es war ein ganz leichtes Beben, das sich rasch zu einer deutlicheren Aktion auswuchs. Die Person schien fest geschlafen zu haben. Oder sich in einem schlafähnlichen Zustand befunden zu haben. Sie richtete sich langsam auf, die Muskeln schienen zu erwachen, und im nächsten Moment schien auch ihr Bewusstsein zurückzukehren. Der Mensch dort setzte sich gerade auf und kreuzte die Beine. Ohne Zweifel ein Mann, dachte Aomame.
    »Es ist Zeit«, sagte der Kahle noch einmal.
    Der Mann atmete geräuschvoll aus. Es war ein langsames, dumpfes Stöhnen, das wie vom Grund eines tiefen Brunnens aufstieg. Als Nächstes war zu hören, wie er tief Luft holte. Es klang wild und gefährlich, wie ein stürmischer Wind, der durch die Bäume eines Waldes braust. Die beiden unheimlichen Laute wechselten einander mehrmals ab. Dazwischen entstand jeweils ein langes Intervall der Stille. Diese rhythmische Wiederholung, die so vieles bedeuten konnte, beunruhigte Aomame. Sie spürte, dass sie ein völlig fremdes Reich betreten hatte. Fremd wie der Boden eines Tiefseegrabens oder die Oberfläche eines unbekannten kleinen Planeten. Ein Ort, von dem es, war man einmal dort angekommen, keine Wiederkehr gab.
    Ihre Augen hatten sich inzwischen an die Dunkelheit gewöhnt. Sie konnte nun etwas erkennen, aber viel war es nicht. Nur gerade eben die dunkle Silhouette des Mannes vor ihr. Doch wohin er sein Gesicht wandte und ob er sie ansah, das hätte sie nicht sagen können. Mehr als dass er ein Riese war, dessen Schultern sich beim Atmen ruhig, aber gewaltig hoben und senkten, konnte sie nicht ausmachen. Er atmete auch nicht auf gewöhnliche Weise. Seine Atmung, bei der er seinen gesamten Körper einsetzte, schien ein besonderes Ziel oder eine besondere Funktion zu haben. Ihr wurde bewusst, mit welcher Kraft er die Schulterblätter und das Zwerchfell bewegte und wie gewaltig sie sich ausdehnten und zusammenzogen. Ein normaler Mensch wäre kaum in der Lage gewesen, so intensiv zu atmen. Es musste sich um eine besondere Atemtechnik handeln, die man nur durch langes und hartes Training erwerben konnte.
    Der Kahle stand in Habtachtstellung – Rücken kerzengerade, Kinn leicht eingezogen – neben ihr. Im Gegensatz zu dem Mann auf dem Bett atmete er schnell und flach. Er hielt sich in Erwartung weiterer Anweisungen im Hintergrund. Wartete, dass die Reihe der heftigen tiefen Atemzüge endete. Anscheinend waren sie ein üblicher Vorgang, durch den der Mann seine Körperfunktionen aktivierte. Wie ihr Begleiter konnte auch Aomame nur warten, dass er abgeschlossen wurde. Wahrscheinlich war es ein Prozess, der zum Erwachen nötig war.
    Bald darauf wurde das Atmen stufenweise schwächer und verstummte dann, wie bei einer großen Maschine, die die Arbeit einstellt. Die Abstände zwischen den Atemzügen wurden immer

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