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2012 - Tag der Prophezeiung: Roman (German Edition)

2012 - Tag der Prophezeiung: Roman (German Edition)

Titel: 2012 - Tag der Prophezeiung: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian D'Amato
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dass in den gelben und roten Vierteln noch immer so etwas wie Kämpfe tobten. Außerdem fanden ein paar glanzlose Einzelgefechte statt, mehr Straßenprügeleien als Kriegführung. Wir stiegen auf die Ebene des Tempelbezirks hinunter, durch eine beinahe unsichtbare Grenzschicht in das Miasma verwesender Leichen, die einen jede Vorstellung übersteigenden Gestank verströmten; es war, als öffneteman das Maul eines Walrosses, das schon einen Monat lang tot am sonnigen Strand lag, und riebe sein Gesicht in die vergorenen Verdauungssäfte und zersetzten Gewebe des Tieres. Ich roch aber nicht nur menschliche Verwesung, sondern auch toten Fisch in den Kanälen, und über allem hing ein schwacher Anisgeruch. Außerhalb meiner kleinen Eskorte wimmelten alle möglichen Leute umher, Angehörige von Kasten und Sippen, die sich nie vermischt hätten, und alles schwankte und rempelte und sagte Dinge, die keinen Sinn ergaben. Einige stolzierten in Luxuskleidung umher, mit Kopfputz, der ihnen nicht gehörte. Etliche Geblüte des Fledermaus-Hauses saßen in einem Kreis beisammen, warfen sich dornenbesetzte Bälle zu und weinten wie kleine Kinder bei einem Wutanfall.
    Vielleicht kauft Koh mich frei, dachte ich. Aber genauso gut war es möglich, dass die Ozelots mich kauften.
    Die Gardisten führten mich an zusammengebrochenen hölzernen Ständen vorbei, um kleine Feuer und Lachen aus Alkohol und Erbrochenem herum und durch die smaragdgrüne Endzone der Ozelots in den Hauptcañon des Hüftballfeldes. Dessen Boden war mit einer Schicht aus Tausenden von rosa Geranienblüten neutralisiert worden, aber davon abgesehen war er ein einziges Chaos voller Kleidungsfetzen und Waffen, und auf allen Tribünen und Plattformen sah ich Blut. Sie trugen mich über einen See aus Blütenblättern zu einer großen Harpyien-Handelsmatte, die im Zentrum der Anstoßzone ausgelegt worden war. 2 JS sah ich nirgendwo, aber aus dem Verhalten der Diener schloss ich, dass er hinter mir war und beobachtete. An den Ufern und an jeder Endzone standen Harpyien-Gardisten, aber mir fiel auf, dass einer von ihnen bewusstlos an seinem Posten lag und zwei andere an seinen nackten Füßen mümmelten, Hautstreifen abrissen und sie mampften. Wie appetitlich, dachte ich. Hinter uns brach ein Kampf aus, und ich schaute mich um, aber es war nur ein anderes Harpyien-Geblüt, das am Boden saß und schrie, mit wirrem Blick und Schaum vor dem Mund. Er begann seine Brüder zu treten, die aufstanden und auf ihn urinierten. Die andere Endzone war fast gänzlich von pyramidenförmigen Leichenbergen erfüllt, um die man sich besser kümmern sollte, was aber niemand tat. Einige der Körper regten sichnoch, aber wenigstens waren es insgesamt mehr Tote als Lebendige. Für die Fliegenhorde war es ein Festtag. Einige Leichen hatte man nicht einmal ihrer prächtigen Gala beraubt. Es war wie auf diesen Fotos von den gefrorenen britischen Offiziersleichen auf der Krim, wo sie diesen ganzen Schnickschnack tragen, aber trotzdem völlig durch den Wolf sind. Durch das östliche V des Platzes sah ich einen Teil der breiten Treppen, die hinauf zum Mattenhaus führten. Alles sah nach den üblen Nachwehen eines wüsten Saufgelages aus. Immer wieder sah man jemanden taumelnd und mit den Armen rudernd tanzen. Harpyien mit Siegesblüten und sich selbst überlassenen Gefangenen; Geblüte, die einander noch vor Kurzem bekämpft hatten – alle saßen regungslos nebeneinander und starrten in nahe Unendlichkeit. Ein kleiner Ozelot-Junge saß auf der Leiche eines Soldaten und pickte sich mit einer Speerspitze immer wieder in die Brust.
    Psyche, dachte ich. Fabelhaft. Und ich habe mir Sorgen gemacht, das Zeug könnte zu sehr verdünnt sein. Nicht dass ich schon aus der Bratpfanne gehüpft wäre. Löst mich aus, dachte ich, löst mich lieber aus. Komm schon, Koh-Baby. Lös mich aus.
    Eine zehnköpfige Unterhändlerdelegation näherte sich von der anderen Seite des Platzes, aber ich konnte nicht erkennen, wer sie waren, weil sie alle neutrale Kleidung trugen. Die Harpyien-Unterhändler setzten mich in die Mitte der Handelsmatte. Schon wieder. Ich fragte mich, ob mein Wert gestiegen oder gesunken war, und versuchte zu sehen, was sich auf der anderen Seite befand, aber da waren nur ein Stapel zusammengebundener Tributbücher und eine Schale mit Tonmarken, die ich mit meinem geschundenen Auge nicht erkennen konnte. Ich hielt mich einen Schlag lang aufrecht und sah, dass unter den Unterhändler-Mantas der

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