2012 - Die Prophezeiung - Alten, S: 2012 - Die Prophezeiung - Phobos
Minuten auf der Dammstraße sind.«
Chichén Itzá
Die uralte Hauptstadt der Maya dampft in der Hitze unter einem wolkenverhangenen Himmel, und die Tatsache, dass der Schatten der Schlange nicht zu sehen ist, dämpft die Begeisterung der 78 000 Besucher, von denen sich die meisten um die Kukulkan-Pyramide versammelt haben.
Michael Gabriel verlässt die Promenade und reiht sich in den Touristenstrom ein, der sich in Richtung Norden durch den Dschungel zur heiligen Cenote wälzt. Auf Yukatan bilden Hunderte natürliche Sickergruben das wichtigste Süßwasserreservoir. Sie entstanden vor 65 Millionen Jahren, als ein Asteroid mit einem Durchmesser von etwa zwölf Kilometern auf die Erde stürzte, den Meeresboden zerschmetterte und das unterseeische Kalksteinbecken des Golfs mit unzähligen Rissen durchzog. Als die Landmasse von Yukatan später aus dem Meer aufstieg, wurden diese Risse zu unterirdischen Süßwasseradern, die den Indianern Mittelamerikas das Leben auf der Halbinsel ermöglichten.
Die Lichtung liegt direkt vor ihnen. Die Kalksteingrube ist rund, sehr groß und weiß. Mick wartet hinter
einer Gruppe schwitzender Touristen, die sich langsam zu einem Beobachtungspunkt am Rand der Sickergrube bewegt. Nach zehn Minuten ist er an der Reihe. Die Menge teilt sich, und er kann an das Erdloch herantreten, das laut Chilam Balam und dem Popol Vuh der Maya das Tor zur Unterwelt darstellt.
Der siebenunddreißig Jahre alte Archäologe starrt vielleicht schon zum tausendsten Mal in die Cenote. Sie fällt steil achtzehn Meter tief bis zu dem auf dem Grund stehenden olivgrünen Wasser ab; ihre geschwungenen Wände sind von dichter Vegetation bedeckt.
Ein Zittern lässt seine Haut kribbeln. Einen kurzen Augenblick lang glaubt er, dass die Bewegungen der vielen Menschen für das Vibrieren der Erde verantwortlich sind, denn es fühlt sich an, als stünde er neben den Schienen eines sich nähernden Zuges.
Doch dann sieht er, wie das Wasser in der Cenote Blasen wirft.
Ein Erdbeben? Er sieht sich um, verwirrt und zugleich aufgeregt.
Frauen schreien, Männer deuten auf etwas.
Michael Gabriel sieht gerade noch rechtzeitig nach unten, um zu sehen, wie das schäumende Wasser der heiligen Cenote durch einen natürlichen Erdspalt abfließt, als handle es sich um eine Toilette.
Washington, D. C.
Der Oberkellner knipst sein Lächeln an, als der viertmächtigste Mann der Vereinigten Staaten das angesagte französische Restaurant betritt. »Bonsoir, Monsieur Borgia.«
» Bonsoir, Felipe. Ich glaube, man erwartet mich bereits. «
» Oui, certainement. Wenn Sie mir bitte folgen wollen. « An Tischen mit Kerzenbeleuchtung vorbei führt ihn der Oberkellner zu einem privaten Raum neben der Bar. Er klopft zweimal an die äußere Doppeltür und wendet sich dann an Borgia. »Ihre Gesellschaft wartet.«
»Merci.« Borgia schiebt einen Zwanzigdollarschein zwischen die behandschuhten Finger, als die Doppeltür nach innen aufschwingt.
»Pierre, kommen Sie rein.« Charlie Myers, einer der Vorsitzenden der Republikanischen Partei, schüttelt Borgia die Hand und klopft ihm herzlich auf die Schulter. »Verspätet wie immer. Wir haben schon zwei Runden Vorsprung. Bloody Mary, richtig?«
»Ja, danke.« Wie im übrigen Restaurant sind auch hier die Wände mit dunkelbraunem Walnussholz verkleidet. In dem schalldichten privaten Besprechungsraum steht ein halbes Dutzend Tische mit weißen Tischtüchern, von denen nur einer besetzt ist.
Joseph Randolph legt einen Arm um seinen Neffen, während er sich mit dem anderen auf seinem Stock abstützt. »Lucky Pierre – oder sollte ich dich ›verehrter Außenminister‹ nennen? Washington scheint dir gutzutun. Du hast offensichtlich ein paar Pfund zugelegt.«
Borgia errötet. »Wirklich nur ein paar.« »Willkommen im Club.« Ein stämmiger Mann steht vom Tisch auf und reicht Borgia die Hand. »Peter Mabus, Mabus Enterprises, aus Mobile, Alabama.«
Borgia kennt den Namen des Rüstungsunternehmers, der Regierungsaufträge erhält. »Schön, Sie zu sehen.«
»Die Freude ist ganz auf meiner Seite. Setzen Sie sich und lassen Sie mal ordentlich Dampf ab.«
Charlie Myers bringt Borgia seinen Drink. »Gentlemen, wenn Sie mich entschuldigen wollen. Ich muss mal für kleine Jungs.«
Randolph wartet, bis Myers den Raum verlassen hat. »Pierre, ich habe letzte Woche deinen Vater in Rehobeth besucht. Wir alle sind sehr aufgebracht darüber, dass du nicht Vizepräsident geworden
Weitere Kostenlose Bücher