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2 - Wächter des Tages

2 - Wächter des Tages

Titel: 2 - Wächter des Tages Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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hatten Juha, Jari, Raivo und ihr verstorbener Gefährte Pasi Ollykainen ihre Aufgabe in der Sekte als aufregendes, mitunter sogar als lustiges Spiel betrachtet. Ihre Großväter und Urgroßväter hatten ihr Leben der Sekte gewidmet, ihre Kinder würden ebenfalls zu Regin-Brüdern heranwachsen ... Ihre Adoptivkinder, natürlich. Nur selten hat ein Anderer das Glück, ein Kind mit den Fähigkeiten eines Anderen zu kriegen. Das ist nur bei den niederen Dunklen üblich, bei Vampiren und Tiermenschen ...
    Die Magier aus der kleinen finnischen Sekte hatten es da schwerer. Sie mussten die ganze Welt bereisen, um als Andere geborene Kinder zu suchen, die sie adoptieren, aufziehen und dem Dienst an der großen Sache des Fafnir zuführen konnten. In der Regel fanden sie die Kinder in unterentwickelten und exotischen Ländern.
    Raivo stammte beispielsweise aus Burkina Faso. Den kleinen Jungen mit den großen Kulleraugen, den krummen rachitischen Beinen und dem aufgequollenen Bauch hatten sie seinen Eltern für vierzehn Dollar abgekauft. Sie hatten ihn geheilt, erzogen und ihm Finnisch beigebracht. Wer hätte beim Anblick des schönen und schlanken dunkelhäutigen Mann ahnen können, dass ihn einst ein völlig andres Schicksal erwartet hatte?
    Jari war in den Elendsvierteln von Macao gefunden worden. Mit seinen vier Jahren gab er bereits einen bemerkenswerten Dieb ab, der seine magischen Fähigkeiten zu diesem Zweck einzusetzen wusste, was wiederum die Aufmerksamkeit seiner zukünftigen Adoptiveltern auf ihn gelenkt hatte. Für ihn mussten sie noch nicht einmal etwas zahlen. Jari tat sich nicht durch seine Körpergröße hervor, entzückte die Regin-Brüder jedoch durch seinen scharfen Verstand und seine guten magischen Anlagen.
    Juha stammte aus Russland. Genauer, aus dem Süden der Ukraine. Von Kindheit an führte er das Leben eines Vagabunden, mit sieben hatte der Junge auf Güterzügen oder per Anhalter bereits das ganze Land durchquert, zu Fuß die Grenze überschritten und irgendwann bei den Eheleuten Mustaioki, treuen Anhängern der Sekte, an die Tür ihres kleinen Hauses geklopft. Das ließ sich einzig und allein durch magische Prädestination erklären.
    Nur der tote Ollykainen war - welch bittere Ironie des Schicksals! - ein echter Finne gewesen. Nie zuvor hatte der Fahrer eine derart seltsame Gesellschaft kutschiert - ein weißer Mann mit den Zügen eines Ukrainers, ein rabenschwarzer Afrikaner und ein kleiner schlitzäugiger Asiat. Alle drei unterhielten sich übrigens fließend auf Finnisch oder Schwedisch. Was es nicht alles gibt im Leben...
    Am Flughafen studierten die Regin-Brüder als Erstes die Flugpläne, doch das arglistige und unergründliche Russland hielt auch diesmal eine kleine Überraschung für sie bereit: Der Flug nach Prag war schon zum vierten Mal verschoben worden. Sicher, sie hätten eine Maschine nach Duisburg mit Zwischenlandung in Prag nehmen können. Darüber informierte der Plan natürlich nicht, und eine Maschine nach Madrid, die ebenfalls über Prag flog, startete zu einer sehr ungünstigen Zeit, weshalb sie die Pläne direkt an der Kasse umschreiben mussten, was einen kräftigen Mann im sportiven Anzug, um dessen Hals eine fingerdicke Kette baumelte und der ein winziges Handy in der behaarten Pranke hielt, in einen Zustand unerklärlicher Wut versetzte. Der Kerl wollte den klein gewachsenen Jari schon beiseite schieben, doch Raivo wirkte rasch einen Respektzauber, der dazu führte, dass alle in der Reihe Wartenden ihre Beschuldigungen gegen die in unerschütterlicher Ruhe beratschlagenden Finnen fallen ließen.
    »Wir fliegen nach Duisburg«, entschied Juha schließlich. »Das ist am bequemsten. Außerdem brauchen wir dann nicht so lange zu warten. Der Flug nach Prag wird noch dreimal verschoben werden. Das habt ihr doch auch gesehen, oder?«
    Natürlich hatten sie es gesehen. Die Realitätsfäden liefen in einem kleinen Knoten zusammen, und die verfluchte Maschine würde erst spät abends starten.
    Ein fast vergessenes Freiheitsgefühl ließ sie sich nicht weniger trunken fühlen als das heimatliche Lapin Kulta. Während Juha mit der freundlichen, am Ende aber verkniffen dreinbli-ckenden Kassiererin verhandelte, sahen sich Jari und Raivo begeistert im Saal um, beobachteten die ankommenden Reisenden, die Verkäufer in den aquariumsgleich beleuchteten Läden, die in jedem Flughafen obligatorischen Schalter internationaler Fluggesellschaften...
    Den Anderen entdeckte Jari. »Guck mal

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