Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
2 - Wächter des Tages

2 - Wächter des Tages

Titel: 2 - Wächter des Tages Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
Vom Netzwerk:
Inquisition hatte ihre eigenen Methoden, Gesetze und Waffen...
    In der Luft drehte sich eine Beobachtungskugel. Grauer Dunst, durchbrochen von Wellenlinien. Ein großer Teil von ihnen löste sich auf, es blieben nur drei übrig.
    Drei Schicksalsfäden, die vor kurzem in einem Punkt zusammengelaufen waren. Ein Faden war verblasst, funkelte kaum. Ein verletzter Anderer...
    »Das ist Schagron«, seufzte der Dunkle Magier Edgar, der die Vollmachten eines Stellvertreters des Chefs wieder abgegeben hatte. »Das ist ganz bestimmt Schagron.«
    Die beiden andern Fäden gingen wieder auseinander, mussten sich aber gleich wieder treffen - direkt vor dem Gebäude der Universität.
    Ein Zusammenstoß. Erneut ein Zusammenstoß zwischen den Dunklen und Lichten, abermals ein Opfer. Wenn auch bislang noch kein Todesopfer.
    »Die Nachtwache bittet die Inquisition um eine Intervention!«, schrie Geser. »Maxim, Oskar, Raoul! Da bringt einer den andern um!«
    Die bringen sich gegenseitig um - das hatte Geser sich natürlich nicht zu sagen getraut.
    Neben dem Chef der Nachtwache erhob sich eine Frau, eine Andere, Olga, die erst kürzlich ihre Fähigkeiten als Zauberin zurückerlangt hatte, und zwar einer sehr starken Zauberin, weshalb sie auch das Recht verloren hatte, einen Familiennamen zu führen, ihr jedoch noch nicht das Recht gewährt wurde, einen Zwielicht-Namen zu tragen. Sie berührte Gesers Ellenbogen und sah die Richter fragend an.
    Swetlana erbleichte, ihr Gesicht schien mit einem Mal wie aus Wachs.
    Die Dunklen schwiegen. Sebulon kratzte sich nachdenklich die Nasenspitze.
    »Das Tribunal verbietet eine Intervention«, erklärte einer der Richter trocken.
    »Warum?«, fragte Swetlana kraftlos. Sie versuchte sich aus dem leichten Korbsessel zu erheben, doch ihr versagten die Kräfte. Die Körperkräfte. Die echte Kraft, die magische Kraft einer Anderen, einer Lichten Zauberin, fing hingegen unweigerlich an, sich in einer matten dreidimensionalen Spirale um Swetlana herum zu drehen.
    Wie die Menschen sind die Anderen im Zorn oder in extremen Situationen allgemein teilweise stärker, als wenn sie ganz ruhig sind.
    »Warum?« Swetlanas Stimme klirrte. »Überall, wo dieser Dunkle auftaucht, sterben Andere oder Menschen. Er ist ein Mörder! Werden Sie ihm erlauben, weiter zu morden?«
    Der Richter blieb ungerührt. »Witali Rohosa, Anderer, Dunkler, hat während seines Aufenthalts in Moskau nicht eine Bestimmung des Großen Vertrags verletzt und nicht einmal zu übersteigerten Formen der Selbstverteidigung gegriffen. Vor der Inquisition hat er sich nichts vorzuwerfen. Wir haben keine Grundlage, auf der wir intervenieren könnten.«
    »Wenn es eine Grundlage gibt, wird es zu spät sein!«, sagte Geser scharf.
    Der Inquisitor zuckte nur mit den Schultern.
    »Er wird sich für Schagron rächen«, meinte einer der Lichten leise und hüstelte.
    Zwei Magier - ein Lichter und ein Dunkler - näherten sich dem Eingang der Lomonossow-Universität, und je stärker der Abstand zwischen ihnen schmolz, desto fester glaubten alle Anwesenden des Tribunals, dass in die Turmnadel nur einer der beiden kommen würde.
    Doch welcher? Ich weiß nicht, weshalb, aber ich stieg über dreihundert Meter vor dem Eingang zur Universität aus dem Auto. Über dem Gebäude sah ich bunte Flecken, Strahlen und dreidimensionale Figuren. Ich spürte, dass eine mir unbegreifliche Kraft die normale höhere Magie in mir zurückhielt und mir nicht gestattete, sie einzusetzen.
    Außerdem spürte ich, dass sich dort, ganz oben, wo die scharfe Turmnadel aus dem Moskauer Wolkenkratzer herauswuchs, eine hellgraue Wolke zusammenballte, die mich an eine Zeitzünderbombe denken ließ.
    Ich sah mich um und ging den Gehsteig hinunter. Eigentlich hätte ich mich beeilen müssen, doch ich ging im gemäßigten Tempo. So war es offenbar nötig.
    Nur sollte niemand fragen: Für wen?
    Der MD-Player lieferte mir eine neue Melodie. Sie gefiel mir nicht, und ich tastete nach dem Sensor. Was wohl als Nächstes kam?
     
Mein Name ist ein längst verwischtes Zeichen, 
    und meine Kleidung hat der Wind geflickt...
    Was ich in fest verschlossnen Händen bringe, 
    fragt niemand, und ich sage es auch nicht. 
     
    Piknik , ihr Lied Das Schriftzeichen . Das passte - eine ruhige Melodie für jemanden, der ohnehin zu spät kam und der sich bloß konzentrieren und die allumfassende Unerschütterlichkeit der Weisen aus dem Osten erlangen musste.
    Ob es unter den orientalischen Weisen wohl Andere gab?

Weitere Kostenlose Bücher