2012 – Das Ende aller Zeiten
miteinander, telefonisch. Sie sagte, sie esse auf »Lindsays Anwesen« und würde ein Wort für mich einlegen. Ich sagte Danke. Dann nahm ich das Vicodin. Um elf rief Taro an. Er sagte, Marena habe mit ihm gesprochen, undihm sei der gleiche Gedanke ebenfalls schon gekommen. Mehr über das Projekt mitteilen könne er mir nicht, sagte er, aber er werde ein Wort für mich einlegen.
Ich lag die ganze Nacht wach und quälte mich. Um Punkt sieben Uhr stand ich wieder im Labor. Sic war nicht da. Ich fragte immer wieder nach ihm, wollte ihn zu einem Spiel herausfordern. A 2 sagte, sie – oder sie – wollten nicht, dass ich noch einmal mit ihm spreche. Vielleicht hatten sie Angst, dass ich ihn umbrachte. Es gelang mir, wieder am Spiel zu arbeiten. Aber ich konnte mich natürlich nicht konzentrieren.
Am nächsten Tag, an Silvester, erklärte Marena mir, dass man mich testen wolle, und wenn ich bestände, käme ich auf die Kandidatenliste. An diesem Abend versammelten sich die Trottel des Stakes, mittlerweile auf über zwanzigtausend Köpfe angewachsen, in der Hyperbowl, um sich auf einem sechs Stockwerke hohen Videoschirm die Kaminansprache des aktuellen Propheten anzusehen. Danach wurde ein Schunkelabend mit der Tabernacle Choir Road Show veranstaltet. Ich wollte wirklich unbedingt dorthin, aber irgendwie schaffte ich es dann doch nicht. Ich blieb auf meinem Zimmer und schaute nach, was sich an der Heimatfront tat. In Indiantown standen die Dinge gar nicht gut. Über die Hälfte der Leute, die ich kannte, war nichts herauszufinden. Anstatt die Flüchtlinge in anderen Städten einzuquartieren – was beim Orkan Katrina Probleme verursacht hatte –, war vom Katastrophenschutzamt bei Camp Blanding ein großes Flüchtlingszentrum errichtet worden, in dem man mittlerweile über zwei Millionen Menschen untergebracht hatte.
In den Blogs ließ sich BitterOldExGreenBeretCracker darüber aus, weshalb die Nation of Islam hinter dem Anschlag stecke, denn Mittwoch sei als Tag der Wiederkunft eines verrückten Wissenschaftlers namens Yakub vorhergesagt, der dort wohl so eine Art Antichrist darstellt. Hell Rot schrieb, dass die Polonium-Partikel mit einer irgendeiner Art smogbildendem System freigesetzt worden seien, das viel zu kompliziert sei, um von einem unabhängigen Hacker / Terroristen / Was-auch-immer entwickelt worden zu sein; der Anschlag sei fast mit Sicherheit von einer Supermacht ersonnen worden, wahrscheinlich unserer eigenen. Eventuell liegt er nicht ganz falsch, aber auf jeden Fall hat er zumindest ein bisschen recht, dachte ich. Das Problem mit den Verschwörungen ist nicht, dass es überhaupt keine gäbe. Es gibt sie zuhauf. Auf jede echte Verschwörung hinter der Situation X kommen aber leider mehrere tausend falsche Theorien, von denen einige sogar von den echten Verschwörern in die Welt gesetzt werden. Die wirklichen Wahrheiten werden von so vielen Halbwahrheiten getarnt, dass es selbst Jahrzehnte später noch immer fast unmöglich ist herauszufinden, was tatsächlich geschah. Nur dieses Mal ist es vielleicht anders …
Die Tests begannen am 2. Januar. Ich dachte, wenn ich mir wirklich Mühe gäbe, könnte ich hier besser abschneiden als jeder andere. Stattdessen zeigte sich, dass ich es gar nicht mehr in der Hand hatte. Damit meine ich, es ging dabei hauptsächlich darum, wer ich bereits war. Es begann mit sechs Stunden medizinischer Untersuchung und Tests der kardiovaskulären Fitness. Sah man von meiner lebensbedrohlichen Behinderung ab, war ich in einer Form, die man mit 2+ beschrieb, und das nicht etwa, weil ich so sein sollte oder sportliche Übungen mochte, sondern weil man als Bluter entweder in guter Verfassung ist oder den Löffel abgibt. Vierzehn Stunden psychische Tests folgten, darunter Gedächtnis (leicht), sequenzielle und räumliche Rätsel (fast genauso leicht), linguistische Proben (noch immer ziemlich einfach), emotionale Prüfungen (bei denen ich annahm, dass ich wie üblich durchrasselte) und zwischenmenschliche Fähigkeiten, indem man zum Beispiel darüber zu urteilen versuchte, ob jemand auf einem Video log oder nicht (völlig unbegreiflich). Dann nahmen sie eine weitere emotionale Einschätzung vor, bei der sie mich verkabelten und mir Videos von kranken Kindern und in die Eingeweide geschossenen Hunden vorspielten, als wäre ich Alex DeLarge. Dann kamen personalisierte Tests, einschließlich der Chose mit dem Polygrafen, wobei man bestimmen wollte, wie entschlossen ich war und
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