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2012 - Tag der Prophezeiung: Roman (German Edition)

2012 - Tag der Prophezeiung: Roman (German Edition)

Titel: 2012 - Tag der Prophezeiung: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian D'Amato
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mittellanger 2000-Milliampere-Elektroschockimpulse »gelöscht«. Damit hatten sie mich im Grunde getötet oder besser gesagt, in einen vegetativen Zustand versetzt. Dann, in der zweiten Phase, sah mein leeres Gehirn etwas – besser ausgedrückt, erlebte es etwas –, das Taro einmal als rasend schnell vorlaufendes »quintasensorisches Video« der Erinnerungen bezeichnet hatte, die aus dem alten Gehirn ausgelesen worden waren, das im Sarkophag unter der Ozelot-Mul konserviert gelegen hatte. Und das lebendige Gehirn rationalisierte diesen Input insofern, als es glaubte, es habe alles wirklich erlebt. Letzten Endes täuschte es sich selbst vor, eine Jed 2 -ähnliche Identität zu besitzen. Im Grunde war es das Gleiche, was ein schlafendes Gehirn mit zufälligem Input anstellt, wenn es einen Traum erzeugt.
    Das Einmallaken glitt von meinem Fuß, und die Ärztin fuhr mir mit einem Stachelrad über die Fußsohle. »Sagen Sie mir, was Sie spüren.«
    »Ich spüre, wie eins von diesen stachligen Rad-Dingern, mit denen Sie Reflexe testen, über meine Fußsohle rollt«, antwortete ich.
    »Augenblick«, sagte die Ärztinnenstimme, diesmal aber nicht zu mir. Es folgte eine dieser Pausen, in denen jemand irgendetwas tut, das man nicht sehen kann. Ich streckte mich wieder, und die Papierunterlage auf dem Untersuchungstisch unter mir knisterte.
    »Könnten Sie mir den Vornamen Ihrer Mutter sagen?«, fragte die Ärztin.
    »Consuela«, sagte ich. »Nein, halt, Flor.« Wer zum Teufel sollte Consuela sein? Ich kannte keine Consuela. Ich hatte kurz ein Betonziegelhaus mit einem großen handgemalten Fresca-Zeichen an der Außenwand vor mir gesehen; zwei Männer darin schauten Telemundo auf einem großen alten Quasar-Farbfernseher, und ich, im Innern des Hauses – ich sah das Haus gleichzeitig von drinnen und von draußen –, blickte durch die offene Front und beobachtete, wie eine Frau die Straße heraufkam, auf dem Kopf eine blaue Plastikwanne voll Wäsche. An der Frau war nichts weiter bemerkenswert, doch ich stellte fest, dass ich sie lieb hatte. Allerdings war sie nicht meine Mutter, nicht meine leibliche Mutter aus Guatemala. Sie war die Mutter von jemand anderem, sie …
    »Jed?«, fragte Marenas Stimme.
    »Marena«, krächzte ich. »Hi!«
    »Hi«, sagte sie, aber längst nicht mit der Wärme, die ich mir gewünscht hätte. Sie kam auch nicht herüber, um mich zu berühren. Wahrscheinlich möchte sie keinen Schmus vor der Kamera, überlegte ich. Entweder das, oder es war gar nichts so Großes, was zwischen uns gelaufen ist, oder … Nein, darüber sollte ich ganz eindeutig später nachdenken. Bleib ruhig. Jedes intensive Gefühl, das du empfindest, zeigt sich auf dem Polygrafen, und dann musst du es später erklären …
    »Jed? Du möchtest bestimmt wissen, dass wir ihn identifiziert und neutralisiert haben«, sagte Marenas Stimme.
    »Wen?«, fragte ich, oder genauer, ich gab ein raues fragendes Grunzen von mir. Da erinnerte ich mich. Der Doomster. »Der Doomster?« Es klang wie: »Täh dhhhmppstrdrdrdrrr?«
    »Ja.«
    Ich versuchte zu sagen, dass das toll sei, aber wieder brachte ich nichts heraus.
    »Er hieß Madison Czerwick.«
    Lisuarte, fiel mir plötzlich ein. Die Stimme gehört Dr. Lisuarte.
    Toll, versuchte ich wieder zu sagen. Wegen des EEG s versuchte ich jene Erleichterung zu empfinden, die ich hätte empfinden sollen – und die ich tatsächlich empfunden hätte, hätte ich es nicht besser gewusst –, aber ich glaube nicht, dass die Anzeige des Polygrafen sich änderte. Es ist schwer, das Ding zu täuschen.
    Also haben sie den Kerl, dachte ich. Und trotzdem haben sie sich die Mühe gemacht, mich auszugraben und zurückzuspielen. Na, das stimmt mich doch dankbar.
    Entweder waren sie richtig nette Leute, oder sie waren sich nicht sicher, ob sie aus dem Versteck unter dem Magnetsteinkreuz alles über das Opferspiel erfahren hatten, was ich wusste. Und das hatten sie nicht.
    Dr. Lisuarte benötigte weitere zehn Minuten, um mein Kurzzeitgedächtnis, meine Wahrnehmung und meine motorischen Fähigkeiten zu prüfen. Alles schien mehr oder weniger in Ordnung zu sein. Vielleicht sollte ich ihnen von dem zweiten Doomster erzählen, dachte ich, während Lisuarte mich über einer Art tragbarem Waschbecken meine Zähne putzen ließ. Falls mein Gehirn unerwartet durchbrennt, oder so was. Anständig wäre es jedenfalls. Nur hatte Koh eindeutig klargemacht, dass ich ihn – oder sie – persönlich zur Strecke bringen

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