2012 - Tag der Prophezeiung: Roman (German Edition)
die Kriegsmatte.
Ich blickte zu 2-Juwelenbesetzter-Schädel hoch. Mit dem Kopf nach unten hing er von einem blau-gelben Gestell, das mit rosa Kaurischnecken besetzt war, und tropfte in ein quadratisches, einen Arm im Geviert messendes Becken aus schwarzem Serpentin. Mit uns waren nur fünf Personen auf dem kleinen Hof: Hun Xoc, Kohs Herold Alligator-Wurzel, mein Necker und seine beiden Helfer. Normalerweise wäre noch ein Publikum zugegeben gewesen, aber diesmal machten wir es nicht zum Spaß. Ich hatte mir Sorgen gemacht wegen HunXocs Anwesenheit, doch wie wir 2 JS behandelten, schien ihn nicht weiter zu bekümmern. Normalerweise wurde von einem erwartet, dass man darum flehte, anstelle seines Adoptivvaters sterben zu dürfen, aber entweder hatte mein schlechter Einfluss genügend auf Hun Xoc abgefärbt, oder er war von sich aus rebellisch genug, um sich darüber hinwegzusetzen. In dem kleinen Himmelsviereck über uns wechselten sich Mittagssonne und Wolkendecke in Zyklen ab, die jeweils zweihundert Schläge lang zu dauern schienen. Um Mitternacht wären es drei Tage seit dem Anschlag, und ich hatte in meinem Bauch dieses Gefühl, das einem aufstößt wie von einem sauren Zigarrenstummel und das nur eintritt, wenn der Schlafmangel bereits in die Warnphase eingetreten ist. Irgendwo in der Nähe bellte ein gemästeter Hund wie ein Telefon, das niemand abnahm, aber davon abgesehen war es völlig ruhig. Doch Ruhe war eine Illusion. Draußen hatte sich die Lage dramatisch verschlechtert.
Ix stand aus hundert Gründen am Rande des Chaos. Nach Kohs Tod hatten bereits ein paar rivalisierende Propheten die Stimme erhoben. Wahrscheinlich arbeiteten sie für die Schnupfer. Einer von ihnen kam aus dem Rassler-Tempel in Ix und versuchte Kohs Nachfolge anzutreten. Zwischen den Rassler-Anhängern und den Schnupfern und den Schädel-Sippen kam es immer wieder zu Kämpfen. 1-Gilas Loyalität war unklar. Am beunruhigendsten von allem war, dass Abgetrennte Rechte Hand mit der Katzen-Allianz nur wenige Tage entfernt stand. Kaum hatte er von Kohs Ermordung gehört, war er im dreifachen Tempo auf Ix marschiert, ohne auf Nachschub oder Verstärkungen zu warten. Wir rechneten natürlich mit ihm, doch seine Geschwindigkeit überraschte uns völlig, und obwohl wir jeden, der konnte, Gräben ausheben und Palisaden errichten ließen, bestand keine große Chance, dass wir uns wirksam verteidigen konnten. Zumindest nicht, solange ich keinen neuen Blasrohrtrupp westlicher Prägung ausbilden und kommandieren wollte. Wozu ich keine Zeit hatte. Bis 9 Feuerstein waren es nur noch fünf Sonnen, und 9 Feuerstein war mein persönliches Limit. Nach dem 1. November im Jahre des Herrn 664 wurde die Gefahr zu groß, dass bei mir der geistige Verfall einsetzte, und ein halb schwachsinniger Jed 2 nutzte dem 21.Jahrhundert gar nichts. Für mich war es also längst überfällig, die Beute zu packen und abzuhauen, nur hatte ich die Beute noch nicht. In letzter Zeit sprach Hun Xoc – den ich zu meinem ersten Minister ernannt hatte – immer öfter davon, dass er lieber die Stadt in Brand setze, als zuzulassen, dass Abgetrennte Rechte Hand die Macht an sich riss. Die Vorstellung vermittelte mir manchmal den Eindruck, ich schaute mir Brennt Paris? an, aber auch ich zog diese Möglichkeit allmählich in Erwägung. Ich merkte deutlich, dass mein Gehirn nicht mehr allzu lange funktionieren würde. Anderthalb Monate vielleicht, das war das Äußerste. Und jetzt, wo Koh nicht auf mich aufpasste, konnte ich es mir nicht erlauben, irgendwohin zu gehen und von meinem Grabmahlkomplex getrennt zu werden. Ich wollte hierbleiben, nicht von der Stelle weichen, damit ich die Helfer beaufsichtigen konnte, während sie die Gel-Komponenten herstellten. Ich wollte sichergehen, dass der Sarkophag und die Stollen und alles bereit waren, damit ich unverzüglich loslegen konnte. Wenn es mir plötzlich schlechter ging, musste ich dort hinunter und rein in die Marmelade, und es blieb an Hun Xoc, die Versiegelung der Krypta abzuschließen und die Folgen meiner Selbstopferung abzufedern. Das wäre alles fragwürdig. Hun Xoc war nicht dumm, aber auf keinen Fall konnte er sich rechtzeitig die nötigen chemischen und ingenieurswissenschaftlichen Kenntnisse aneignen, und ich war mir ziemlich sicher, dass der Zeremonienmeister bereits mit den Ozelot-Gesandten intrigierte … Na ja, egal, ich wollte sowieso persönlich dafür sorgen, dass alles genau so lief, wie es laufen sollte.
Ich gab
Weitere Kostenlose Bücher