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1Q84: Buch 1&2

Titel: 1Q84: Buch 1&2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Haruki Murakami
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zu haben.«
    »Das war ein schlimmes Gewitter«, sagte Aomame.
    »Ja, wirklich«, sagte der Kahle, wirkte aber nicht besonders interessiert an dem Gewitter oder dem Regen.
    Aomame verabschiedete sich, nahm ihre Sporttasche und wandte sich zum Gehen.
    »Moment mal«, rief der Kahle mit scharfer Stimme.
    Aomame blieb mitten im Raum stehen und drehte sich um. Ihr Herz hämmerte. Sie ließ ihre rechte Hand beiläufig nach hinten gleiten.
    »Ihre Yogamatte«, sagte der junge Mann. »Sie haben sie vergessen. Sie liegt noch im Schlafzimmer.«
    Aomame lächelte. »Er ist darauf eingeschlafen. Wir können ihn schlecht herumrollen und sie unter ihm hervorziehen. Am besten, ich lasse sie einfach hier. Sie war nicht teuer und ist auch nicht mehr die neuste. Wenn Sie sie nicht mehr benötigen, werfen Sie sie bitte weg.«
    Der Kahle überlegte kurz, aber dann nickte er. »Vielen Dank«, sagte er.
    Als Aomame sich der Tür näherte, erhob sich der Pferdeschwanz und machte ihr die Tür auf. Er verabschiedete sich leise. Jetzt hat er ja doch noch was gesagt, dachte Aomame. Sie grüßte zurück und wollte an ihm vorbeischlüpfen.
    Doch im selben Augenblick durchfuhr sie wie ein starker Stromstoß der Gedanke an einen gewaltsamen Übergriff. Die Hand des Pferdeschwanzes schoss nach vorn, um ihren rechten Arm zu packen. Seine Bewegung war pfeilschnell und präzise. Von einer Geschwindigkeit, mit der man eine Fliege aus der Luft hätte fangen können. So lebendig war die Vorstellung dieses Augenblicks, dass Aomames ganzer Körper erstarrte. Sie bekam eine Gänsehaut, und ihr Herzschlag setzte für einen Moment aus. Ihr Atem stockte, und eisige Insekten krochen über ihren Rücken. Die Erkenntnis durchzuckte sie wie ein weißglühender Blitz. Würde der Mann ihren rechten Arm festhalten, wäre sie nicht imstande, ihre Pistole zu ziehen. Ich hätte keine Chance, dachte sie. Er spürt, dass ich etwas gemacht habe. Er weiß intuitiv, dass im Schlafzimmer irgendetwas geschehen ist. Er weiß nicht, was, aber etwas ist hier ganz schrecklich verkehrt. Sein Instinkt sagt ihm, »greif dir die Frau«. Befiehlt ihm, mich zu Boden zu schleudern, sich mit seinem ganzen Gewicht auf mich zu werfen und mir fürs Erste das Schultergelenk auszukugeln.
    Aber letztendlich war es eben doch nur ein Gefühl. Einen Beweis hatte er nicht. Sollte er sich irren, würde er sich in große Schwierigkeiten bringen. Der Pferdeschwanz geriet heftig ins Wanken und gab am Ende auf. Schließlich war es der Kahlkopf, der die Entscheidungen traf und die Anweisungen gab. Er hatte gar nicht die Kompetenz. Also unterdrückte er gewaltsam den Impuls in seiner rechten Hand und entspannte seine Schultern. Aomame hatte genau verfolgen können, was sich in diesen wenigen Sekunden im Kopf des jungen Leibwächters mit dem Pferdeschwanz abgespielt hatte.
    Sie trat auf den mit Teppichboden ausgelegten Flur hinaus. Ging, ohne sich umzudrehen, lässig den Gang entlang in Richtung Aufzug. Ihr war, als würde der Pferdeschwanz den Kopf aus der Tür stecken und ihr mit den Augen folgen. Aomame spürte seinen messerscharfen Blick im Rücken. Alle ihre Muskeln kribbelten, aber sie drehte sich nicht um. Erst als sie um eine Ecke bog, ließ ihre Anspannung nach. Aber in Sicherheit wiegen konnte sie sich noch nicht, denn sie hatte keine Ahnung, was als Nächstes geschehen würde. Sie drückte den Abwärtsknopf und hielt, bis der Aufzug da war (was nahezu eine Ewigkeit dauerte), den Griff der Pistole in ihrem Rücken umklammert, um sie jederzeit ziehen zu können, falls der Pferdeschwanz es sich anders überlegte und ihr hinterhergerannt kam. Sie musste ihren Gegner mit eiserner Hand und ohne zu zögern niederstrecken, bevor er sie packen konnte. Oder, ebenfalls ohne zu zögern, sich selbst erschießen. Aomame war diesbezüglich noch zu keiner Entscheidung gelangt. Vielleicht würde sie bis zuletzt unentschlossen bleiben.
    Doch niemand verfolgte sie. Der Hotelflur blieb totenstill. Die Aufzugtür öffnete sich mit einem leisen Glockenton, und Aomame stieg ein. Sie drückte den Knopf für das Foyer und wartete, dass die Tür sich schloss. Sich auf die Lippe beißend, starrte sie auf die Stockwerkanzeige. Sie verließ den Aufzug, durchschritt das riesige Foyer und warf sich in eines der vor dem Eingang wartenden Taxis. Es hatte aufgehört zu regnen, aber der Wagen war noch ganz nass, als sei er aus dem Wasser gezogen worden. Bahnhof Shinjuku, Westseite, sagte Aomame. Nachdem das Taxi abgefahren war

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