1Q84: Buch 1&2
Arbeitsstelle wurde ein größerer Wortprozessor von Fujitsu verwendet, aber die Grundfunktionen dieses Geräts waren kaum anders als bei dem größeren Modell. Tengo machte sich mit der Bedienung vertraut und begann mit der Überarbeitung von »Die Puppe aus Luft«.
Über etwas, das man einen klar umrissenen Plan hätte nennen können, verfügte er nicht. Er hatte nur verschiedene Ideen zu einigen Details im Kopf, aber beileibe keine in sich geschlossene Methode oder ein einheitliches Prinzip. Tengo war sich nicht sicher, ob es möglich war, einen empfindsamen und phantastischen Roman wie »Die Puppe aus Luft« überhaupt mit logischen Mitteln zu überarbeiten. Wie Komatsu sagte, war es unvermeidlich, drastisch in den Stil einzugreifen, aber ließ sich das machen, ohne die eigene Atmosphäre und das Wesen des Werkes zu beschädigen? Wäre es nicht, wie einem Schmetterling ein Skelett zu geben? Diese Gedanken brachten ihn ins Wanken, und seine Verunsicherung nahm zu. Nun war die Sache aber schon ins Rollen gekommen. Und seine Zeit war zu begrenzt, um sich untätigen Überlegungen hinzugeben. Ihm blieb nichts anderes übrig, als die Probleme einzeln anzugehen und nacheinander auszuräumen. Vielleicht würde sich aus der handwerklichen Bearbeitung von Details am Ende doch ein organisches Gesamtbild ergeben.
»Tengo, mein Freund, du kannst das. Ich weiß es«, hatte Komatsu vertrauensvoll erklärt. Und Tengo – er wusste nicht, warum – hatte diese Worte annehmen können. Komatsu war ein Mensch mit problematischer Haltung und Sprache, und im Grunde dachte er nur an sich selbst. Wenn nötig, würde er Tengo zweifellos bereitwillig fallenlassen. Ohne sich nur einmal nach ihm umzudrehen. Aber wie er selbst sagte, hatte er als Redakteur einen nahezu unfehlbaren Instinkt. Komatsu kannte kein Zögern. Er urteilte und entschied stets innerhalb eines Augenblicks und setzte seine Entscheidung dann unverzüglich in die Tat um. Das, was seine Umgebung zu sagen hatte, kümmerte ihn nicht im Geringsten. Er war der geborene Feldherr. Und das war eine Eigenschaft – da konnte man sagen, was man wollte –, mit der Tengo nicht ausgestattet war.
Als Tengo mit der Überarbeitung begann, war es bereits halb eins. Er tippte die ersten Seiten des Originalmanuskripts von »Die Puppe aus Luft« bis zu einer geeigneten Stelle in das Textverarbeitungsgerät ein. Nun bearbeitete er diesen ersten Block, bis er einigermaßen überzeugt davon war. Dabei nahm er sich erst einmal gründlich die Grammatik und den Stil vor, ohne in den Inhalt an sich einzugreifen. Wie man ein Zimmer in einem Haus umräumt und renoviert. Das konkrete Gebäude blieb erhalten, denn die Struktur an sich stellte kein Problem dar. Auch den Verlauf der Wasserrohre änderte er nicht. Was man sonst auswechseln konnte – Bodendielen, Decken, Mauern und Zwischenwände –, wurde eingerissen und ersetzt. Ich bin der Zimmermann, dessen geschickten Händen man alles anvertraut hat, sagte sich Tengo. So etwas wie einen festen Plan hatte er nicht. Er konnte nur mit Hilfe seines Instinkts und seiner Erfahrung vorgehen.
Er las den Text einmal durch, fügte schwer verständlichen Stellen Erklärungen hinzu und glättete den Fluss des Textes. Überflüssiges und Wiederholungen wurden gestrichen, Fehlendes ergänzt. An manchen Stellen änderte er die Reihenfolge von Sätzen oder Absätzen. Adjektive und Adverbien waren von vorneherein sehr spärlich vorhanden, und er fügte passende Worte ein, wenn es ihm notwendig erschien, bemühte sich dabei aber, die besondere Schlichtheit des Textes zu respektieren. Da bei Fukaeris insgesamt sehr einfachem Text gute und schlechte Stellen sehr deutlich hervortraten, nahm die Entscheidung darüber, was stehenbleiben und was getilgt werden sollte, weniger Zeit in Anspruch, als er gedacht hatte. Einige Abschnitte waren aufgrund ihrer Schlichtheit schwer zu verstehen, andere hingegen waren gerade dadurch verblüffend frisch im Ausdruck. Den Ersteren rückte er resolut zu Leibe, die anderen ließ er, wie sie waren.
Unterdessen dachte Tengo immer wieder daran, dass Fukaeri nicht geschrieben hatte, um ein literarisches Werk zu hinterlassen. Sie hatte nur die Geschichte, die in ihr war – etwas, das sie nach ihren eigenen Worten tatsächlich erlebt hatte – schriftlich niedergelegt. Die Worte selbst spielten keine besondere Rolle, sie hatte nur kein passenderes Ausdrucksmittel gefunden. Das war alles. Von Anfang an war es nicht um literarischen
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