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1Q84: Buch 1&2

Titel: 1Q84: Buch 1&2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Haruki Murakami
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wie wahnsinnig am Türgriff festklammern musste. Schließlich fuhren sie einen Hang, steil wie eine Skipiste, hinauf, und auf dem Gipfel eines kleinen Berges kam der Wagen endlich zum Stehen.
    Tengo hatte sich eher in einer Berg- und Talbahn auf dem Rummelplatz gewähnt als in einem Taxi. Er reichte dem Fahrer zwei Tausend-Yen-Scheine aus seinem Portemonnaie und erhielt Wechselgeld und eine Quittung.
    Vor dem alten Haus in japanischem Stil standen ein schwarzer Mitsubishi Pajero und ein grüner Jaguar. Der Pajero war blitzblank poliert, aber der Jaguar, ein älteres Modell, war so von weißem Staub bedeckt, dass man seine ursprüngliche Farbe kaum erkennen konnte. Die Windschutzscheibe war ebenso verschmutzt. Anscheinend hatte den Wagen schon länger niemand gefahren. Die Luft schmeckte prickelnd scharf, und es herrschte eine so tiefe Stille, dass man sein Gehör darauf einstellen musste. Aus einem unendlich klaren und hohen Himmel schien das milde Sonnenlicht warm auf die ihm ausgesetzten Hautpartien. Zuweilen ertönte der ungewohnt grelle Schrei eines Vogels, der sich aber nicht zu erkennen gab.
    Die stilvolle große Villa schien bereits vor längerer Zeit erbaut worden zu sein, wurde aber sorgfältig instand gehalten. Auch die Pflanzen im Garten waren gepflegt und zurechtgeschnitten. Einige Büsche hatte man so gewissenhaft und gleichmäßig gestutzt, dass sie wie künstlich wirkten. Eine gewaltige Kiefer warf ihren breiten Schatten auf die Erde. Nichts behinderte die offene Aussicht auf die Umgebung, aber eine weitere menschliche Behausung war, so weit das Auge reichte, nicht zu entdecken. Tengo vermutete, dass ein Mensch, der freiwillig ein so entlegenes Domizil bezog, keinen Wert auf den Kontakt zu anderen legte.
    Fukaeri schob die unverschlossene Haustür mit einem klappernden Geräusch auf, trat ein und hieß Tengo, ihr zu folgen. Niemand erschien, um die beiden zu begrüßen. In der ungemütlich weitläufigen Eingangshalle entledigten sie sich ihrer Schuhe und folgten einem spiegelblank gebohnerten Flur in einen Empfangsraum mit Panoramablick auf die Berge. Unter ihnen schlängelte sich in der Sonne glitzernd ein Fluss. Die Aussicht war herrlich, aber Tengo hatte im Moment keinen Sinn dafür und konnte sich nicht an ihr erfreuen. Nachdem Fukaeri ihm einen Platz auf dem großen Sofa angeboten hatte, verließ sie wortlos den Raum. Das Sofa verströmte den Geruch alter Zeiten. Wie alt diese Zeiten genau waren, konnte Tengo nicht sagen.
    In dem erstaunlich schmucklosen Empfangsraum stand ein niedriger Tisch, dessen dicke Platte völlig kahl war. Es gab keinen Aschenbecher und nicht einmal eine Tischdecke. An den Wänden hingen keine Bilder. Auch keine Uhr oder ein Kalender. Im ganzen Raum existierte keine einzige Vase. Kein Sideboard oder Ähnliches. Weder Bücher noch Zeitschriften lagen herum. Der verblichene alte Teppich mit dem undefinierbaren Muster stammte wahrscheinlich aus der gleichen Zeit wie die alte Sitzgruppe, zu der neben dem großen Sofa, auf dem Tengo saß wie auf einem Floß, noch drei Sessel gehörten. Außerdem gab es einen großen offenen Kamin, aber kein Anzeichen dafür, dass er in jüngerer Zeit beheizt worden war. Selbst jetzt, mitten im April, war der Raum noch eiskalt, die durchdringende Kälte des Winters schien sich darin gehalten zu haben. Offenbar hatte dieses Zimmer schon vor einer Ewigkeit beschlossen, niemandem mehr einen freundlichen Empfang zu bereiten. Endlich kehrte Fukaeri zurück und ließ sich ohne ein Wort neben ihm nieder.
    Lange Zeit sprach keiner von beiden. Fukaeri hatte sich in ihre eigene rätselhafte Welt zurückgezogen, und Tengo entspannte sich, indem er ruhig ein- und ausatmete. Außer den gelegentlichen Vogelrufen aus der Ferne drang lange kein Laut in diesen Raum. Tengo lauschte der Stille, und es kam ihm vor, als verfüge sie über mehrere Nuancen. Diese Stille bestand nicht nur aus der Abwesenheit von Geräuschen. Es war, als würde sie etwas über sich erzählen. Tengo warf einen sinnlosen Blick auf seine Armbanduhr. Dann hob er das Gesicht und schaute aus dem Fenster auf die Landschaft, dann noch einmal auf die Uhr. Es war kaum Zeit vergangen. Sonntagmorgens verging die Zeit immer sehr langsam.
    Nach etwa zehn Minuten öffnete sich ohne Vorankündigung ganz plötzlich die Tür, und ein hagerer Mann betrat mit hastigen Schritten den Empfangsraum. Er war Mitte sechzig und etwa einen Meter sechzig groß, machte aber wegen seiner strammen Haltung keinen

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