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2 ½ Punkte Hoffnung

2 ½ Punkte Hoffnung

Titel: 2 ½ Punkte Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gretchen Olson
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einzusteigen. Ich dachte an Guido, der aus aller Kraft versuchte, Giosué zu retten, ihn vor dem Horror zu beschützen und ihm Hoffnung zu geben, und der am Ende sein Leben für seine Frau und seinen Sohn opferte. Meine Augen liefen über, als ich Giosué vor mir sah, der einen Helm trug und mit dem Panzer fuhr. Und ich hatte einen dicken Kloß im Hals, als ich ihn so glücklich: »Mama!«, rufen hörte.
    »Was?«, fragte Mr. Hudson in das stumme Zimmer. »Warst du das, Hope? Kannst du das noch einmal sagen, diesmal ein wenig lauter? Welches eine Wort beschreibt diesen Film?«
    »Liebe.«

    2:55. Ich stürzte aus der Klasse, aus der Schule, vorbei an Bussen, über den Bürgersteig und an einer Zillion Häuser entlang. Außer Atem fummelte ich in meinem Ranzen nach dem Schlüssel, drückte ihn ins Schloss und riss die Tür auf. Ich stürmte in mein Zimmer und trat erst dort auf die Bremse.
    Und da stand ich. Erstarrt. Starrend.
    Mein Zimmer. Es sah umwerfend aus. Für einen Moment saugte ich diese viele Ordnung in mich auf, dann verkündete ich stolz: »100 Punkte.«
    Ich warf mir die Kleiderbügel mit meinen Sachen über einen Arm und hängte an den anderen eine Tasche voller Schuhe und anderem Kram, dann bugsierte ich mich zurück durch das Haus, durch die Tür und über den Bürgersteig. Jetzt berührten meine Füße den Boden kaum noch. Mein Körper war federleicht. Ich sah Autos vorbeisausen und fragte mich, ob die Fahrer überhaupt auch nur ahnten, dass ich, Hope Elliot, hier im Einsatz war, dass ich gleich ein großartiges Geschäft abschließen würde. Ich lächelte.
    Dann überkam mich die Panik. Was, wenn Mom früh nach Hause kam und mich sah? Oder irgendwer ihr erzählte, dass ich das halbe Haus abschleppte? Ich zwang Füße und Herz zu einem normalen Tempo, und meine Beine scheuerten an der Tasche vorbei, aber sowie So Gut
Wie Neu in mein Blickfeld kam, steigerte mein Herz sich wieder zum doppelten Tempo. Meine Augen sehnten sich so sehr nach den lila Stiefeln mit den dicken, schwarzen soliden Sohlen.
Bitte, lieber Gott, mach, dass sie noch da sind!
    Nein! Sie sind nicht im Fenster.
    Tot. Gleich würde ich tot umfallen.
    Jemand öffnete für mich die Tür, an der ›Ziehen‹ stand, und ich keuchte mich mit letzter Kraft zum Tresen.
    Anita sah gerade mit einer Kundin Damenkleider durch, die sie verkaufen sollte.
    »Haben Sie meine lila Stiefel verkauft?«, platzte es aus mir heraus. »Verzeihung«, fügte ich kleinlaut hinzu, als sie mich mit hochgezogenen Augenbrauen anblickte. Für den Bruchteil einer Sekunde sah es aus, als ob Anita sich nicht an mich oder die Stiefel oder den letzten Freitag erinnerte.
Erinnere dich! Bitte!
    »Ach ja, die Stiefel.« Sie lächelte. »Ich habe mir gedacht, dass du zurückkommst, deshalb habe ich sie in unser Regal mit den reservierten Sachen gestellt.«
    Die Erleichterung bewahrte mich vor einer drohenden Ohnmacht.
    »Hier, ich kann dir helfen.« Anita streckte die Hand nach meinen Kleidern aus.
    »Mir geht’s gut.« Ich versuchte, entspannt und gelassen auszusehen. Aber in der Sekunde, in der Anita sich umdrehte, ließ ich die Tasche auf den Boden fallen.
Meine Arme!
    Die Dame ging. Anita nahm meine Kleiderbügel und brachte alles auf einem großen Kleiderständer unter. »So, jetzt richten wir für dich ein Konto ein.« Sie ließ die Computermaus klicken. »Name?«
    »Hope Marie Elliot.« Ich stand ganz gerade da, die Blicke auf Anitas Kürbisohrringe gerichtet.
    Nachdem sie meine Adresse und Telefonnummer eingegeben hatte, fragte Anita: »Wenn einige von deinen Sachen schmutzig oder unmodern oder nach ein paar Monaten noch nicht verkauft sind, sollen wir sie dann in die Altkleidersammlung geben?«
    Mit dieser Frage hatte ich nicht gerechnet. Ich war davon ausgegangen, dass alles sich verkaufen würde.
    »Die Kirchen hier aus der Stadt sammeln …«
    »Ja«, fiel ich ihr ins Wort. »Ist schon gut.«
    Während Anita schrieb, schaute ich zu meinen Kleidern am Kleiderständer hinüber. Ich verspürte eine seltsame Mischung aus Stolz und Traurigkeit, weil ich mich von einem Teil meines Lebens verabschiedet hatte; einem Teil, der vielleicht auf dem Kopf oder an den Füßen irgendeines kleinen Kindes wieder zum Leben erwachen würde. Aber wie würde mir zumute sein, wenn ich das Stück Erinnerung in der Stadt oder auf dem Spielplatz sähe? Und was für eine Art Erinnerung würde das überhaupt sein?
    Anita zog einen Kugelschreiber aus ihren Haaren, die jetzt röter und

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