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1Q84: Buch 1&2

Titel: 1Q84: Buch 1&2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Haruki Murakami
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Richtige.«
    Aomame vergewisserte sich, dass kein Schmetterling in der Nähe war, öffnete die Tür des Gewächshauses einen Spalt und schloss sie hinter sich, als sie draußen war. Die alte Dame blieb mit der Gießkanne in der Hand zurück. Außerhalb des Gewächshauses war die Luft kühl und frisch. Es roch nach Bäumen und Gras. Hier war die wirkliche Welt. Die Zeit floss wieder in normalen Bahnen. Aomame sog die Luft der Wirklichkeit tief in ihre Lungen.
    Im Eingang wartete Tamaru in seinem Teakstuhl, um ihr den Schlüssel zu einem Postfach zu übergeben.
    »Alles klar?«, fragte er.
    »Ich glaube schon«, erwiderte sie. Sie setzte sich neben ihn, nahm den Schlüssel in Empfang und verstaute ihn in einem Fach ihrer Umhängetasche.
    Schweigend beobachteten die beiden eine Weile die Vögel, die in den Garten kamen. Die Zweige der Weiden neigten sich reglos in der völligen Windstille. Einige ihrer Spitzen erreichten fast den Erdboden.
    »Geht es der Frau besser?«, fragte Aomame.
    »Welcher Frau?«
    »Der von dem Mann, der in dem Hotel in Shibuya den Herzanfall hatte.«
    »Dass es ihr gutgeht, kann man im Moment nicht sagen«, erklärte Tamaru stirnrunzelnd. »Sie hat noch einen Schock und kann nicht sprechen. So etwas braucht Zeit.«
    »Wie ist sie?«
    »Sie ist etwa Mitte dreißig, kinderlos. Sie sieht sehr gut aus und hat Stil. Leider kann sie sich in diesem Sommer wohl nicht mehr im Badeanzug zeigen, und im nächsten vielleicht auch nicht. Hast du die Polaroids gesehen?«
    »Ja, gerade eben.«
    »Scheußlich, was?«
    »Ziemlich«, sagte Aomame.
    »Ein gängiges Muster«, sagte Tamaru. »Der Mann gilt in der Öffentlichkeit als erfolgreich. Ist gesellschaftlich hoch angesehen, guter Herkunft und hervorragend ausgebildet.«
    »Aber zu Hause verwandelt er sich total«, fuhr Aomame fort. »Vor allem wenn er betrunken ist, wird er gewalttätig. Jedenfalls der Typ, der sich nur an Frauen vergreift. Er hat nur die Ehefrau, die er verprügeln kann. Nach außen hin gibt er sich anständig, mimt den gütigen, verständnisvollen Ehemann. Deshalb schenkt man der Ehefrau auch zuerst keinen Glauben, wenn sie erzählt, welche Abscheulichkeiten ihr angetan werden. Denn der Mann sucht sich für seine Gewalttaten einen Ort aus, den niemand einsehen kann. Und er achtet darauf, keine Spuren zu hinterlassen. So ist es doch?«
    Tamaru nickte. »In den meisten Fällen. Der da hat allerdings nie einen Tropfen Alkohol getrunken. Der hat das stocknüchtern und am helllichten Tag getan. Unnötig bösartig. Sie wollte sich scheiden lassen. Aber er hat sich stur geweigert. Vielleicht hat er sie sogar geliebt. Oder er wollte sein bequemes Opfer nicht verlieren. Oder es gefiel ihm unheimlich gut, seine Frau zu vergewaltigen.«
    Tamaru hob leicht die Füße und überprüfte den Glanz seiner Schuhe. Dann fuhr er fort.
    »Hat eine Frau Beweise, dass ihr Gewalt angetan wird, kann sie natürlich die Scheidung einreichen, aber das kostet Zeit und auch Geld. Und wenn der Mann einen gewieften Anwalt hat, kann das ziemlich unangenehm werden. Die Familiengerichte haben alle Hände voll zu tun, und Richter gibt es auch nicht genügend. Selbst wenn es zur Scheidung kommt und eine Abfindung und Unterhaltszahlungen festgesetzt werden, zahlt kaum ein Mann wirklich. Weil er sich immer irgendwie herausreden kann. Zahlungsunwilligkeit ist in Japan kein Grund, einen Exmann ins Gefängnis zu stecken. Zeigt er die Bereitschaft zu zahlen und überweist pro forma irgendeinen Betrag, sieht das Familiengericht über alles hinweg. Die japanische Gesellschaft lässt gegenüber Männern noch immer große Nachsicht walten.«
    »Übrigens«, sagte Aomame, »bekam vor einigen Tagen so ein gewalttätiger Ehemann auf seinem Hotelzimmer in Shibuya praktischerweise einen Herzanfall.«
    »Die Formulierung ›praktisch‹ ist mir ein wenig zu direkt«, sagte Tamaru und schnalzte leicht mit der Zunge. »Durch glückliche Fügung würde mir gefallen. Auf alle Fälle gibt es keinen Zweifel an der Todesursache, und da die Versicherungssumme nicht auffällig hoch ist, wird die Lebensversicherung auch keinen Verdacht hegen. Wahrscheinlich zahlt sie anstandslos. Dabei handelt es sich um eine ganz ordentliche Summe. Mit diesem Geld kann sie den ersten Schritt in ein neues Leben tun. Außerdem spart sie sich jetzt die Zeit und das Geld für eine Scheidung. Und die komplizierten, sinnlosen gesetzlichen Formalitäten und die nervliche Belastung, die sich daran anschließen, kann sie auch

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