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2 - Wächter des Tages

2 - Wächter des Tages

Titel: 2 - Wächter des Tages Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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überhaupt nichts, guckte sich nur um und versuchte, sich zu bekreuzigen.
    »Dafür werdet ihr bezahlen«, rief Semjon uns nach.
    Edgar drehte der geretteten Hexe mit einer heftigen Bewegung den Arm auf den Rücken. Für Erklärungen blieb keine Zeit, für Magie keine Kraft. Dann schubste er sie die Treppe herunter.
    Den Kreis halten...
    Eine Opferung - diese Handlung setzt eine derartige Kraft frei, dass man sie lieber aufspart. Das Recht darauf konnte vor zwanzig oder dreißig Jahren erworben worden sein, durch listige Intrigen und Provokationen. Deshalb stand die Kirejewa jetzt mit versteinerter Miene über dem Mädchen, und das Messer blitzte in ihrer Hand, um dem Kind mit einer raschen Bewegung das Herz herauszuschneiden, während Deniska monoton die nötigen Worte des Zauberspruchs wiederholte. In jedem Augenblick könnten wir einen Energiestoß erhalten, auf den wir - klugerweise - lieber verzichten sollten.
    Den Kreis halten...
    Nur Wut ließ mich das durchstehen. Wut auf diesen ganzen beschissenen Tag, auf das gesamte dämliche letzte Jahr und auf die Lemeschewa, die mehr wusste, als sie sagte. Ich hatte keine Ahnung, wo noch etwas Kraft aufzutreiben war - doch ich fand sie! Und jagte sie durch die willenlosen Körper von Olga und Jeanne, damit die Lemeschewa einen dünnen Strom Kraft zu Edgar schicken konnte.
    Als Erste sprangen die Vampirbrüder in den Minibus ... diese miserablen Fahnder ... Dann gab Lenka das Mädchen frei, das schreiend davonrannte. Deniska hörte auf, den Zauberspruch zu wiederholen, schnappte sich den Ritualtisch und stürzte in den Bus. Erst danach löste die Lemeschewa den Kreis auf.
    Mir verschwamm alles vor den Augen. Aus irgendeinem Grund musste ich husten, während ich vergeblich versuchte, meine Hand aus den knochensteifen Fingern Olgas zu ziehen.
    »Ins Auto!«, schrie Anna Tichonowna. »Schnell!«
    Edgar tauchte auf und sah sogar recht frisch aus. Er schubste die Hexe in den Bus und sprang zu Deniska auf den Beifahrersitz. Anna Tichonowna zog Olga ins Auto, ich stützte Jeanne beim Gehen, der es zwar sehr schlecht ging, die aber wenigstens das Bewusstsein nicht verloren hatte.
    »Wer sind Sie? Wer sind Sie?«, jammerte die gerettete Hexe. Anna Tichonowna knallte ihr mit voller Wucht eine, worauf die Hexe verstummte.
    »Deniska, gib Gas!«, sagte ich. Als ob er diese Aufforderung bräuchte...
    Mit quietschenden Reifen rasten wir vom Hof. Edgar, der den Kopf mit den Händen umfasst hielt, arbeitete, korrigierte die Realitätslinien und machte damit den Weg vor uns frei.
    »Geht es dir nicht gut, Aliska?«, fragte Lena, die vor Neugier beinah platzte. Ich presste die Zähne aufeinander und schüttelte den Kopf. »Ich bin völlig ausgelaugt«, jammerte Lena. »Ich muss erst mal freimachen.«
    Die gerettete Hexe winselte leise, bis sie schließlich meinen hasserfüllten Blick auffing. Daraufhin schwieg sie sofort und versuchte, möglichst weit von mir auf einen der hinteren Sitze zu gelangen, doch da saßen schon die Vampire. Böse, erschöpfte, blutige Vampire, die zwar so viel Grips besessen hatten, sich von der Gestaltwandlerin fern zu halten, sich aber dennoch jeder ein paar Schläge ihrer Pfoten eingefangen hatten.
    »Witalik haben sie völlig verbrannt«, sagte Lenka düster. »Er war ein Idiot, ohne Frage, aber doch unser Idiot... Anna Tichonowna, sind Sie sicher, dass dieses Miststück diesen Aufwand wert ist?«
    »Der Befehl kam von Sebulon«, erwiderte die Lemeschewa. »Er kann das sicherlich besser beurteilen.«
    »Dann hätte er uns auch helfen können«, konnte ich mir nicht verkneifen. »Ihn hätte diese Arbeit nicht überfordert, uns schon.«
    Anna Tichonowna bedachte mich mit einem recht neugierigen Blick.
    »Das sehe ich nicht so«, meinte sie. »Du hast gute Arbeit geleistet, Mädchen. Einfach bemerkenswert. Ich hatte nicht erwartet, dass du so viel Kraft abgeben würdest.«
    Beinah hätte ich losgeheult. Um meine Tränen zu verbergen, drehte ich mich Olga zu, die immer noch bewusstlos war. Immerhin ein Trost: Ihr ging es noch viel schlechter...
    Mühsam berappelte ich mich ein wenig und klatschte ihr leicht auf die Wange. Keine Reaktion. Ich kniff sie. Sie rührte sich nicht.
    Neugierig sahen mich alle an. Selbst die leise vor sich hin fluchenden Vampire hörten auf, ihre Wunden zu belecken, und schienen auf etwas zu warten.
    »Anna Tichonowna, könnten Sie ihr nicht helfen«, bat ich. »Sie hat im Dienst gelitten, da muss gemäß den Vorschriften

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