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2012 – Das Ende aller Zeiten

2012 – Das Ende aller Zeiten

Titel: 2012 – Das Ende aller Zeiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian D’Amato
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abschritten, und weiter draußen in der grünen Zone zogen bich ha , Kanadakraniche, in steifbeinigen Kolonnen umher wie das raureifüberzogene napoleonische Heer. Rotschulterstärlinge stiegen mit starren Flügeln auf und quietschten dabei wie sämtliche rostigen Scheunentorangeln des Mittleren Westens zusammen, und ein paar Sekunden lang konnte man zwischen diesen Hitchcock-Vögeln nur ein paar Fleckchen blauen Himmel sehen, dann trafen sie eine neue kollektive Entscheidung und ließen sich wieder nieder. Nacananomacob, dachte ich. Nephelokokkygia . Wolkenkuckucksheim.
    Wir stiegen in diese andere Art von Luft hinab, wie man sie an hoch gelegenen Seen findet, wo es so feucht ist, wie es nur sein kann, aber die Luft so dünn, dass sie kaum Wasser aufzunehmen vermag. Da unten sah man dann, wie urbanisiert die Gegend war. Die besseren Inseln hatte man bebaut, bis sie prallvoll waren wie der Mont Saint Michel. Die Leute waren gezwungen, ihre Hütten immer weiter in den See zu bauen, auf Steinhaufen, auf Stelzen oder, wie es schien, auf nichts. Übrigens war Groß-Teotihuacán, wie es bei Großstädten meistens ist, zu fünfundneunzig Prozent eine Barackenstadt. 12-Kaiman sagte, dass viele von diesen Leuten auf Stütze lebten, also von verschiedenen Sippen und Mitgliedern diverser Sozialhilfegemeinschaften abhängig waren. Angeblich war die Rasslerstütze eine der üppigsten. Sie verteilten lange geflochtene Maniokkuchen ähnlich wie Churos, und sie bezahlten dafür direkt aus Spenden und Wahrsagerhonoraren. Ungefährsechzig Meter über dem See kamen wir an einer Isobare vorbei, und die Luft erhielt einen neuen Klang. Ein kos , ein Lachfalke, schnappte nach ein paar grünen Krickenten, aber sie schlugen mit den Flügeln, quakten und entkamen. Gruppen grüner Eisvögel hatten es auf die Jungtiere abgesehen. Ein Fischadler platschte ins Wasser, blieb eine Minute lang mit dem Kopf unten und kam mit leerem Schnabel wieder hoch. Zwei halach pocob , Jabiru-Störche mit schwarzem Kopf, weißem Leib und rotem Kragen pusselten wie Dominikanerinnen mit durchgeschnittener Kehle im Schilf herum und wirkten unbesorgt, als wüssten sie, dass die Strafe für ihre Erbeutung der Tod durch Penisamputation war.
    Wir sahen ermüdend viele Inkatäubchen und einen dreifachen Überschuss an Tauben. Hier gab es Tiere, von denen ich nicht mal eine Abbildung gesehen hatte, und sie waren nicht im Jugend- oder Brutkleid oder dergleichen. David Allen Sibley hätte einen Herzinfarkt bekommen. Ich schätze, die konnte ich nicht auf meine Artenliste setzen. Die NAS würde sie nicht nutzen. Unter uns lärmte eine Menschenmenge, und als wir daran vorüberkamen, stellte sich heraus, dass trotz der angespannten Atmosphäre ein Amateur-Ballspiel im Gange war. Sie schlugen eine große Holzkugel mit krummen Stöcken, die wie Hurlingschläger aussahen. Wir ließen das Spiel hinter uns und mischten uns unter den Strom maskierter Bittsteller rings um lange, schleifenförmige Rampen. Die meisten trugen Knochenkörbe. Das heißt, sie brachten die Skelette ihrer Eltern in das Beinhaus der ewigen Stadt, damit diese den geheiligten Gründern ihrer Sippen aufwarten konnten. Und noch immer waren überall Vögel. Man sollte meinen, dass hier niemand je zu hungern brauchte. Man musste nur die Hand heben und konnte sich ein Mittagessen aus der Luft greifen. Und offenbar kamen auf tausend erlegte Vögel zehntausend neue.
    Zumindest schien es, als dachten so die menschlichen Bewohner. Wir kamen an etlichen hundert Werkstätten vorbei, die in den Höfen niedriger weiß verputzter Lagerhäuser unter freiem Himmel standen, und in zwei von drei wurden Federn verarbeitet. Die Fallensteller rissen die lebenden Vögel aus ihren aufgerollten Netzen, brachen ihnen den Hals und stapelten sie zu Haufen, während ein Buchhalter eine Zählmarke in einen von mehreren Töpfen fallen ließ und die allgemeine Zählung an einer Knotenschnur festhielt. Eine Frau nahm sie aus und häutete sie, und eine andere rupfte und wusch und sortierte. Es war wie eine präfordsche Fließbandarbeit, bei der jeder nur ein paar Handgriffe tun musste. Manche Familien waren darauf spezialisiert, geschützte Tiere lebendig zu rupfen, und wenn man daran vorbeikam, hörte man nichts anderes mehr als die Schreie der Reiher und Chacalacas, die Höllenqualen litten. Wir sahen sie zu Tausenden in den Höfen herumlaufen, an toten Fischen und Maisabfällen herumpicken und dabei mit den nackten Flügelstümpfen

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