2012- Die Rückkehr
befinden uns im vorderen oberen Abschnitt, der zur Kommandobrücke führt. Die Wände sind genau genommen Schnittstellen, die mit einem zentralen Steuerungscomputer verbunden sind. Der Steuerungscomputer selbst reagiert auf die Frequenz unserer Hunahpu-Gedankenenergiemuster.«
»Gibt es in diesem Ding auch eine Dusche?«
Jacob lächelt. »Hier gibt es alles. Aber das Erstaunlichste ist, dass es sich dabei nicht einfach nur um ein
Raumschiff handelt, sondern um einen lebendigen Maschinen-Organismus.«
»Einen was?«
»Eine künstliche Intelligenz. Im Zentrum des Schiffs befindet sich sein Gehirn - ein kristallines biologisches Organ, das in einer Art Fischglas von der Größe eines Lastwagens ruht. Aus dem Hirnstamm laufen Milliarden mikroskopischer Stromkreise und exotischer Metallleitungen, die wie Blutgefäße bis in die letzten Quadratzentimeter des Schiffs reichen. Das Schiff liest nicht nur meine Gedanken, manchmal habe ich sogar das Gefühl, dass es mir antwortet.«
»Und das alles wurde von den Hütern geschaffen?«
»Nein. Das Schiff wurde ihnen nur überlassen. Ich habe keine Ahnung, von wem.«
Der Korridor endet in einer mächtigen zwiebelförmigen Kontrollkammer. Die abgerundeten Wände strahlen ein schwaches Stahlblau aus. In der Mitte der kathedralenartig gewölbten Decke befindet sich eine Passage, die einen Meter fünfzig breit ist und wie ein Kamin senkrecht in die Höhe ragt.
»Ist das Schiff … funktionstüchtig, Jake?«
Jacob steht mit geschlossenen Augen in der Mitte des Raums.
Über seinem Kopf blinkt ein bleistiftdünnes blaues Laserlicht auf, dessen Strahl bis zu seinem weißen Haar reicht.
Manny zuckt zurück, als der Raum plötzlich zum Leben erwacht. Blaue LEDs leuchten hinter den getönten Wänden und unter den Bodensegmenten auf. Unzählige Leitungen und Stromkreise, Maschinen und biochemische Plasmaröhren werden sichtbar.
»Hör zu und lerne. Wir werden das die erste Lektion in Hüter-Astronomie 101 nennen.«
Unmittelbar über dem Boden erscheint eine dreidimensionale Projektion; es handelt sich um das Bild einer Spiralgalaxie, die sich wie ein leuchtendes kosmisches Feuerrad in der gewaltigen Leere des Raums dreht und mehr als 500 Milliarden stecknadelkopfgroße Lichter langsam um den Strudel in seinem Zentrum rotieren lässt.
»Willkommen in der Milchstraße.« Jacob deutet auf die galaktische Ausbuchtung, einen funkelnden kosmischen Staubwirbel. »Computer, das galaktische Zentrum sechsfach vergrößern.«
Wie bei einem schwindelerregenden Zoom erweitert sich die galaktische Ausbuchtung so sehr, dass sie den gesamten Raum ausfüllt.
Immanuel steht mitten in der Projektion und blickt hinab auf einen dreidimensionalen, pennygroßen Nebel aus feuerroten und orangefarbenen Sternen, die allesamt dicht beieinander das Herz des rotierenden Mahlstroms umkreisen.
Genau im Zentrum der Galaxie befindet sich ein schwarzes Loch. Wie die langsam sich drehende Nabe eines Rades scheint das schwarze Loch die gesamte Galaxie um sich herumwirbeln zu lassen, wobei es gelegentlich einen der winzigen Sterne in seinen monströsen onyxfarbenen Abgrund reißt.
»Das schwarze Loch ist das Kraftwerk unserer Galaxie. Wie beim Kern eines großen Atoms dienen seine Gravitationskräfte als eine Art Kitt, der die massereichen Sternencluster in ihren Bahnen hält. Doch jenseits dessen, was das menschliche Auge sehen kann, jenseits der dreidimensionalen Verhältnisse, wird deutlich, dass das schwarze Loch noch eine viel bedeutendere Funktion hat. Computer, Darstellung umkehren.«
Sofort erlischt das Licht der Sterne, und ihr vorheriges Leuchten verwandelt sich in einen tiefen Purpurton, als würden sie mithilfe von Schwarzlicht beleuchtet.
Manny starrt das schwarze Loch an, das jetzt smaragdgrün schimmert. Aus seinem langsam sich drehenden Gravitationswirbel entspringen winzige Ströme - Energieadern, die sich wie kosmische U-Bahn-Tunnel nach außen durch die dunklen Himmel der Milchstraße ziehen.
Von diesen Gravitationsadern zweigen Kapillaren ab, die karmesinrot schimmern. Im Gegensatz zu den größeren, dickeren Adern scheinen sich diese dünnen Fasern eigenständig durch den dunklen Raum zu bewegen, wobei ihre freien Enden um das kosmische Rad herumwirbeln und hin und her rotieren wie Zweige, die sich in einem Abzugskanal verfangen haben.
»Jetzt siehst du die Milchstraße so, wie sie im Nexus erscheint. Schwarze Löcher, die heute das Zentrum von Galaxien bilden, entstanden in den
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