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20 - Im Reiche des silbernen Löwen I

20 - Im Reiche des silbernen Löwen I

Titel: 20 - Im Reiche des silbernen Löwen I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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welche Art von Geistern es sich handelte, und doch so ruhig nach der Ruine gestiegen seien. Wir waren die Helden des Tages, wurden trotz aller Blutfeindschaft für jetzt als Gäste behandelt und dann, als wir am nächsten Tage fortritten, von dem Scheik mit den Worten entlassen:
    „Ihr seid die tapfersten Krieger, die ich kenne, und wir haben euch ehrlich Wort gehalten; aber bei der nächsten Begegnung sind wir gezwungen, in euch nur die Anführer der feindlichen Haddedihn zu sehen. Vergeßt das nicht! Und dir, o Emir Kara Ben Nemsi Effendi, will ich gestehen, daß du meine Ansicht über die Christen geändert hast; sie sind tapfere, wahrheitsliebende und zuverlässige Menschen; darum muß auch ihr Glaube ein guter sein. Allah begleite euch und mache euern Heimweg kurz!“
    Als wir daheim bei den Haddedihn ankamen, war der Jubel groß. Halef galoppierte vor sein Zelt, rief seine Hanneh heraus, deutete auf das Fell des Löwen und auf seinen Sohn und sagte:
    „Hanneh, mein Weib, du Perle aller Frauen, sieh diese Haut und diesen jungen Krieger, den du mir zu meinem Entzücken geboren hast! Er hat den ‚Herrn des Donners‘ erschossen und den König aller Tiere erlegt; darum sollst du ihn eher begrüßen als mich. Drücke ihn an dein Herz und gib ihm deinen Segen, denn er wird dereinst ein würdiger Nachfolger seines Vaters sein!“
    Der ganze Stamm war natürlich höchst stolz darauf, einen Krieger zu besitzen, welcher trotz seiner Jugend einen Löwen erlegt hatte. Das Fell der Löwin schenkte ich Hanneh; beide Häute bilden den Schmuck des gemeinschaftlichen Zeltes, und wenn seitdem ein Gast Halef zu ihrem Besitz gratuliert, so antwortet er mit ungemeinem Selbstbewußtsein:
    „In diesen Häuten haben einst der berühmteste ‚Herr des Donners‘ und die berühmteste ‚Herrin mit dem dicken Kopf‘ gesteckt, denn sie wurden ‚esch Scheba et Thar‘, der Löwe der Blutrache, und seine Frau genannt.“

VIERTES KAPITEL
    Auf dem Tigris
    Der im vorigen Kapitel erzählte Ausflug nach den Schammarbergen wurde wegen seiner episodischen Eigenschaft von mir nur kurz behandelt, weil ich über die Wüsten Arabiens in einem spätem Band ausführlicher schreiben werde und hier eigentlich nur von unsern Erlebnissen während unsers Ritts nach Persien berichten will. Ich überließ es Halef, seiner Hanneh und den Haddedihn eine sehr oft wiederholte Beschreibung anderer großer und, wie er sich ausdrückte, vor- und nachweltlicher Heldentaten zu geben, und war dabei überzeugt, diese Aufgabe in die richtigen Hände gelegt zu haben. Als dann nach zwei oder drei Tagen dieses Thema erschöpft war, fand er Zeit, um auch von Persien zu sprechen. Der liebe kleine Kerl hätte mich diese Reise auf keinen Fall ohne seine Begleitung unternehmen lassen; ja, er wollte sogar Kara Ben Halef, seinen Sohn, gern mitnehmen und wurde von diesem Gedanken nur durch meine wiederholte Darlegung abgebracht, daß dieser noch zu jung für eine so lang andauernde Anstrengung sei und mir eher Schaden als Nutzen bringen würde. Auch Omar Ben Sadek wollte mit, und verschiedene Haddedihn boten sich an. Ich hatte Mühe, ihnen zu beweisen, daß sich zwei einzelne Männer auf einer solchen Reise viel leichter, freier und auch sicherer bewegen können als ein zahlreicher Reitertrupp, welcher überall Aufsehen erregt und dessen Erhaltung mehr kostet, als meine Mittel mir gestatteten.
    Es war also bestimmt, daß ich mit Halef allein ritt. Ich sollte Assil Ben Rih bekommen, welcher jetzt ganz dasselbe Geheimnis wie mein Rih, sein Vater, hatte, und Halef wollte die Stute Mohammed Emins nehmen. Ich redete ihm dies aus, weil ein Schimmel durch seine auffallende Farbe leicht gefährlich werden kann. Ein weißes Pferd ist aus sehr großer Entfernung zu erkennen, und ich wußte aus Erfahrung, wie vorteilhaft es ist, wenn man einen Feind eher entdeckt, als man von ihm gesehen wird. Als ich auch das Alter dieses Pferdes in Erwähnung brachte, sagte Halef:
    „Oh, die Stute ist noch ganz dieselbe, die sie war, als wir sie zum erstenmal sahen; aber du hast recht, Sihdi, wir können kein helles Pferd brauchen. Ich weiß von früher her, wie gut es oft für uns war, wenn wir verborgen blieben. Ich muß auch einen Rappen haben, und – ich habe einen!“
    Er legte auf die letzten drei Worte eine so schwere Betonung, daß ich fragte:
    „Und wohl was für einen, lieber Halef?“
    „Ja. Du hast ihn noch gar nicht gesehen; ich wollte dich überraschen. Es ist ein echter

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