2012- Die Rückkehr
Plaza Hotel und Kasino ist eine L-förmige Monstrosität aus schwarz getöntem Glas und blutroten Neonlichtern, die sich an der Strandseite des Ocean Drive über volle fünf Häuserblocks entlangzieht. Die oberen sechs der dreiunddreißig Stockwerke sind üppig ausgestatteten Suiten vorbehalten, die dauerhaft an Filmstars, Politiker, Bankiers und ausländische Würdenträger vermietet werden. Jeder, der sich die Miete von jährlich fünf Millionen Dollar leisten kann, darf sich auf die entsprechende Liste eintragen lassen. Die Wartezeit beträgt sieben Jahre. Wer dazu nicht in der Lage ist, könnte sich achtzehn Monate im Voraus in den Stockwerken sieben bis siebenundzwanzig ein Hotelzimmer reservieren, wobei jedoch ein nichtrückzahlbarer Betrag von fünftausend Dollar sofort fällig wird. Wem das immer noch zu teuer ist, der kann sich stundenweise ein Zimmer mieten. Zweihundert einfache Schlafzimmer befinden
sich auf den Stockwerken vier bis sechs und stehen rund um die Uhr den Kunden des Mabus-Bordells zur Verfügung, einer staatlich lizenzierten Einrichtung, die den größten Teil des fünften Stockwerks einnimmt. Für Geschäftsleute gibt es zwischen 11 Uhr vormittags und 18 Uhr abends Spezialangebote. »Blaue-Nüsse-Montage« bieten zehn Prozent Rabatt, am Dienstag gibt es, weil es der zweite Tag der Woche ist, gleich zwei Damen zum Preis von einer (für eine menage à trois ), der Mittwoch ist ohnehin der Tag der kunterbunten Vögelei, und die »Fantasie-Donnerstage« runden den Reigen der Wochentage ab, an denen jeder Freier gern gesehen ist. (Freitag bis Sonntag sind für Mitglieder des »Platinkondoms« reserviert.)
Die ersten drei Stockwerke des Mabus-Komplexes sind ausschließlich dem Glücksspiel gewidmet. In den ersten beiden Stockwerken verliert das allgemeine Publikum sein Geld. Das dritte Stockwerk ist privater und streng für VIPs und Leute mit wirklich viel Geld reserviert; dorthin kommt man nur auf Einladung.
Hier, an diesem »Rückzugsort der Reichen und Dekadenten«, findet man nichts vom Glitzern und Funkeln der Kasinos im Stil des alten Las Vegas. Hier sind die strahlenden Lichter (fast) erloschen, und die Dunkelheit hat Einzug gehalten. Karmesinrote Seide und ebenholzfarbener Samt bedecken Wände und Böden in Stockwerk drei, Rauchglasspiegel ziehen sich über die Decke. Die Hälfte der Würfel- und Black-Jack-Tische stehen als Inseln in gigantischen heißen Pools. Kostspielige »rosa Abenddamen«, die High Heels tragen (und sonst kaum etwas), verkaufen Alkohol, Drogen und schließlich auch sich selbst, denn jede dieser nelkenfarbenen Schönheiten kann stundenweise oder für gewisse Aktionen gemietet werden (je nachdem, womit man schneller ans Ziel »kommt«).
Baccarat-Spieler an Tischen mit einem Mindesteinsatz von einhunderttausend Dollar empfangen ihre sexuellen Dienste oft während des Spiels, wenn die Damen die nackten Genitalien ihrer Kunden unter dem überhängenden Seidentischtuch verwöhnen.
Willkommen im Mabus Plaza Hotel und Kasino - einer Lasterhöhle, die pro Stunde etwa eine Million Dollar einbringt -, dem Juwel von Lucien Mabus’ florierendem Finanzimperium.
Für Danny Diaz und seine Braut Sia, die eben geheiratet haben, ist der Ort zu einer ganz privaten Hölle geworden.
Das junge Paar aus Cocoa Beach hatte seinen Hochzeitstermin um acht Monate verschoben, damit die beiden ihre »Flitterwochen im Mabus« feiern konnten. An ihrem ersten Tag hatte Fortuna sie in Gestalt eines nachmittäglichen Gewitters besucht, wodurch sie gezwungen waren, »Kaiser Neros Dekadenz am Strand« zugunsten eines Tages im Kasino aufzugeben. Bekleidet mit Satinroben, die ihnen das Hotel kostenlos zur Verfügung stellte, hatten die beiden die folgenden sieben Stunden und länger mit einer erstaunlichen Glückssträhne am Roulettetisch verbracht. Sia hatte über 30 000 und Danny weitere 21 400 Dollar gewonnen. Trunken vor Freude hatten sie sich zu einem kurzen Zwischenspiel mit Sandwiches und Sex in ihr Hotelzimmer zurückgezogen und waren dann wieder ins Kasino geeilt, während die Vision einer Anzahlung auf ein vier Schlafzimmer umfassendes Traumhaus am Strand durch ihre berauschten Köpfe tanzte.
Doch Fortuna ist eine launische Herrin, und am Samstagmorgen hatte das frisch verheiratete Paar nicht nur alle seine Gewinne wieder verspielt, sondern auch die 7200 Dollar Bargeld, die eigentlich für andere Ausgaben während ihrer Flitterwochen gedacht waren. Darüber hinaus hatte Danny seine
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