2012- Die Rückkehr
Nichts Wichtiges. Ich wollte dir nur sagen, wie sehr wir uns alle freuen, dich und Sam nächstes Wochenende zu sehen. Gib uns kurz Bescheid, wenn du ankommst.«
»Computer, Nachricht eins löschen. Nachricht zwei abspielen.«
Christopher Laubin, Laurens Vulkanologie-Professor, erscheint auf dem Bildschirm. »Guten Tag, Ms. Beckmeyer. Dies ist nur eine kurze Erinnerung daran, dass das Stipendien-Komitee Sie nächsten Montagmorgen um halb
acht in der Clinton Hall in Zimmer 213 anhören wird. Verspäten Sie sich nicht.«
»Ich verspäte mich nie. Computer, Nachricht zwei mit BECKMEYER VERSTANDEN beantworten. Nachricht drei abspielen.«
Sams Gesicht erscheint auf dem Bildschirm; ihr Verlobter ruft sie übers Handy an. »Hey, Babe. Tut mir leid, dass ich so spät dran bin, aber die Jungs aus der Mannschaft und ich mussten erst das übliche Ritual nach dem Spiel hinter uns bringen. In zwanzig Minuten bin ich da. Dann werde ich mich ein bisschen um deine Brüste kümmern. Ich liebe dich.«
Verdammt … Sie steht auf, schält sich aus ihrem neonorangefarbenen Bodysuit und tritt unter die Dusche. Warmes Wasser strömt über ihren Körper, während sich automatisch die Türen der Duschkabine schließen.
ES IST ZEIT FÜR IHREN MONATLICHEN MELANOM-CHECK.
»Dann bringen wir ihn hinter uns. Dieser ständig nörgelnde Computer nervt.«
Sie sieht nach unten, während die Duschsensoren ihren Körper scannen. Ihr Bauch ist straff, und ihre Beine sind vom täglichen Training im Sportzentrum hart wie Fels. Sie fragt sich, ob es Sam lieber wäre, wenn sie größere Brüste hätte.
»Computer, Temperatur um drei Grad erhöhen.«
Das Wasser wird wärmer, und die pulsierenden Duschköpfe massieren die Spannung aus ihren Muskeln.
Soll ich auf Sam wütend sein oder einfach nur enttäuscht? Sein Interview mit dieser Frau von ESPN gleich nach dem Spiel fällt ihr wieder ein, und sie kommt zu dem Schluss, dass ein bisschen von beidem angemessen wäre.
Zwei Melanom-Monitore, die in die Kacheln eingearbeitet sind, fangen an zu blinken. Sie dreht sich langsam
um die eigene Achse, sodass das Gerät sie auf Hautkrebs untersuchen kann.
KEINE MELANOME VORHANDEN. DERMO-SCHILD SOLLTE IN ZWEIUNDZWANZIG TAGEN ERNEUERT WERDEN.
Eine dreidimensionale Werbung für eine nahegelegene Dermo-Schild-Klinik erscheint in der Dusche.
Plötzlich verstummt der dazugehörige Ton.
ACHTUNG. SIE HABEN EINE EINTREFFENDE NACHRICHT AUS DEM YELLOWSTONE-PARK.
»Ich nehme sie im Schlafzimmer entgegen.« Lauren tritt aus der Dusche und trocknet sich mit einem vorgewärmten Handtuch ab. Professor William Gabeheart, der assoziierte Leiter von Laurens Fachbereich, hat im Augenblick ein Sabbatjahr. Er unterrichtet vor Ort den Fernkurs Geologie 434: »Die Auswirkungen der Yellowstone-Caldera auf Geysire, Fumarolen und heiße Quellen.« Lauren ist Gabehearts Graduierten-Assistentin und Unterrichtskoordinatorin.
Der Yellowstone-Nationalpark ist der Allgemeinheit vor allem wegen seiner Geysire, seiner heißen Schlammgruben und kochend heißen Quellen bekannt, doch für Wissenschaftler ist er vor allem der Ort der größten und gefährlichsten Caldera der Welt. Tief unter der Erdkruste des Parks befindet sich ein sogenannter »Hotspot«; auf der ganzen Welt gibt es nur wenige Dutzend davon. Magma und gewaltige Hitze steigen von dieser vulkanischen Stelle nach oben, drücken gegen die Unterseite der nordamerikanischen Kontinentalplatte und versorgen die Geysire, heißen Quellen und Fumarolen mit Energie.
Der Hotspot unter dem Yellowstone-Park ist für drei der heftigsten vulkanischen Erschütterungen der Erdgeschichte verantwortlich; die erste ereignete sich vor
2,1 Millionen, die zweite vor 1,2 Millionen und die letzte vor 630 000 Jahren. Die Eruptionen haben zusammengenommen sechstausend Kubikmeilen Gestein ausgeworfen, wobei der Ausstoß an Lava die Gipfel der Vulkane einstürzen ließ und es zur Bildung von drei riesigen Calderas oder Absenkungen kam. Die Calderas liegen unter massiven Strömen aus erkalteter Rhyolit-Lava, die im Laufe der letzten 150 000 Jahre bei kleineren Eruptionen entstanden sind.
Als Lauren das Schlafzimmer erreicht, wickelt sie sich ein Handtuch um die Hüften und streift ein Sweatshirt mit der Aufschrift UNIVERSITY OF MIAMI über. »Okay, Computer, Anruf durchstellen.«
Der Monitor auf ihrem Nachttischchen erwacht zum Leben und zeigt das Bild Bill Gabehearts. Der Professor ist zweiundvierzig Jahre alt; er hat seine braune Haarmähne fein
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