2012 – Das Ende aller Zeiten
den Zeh anstößt, schießen die Getreidepreise in den Himmel. Andererseits, wenn wir uns auf den Dritten Welt-was-auch-immer zubewegten, würden die Optionen nicht erfüllt werden. Bargeld konnte seinen Wert verlieren. Und selbst Gold und Palladium und alles Mögliche kann bei einem echten Börsencrash fallen, weil ein großer ökonomischer Schock allen …
»Mom?«, rief Max gleich neben meinem Ohr. »Guck mal, ich bin in die Neunte Hölle gekommen! Mom!«
»Ich kann es mir gerade nicht ansehen«, erwiderte Marena. »Aber es ist toll.«
»Ja, wirklich beeindruckend«, pflichtete ich ihr bei.
»Ich sehe es mir an, wenn wir angekommen sind«, sagte Marena. »He, hast du die gesehen?« Zwei Aeroscraft-Zeppeline glitten über uns hinweg; ihre Ankertaue hingen herunter wie die Barteln von Katzenwelsen.
Max schaute hin, dann senkte er wieder den Kopf, tauchte erneut in das Universum des Spiels ein und stieg nach Bolgia Nono ab. Ich rief auf meinem Netphone die Zivilschutz-Site des Heimatschutzministeriums auf …
RATEN ALLEN PERSONEN, DIE GERADE UNTERWEGS SIND, SICH NACH SÜDEN ODER SÜDWESTEN ZU WENDEN
, ermahnte die Laufschrift. Na, genau das taten wir. »
ANDERE PERSONEN SOLLTEN IN IHREN HÄUSERN, BÜROS ODER SONSTIGEN UNTERKÜNFTEN BLEIBEN
.«
Hölle.
Ich loggte mich in mein eigenes Sicherheitssystem in Indiantown ein. Die Türen waren noch immer verschlossen, der Generatorbrummte vor sich hin, und was die Kameras zeigten, sah okay aus. Ich las die Messwerte aus den Becken. Verdammt. Mein Zuchtbecken mit Phyllodesmium serratum war krank, krank, krank. Die Ammoniakkonzentration lag viel zu hoch. Jahrelang hatte ich an den Anlagen gepfriemelt, damit ich sie mal für eine Woche sich selbst überlassen konnte, aber praktisch hatte es nie funktioniert. Wo zum Teufel steckt Lenny, dachte ich. Noch drei Tage, und da drin geht es zu wie auf Love Canal II . Ich loggte mich bei meinem Haufen auf StrategyNet ein. Nur zwei waren online, beide in Japan. Bitte helft mir bei der Analyse der Daten bzgl. der gegenwärtigen Vorgänge in Orlando, Fl. , gab ich ein. Wir sind mittendrin, und ich leite alle neuen Erkenntnisse sofort weiter. Dringend. Danke. Jsonic.
Wir fädelten uns auf die 95 Richtung Süden ein. Der Verkehr auf der vierspurigen Strecke war dichter als sonst, aber gar nicht so schlimm, wenn man bedenkt, dass das Ende der Welt bevorstand. Und auch die Stimmung schien ziemlich normal zu sein, urteilte man nach der Fahrweise der Leute. Hmm. Was man kaufen sollte, dachte ich, ehe es da draußen richtig haarig wird, sind Waffen. Ich ging wieder auf die Site von Schwab und ordnete den Verkauf von jeweils dreitausend Aktien von Halliburton, Bechtel und Raytheon. Nachträglich setzte ich noch ein paar Hundert auf GE . Die Sache schien durchzulaufen, doch dann bekam ich die Mitteilung, dass der Handel ausgesetzt worden sei. Verdammt. Ich faltete die kleinen Tastaturen zurück. Sie rasteten mit diesem süchtig machenden Klicklaut ein. Ich sah mich um. Im wirklichen Leben, meine ich. Mir kam es vor, als kreischte ein Flugzeug über uns hinweg, aber ich wollte nicht die Fenster herunterlassen, nur um besser hören zu können. Tja, langsam wird es ein wenig unbehaglich, dachte ich. Könnte der richtige Augenblick sein, um Ms Park männlich-beruhigend an der Schulter zu berühren. Andererseits biss sie mir vielleicht einen Finger ab, wenn ich sie anfasste …
»… spielt keine Rolle, das ist prima«, sagte sie ins Netphone. »Einfach auf einer Liege zusammenrollen. Okay.«
»Hey, dahin«, sagte Max zu jemandem im Neo-Teoversum. »Da drüben. Blister ist zusammengebrochen.«
»So, kennen Sie die Firma, die dieses Hotel auf der Collins Avenuehat, das Roanoke?«, fragte mich Marena. »Sie kümmern sich um uns. Allerdings bekommen Sie vielleicht ein wirklich kleines Zimmer.«
Ich sagte, das klinge großartig. Allerdings sah es bei diesem Tempo nach ungefähr fünf weiteren Stunden im Auto aus. Wir kamen an einer Werbetafel vorbei, die das Arthropoden-Erlebnis auf Parrot Jungle Island anpries. Sie zeigte einen Clip, in dem ein Scolopender-Hundertfüßer auf die Kamera zustürmte. Hinter uns legte sich eine Schale aus schmutzigem Regen über die niederschmetternd sonnige Sumpflandschaft.
Mir fiel etwas ein.
»He, mir ist ein Gedanke gekommen«, wollte ich sagen. »Diese Sache mit …«
»Aigo jugeta«, sagte Marena, als sie auf den Armaturenbildschirm schaute. Die Satellitenbeobachtung hatte herangezoomt, ganz wie Marena
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