1Q84: Buch 1&2
während er leicht auf seinem Hocker zurückwich. »Weil das jetzt auf einmal ein Problem geworden zu sein scheint.«
»Das ist kein Problem, nicht im Geringsten«, erwiderte Aomame nachdrücklich. »Nur dass ich persönlich eine Vorliebe für größere Penisse habe. Vom Visuellen her. Es ist nicht so, dass ich nichts fühle oder so, wenn er nicht groß ist. Es geht nicht um je größer, desto besser. Nur dass mir größere eben gefühlsmäßig ziemlich gut gefallen. Ist das verboten? Hat nicht jeder seine Vorlieben? Aber lächerlich groß soll er auch nicht sein. Das tut nur weh. Verstehen Sie?«
»Tja, in dem Fall würde Ihnen meiner wahrscheinlich gefallen. Er ist ein bisschen größer als der Durchschnitt, aber von lächerlich groß kann wirklich nicht die Rede sein. Das heißt, eigentlich ist er genau richtig …«
»Sie schwindeln mich jetzt aber nicht an?«
»Was hätte es für einen Zweck, bei so etwas zu schwindeln?«
»Dürfte ich dann wohl mal einen Blick darauf werfen?«
»Hier?«
Aomame beherrschte ihre Miene. »Hier? Was ist los mit Ihnen? Wie kann man in Ihrem Alter auf so eine Idee kommen? Sie tragen Anzug und Krawatte und sind leitender Angestellter. Haben Sie denn gar kein Gefühl für Anstand? Wie wollen Sie mir denn hier bitteschön Ihren Penis zeigen? Überlegen Sie doch mal. Was sollen die Leute denken! Wir gehen jetzt auf Ihr Zimmer, Sie ziehen die Hose aus und lassen mich einen Blick darauf werfen. Nur wir zwei. Einverstanden?«
»In Ordnung, und was machen wir dann?«, fragte der Mann nervös.
»Was wir dann machen?« Aomame hielt den Atem an und verzog ziemlich verwegen das Gesicht. »Sex – das ist doch klar. Was denn sonst? Denken Sie, ich gehe extra mit Ihnen auf Ihr Zimmer, gucke mir Ihren Pimmel an, sage ›Vielen Dank, sehr freundlich, dass Sie mir etwas so Schönes zeigen. Gute Nacht‹ und gehe nach Hause? Sind Sie eigentlich noch bei Trost?«
Der Mann schluckte angesichts der dramatischen Veränderung von Aomames Gesicht. Wenn sie es verzog, wichen die meisten Männer zurück. Ein kleines Kind hätte sich wahrscheinlich in die Hose gemacht. Ihre Grimasse hatte etwas Furchterregendes. Sie überlegte, ob sie es vielleicht übertrieben hatte. Sie durfte den Mann nicht so in Angst versetzen. Denn es gab etwas, das sie vorher erledigen musste. Hastig brachte sie ihre Miene wieder unter Kontrolle und zwang sich zu einem Lächeln.
»Kurz gesagt«, wandte sie sich wieder an ihr Gegenüber, »wir gehen auf Ihr Zimmer, ins Bett und haben Sex. Sie sind ja wohl nicht schwul oder impotent oder so was?«
»Äh, nein, ich glaube nicht. Ich habe ja zwei Kinder …«
»Wie viele Kinder Sie haben, interessiert hier niemanden. Verschonen Sie mich mit Einzelheiten, schließlich machen wir hier keine Volkszählung. Alles, was ich frage, ist, ob Ihr Penis steht, wenn Sie mit einer Frau ins Bett gehen. Mehr nicht.«
»Bisher hat er in keinem entscheidenden Moment versagt«, antwortete der Mann. »Aber Sie sind doch eine Professionelle …? Das heißt, eine Frau, die so etwas berufsmäßig macht, oder?«
»Nein, bin ich nicht. Ich bin weder eine Nutte noch pervers. Nur eine ganz gewöhnliche Bürgerin. Diese gewöhnliche Bürgerin wünscht sich schlichten, ehrlichen Geschlechtsverkehr mit einem Mitglied des anderen Geschlechts. Nichts Außergewöhnliches. Nur die ganz normale Sache. Wo ist das Problem? Ich habe einen schwierigen Auftrag hinter mir, es ist Abend, ich möchte mich bei ein paar Drinks und Sex mit einem Unbekannten entspannen. Meine Nerven beruhigen. Das brauche ich. Sie als Mann müssten das doch eigentlich verstehen.«
»Natürlich verstehe ich das, aber …«
»Es kostet Sie keinen einzigen Yen. Wenn Sie mich völlig befriedigen, kann sogar ich Ihnen Geld geben. Wir benutzen ein Kondom, also brauchen Sie auch keine Angst vor Krankheiten zu haben. Verstanden?«
»Ja, habe ich, aber …«
»Sie wirken irgendwie unzufrieden. Gefalle ich Ihnen nicht?«
»Nein, das ist es nicht. Aber ich verstehe das nicht. Sie sind jung und schön, und ich könnte wahrscheinlich Ihr Vater sein …«
»Hören Sie doch auf mit dem abgedroschenen Zeug. Egal, wie groß der Altersunterschied ist, ich bin nicht Ihre verdammte Tochter, und Sie sind nicht mein dämlicher Vater. Dieses nutzlose, banale Gerede zerrt an meinen Nerven. Ich mag nur Ihre Glatze, okay? Ihre Kopfform gefällt mir. Verstanden?«
»Aber was reden Sie, ich habe doch keine Glatze. Also etwas Haarausfall …«
»Und fallen
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