2012 - Tag der Prophezeiung: Roman (German Edition)
Felix’ Vorgesetzten. Felix warnte augenblicklich Lindsay und entsandte zu seinem eigenen Schutz Truppen zu der Ausgrabungsstätte. Zu diesem Zeitpunkt konnte das Team nur noch auf dem Luftweg herausgeholt werden.
Der erneute Hippogriff-Einsatz war bis auf die Sekunde genaugeplant gewesen, und die Wahrscheinlichkeit seines Scheiterns hatte offenbar unterhalb von einem Prozent gelegen. Ferngesteuerte Maschinen, vom Stake aus gelenkt, standen aufgetankt und beladen auf mehreren versteckten Flugplätzen in Belize bereit, klar zum Abheben und willens, jede Maschine abzuschießen, die uns zu nahe kam, und falls nötig sogar Artilleriestellungen am Boden auszuschalten. Die Operation verlief nahezu glatt, und die guatemaltekischen Hubschrauber, die den Hippogriff abfangen sollten, hatten von Anfang an keine Chance. Der Zwischenfall hatte durch die dabei umgekommenen Besatzungen den Konflikt zwischen Guatemala und Belize drastisch verschärft.
Ich folgte der Chronologie und fand heraus, dass zwei Tage, nachdem das Team – zumindest die meisten davon – heil und gesund in Orlando angekommen war, Lindsay eine Vorstandssitzung der Warren Group einberief. Ich öffnete das Video. Diesmal saß Lindsay mit erheblich weniger Personen, zehn oder zwölf Männern, an einem Tisch. Wie es aussah, stand dieser Tisch im Abgesicherten Raum der Hyperbowl.
»Die großen Weltreligionen«, sagte Lindsay, »haben zur jeweiligen Zeit jedes erdenkliche Medium benutzt, um ihre Botschaft an den Mann zu bringen. Sie engagierten die größten Architekten, Komponisten und Künstler. Im Lauf des zwanzigsten Jahrhunderts haben sie dieses Bestreben eingebüßt. Amerika, der ganze Westen, und mithin die Welt ganz allgemein, befindet sich mitten in der größten spirituellen Krise seit der Reformation. Und wie reagiert die Religion? Zögernd und nachgiebig. Nicht eine einzige starke, klare Vision ist hervorgetreten. Nun, auf dem Gebiet der Spiritualität ist Warren seit den Neunzehnhundertsiebzigerjahren führend, und jetzt stehen wir in den Startlöchern, zur prägenden Kraft des dritten Jahrtausends zu werden.«
Lindsay referierte über andere Religionen, alte und neue, die gerade begonnen hatten, ernsthaft mit neuen Medien und progressivem Marketing zu arbeiten und eine Software zu entwickeln, mit deren Hilfe Menschen bekehrt werden sollten. Doch das Ix-Franchise, sagte er, werde alles auf die nächste Stufe heben. »Es wird sämtliche Bedeutung liefern, die die Menschen brauchen, und zwar durch jedes verfügbare Medium.« Zum Schluss sagte er: »Jede Religion braucht ein Mekka.«
Lindsay lehnte sich in seinen ergonomischen Sessel zurück und behauptete, sein Simulationsteam habe mithilfe der neu entwickelten Version des Opferspiels eine Machbarkeitsstudie erstellt. Demnach sei es möglich, dass das Stake sich zu einem autonomen Staat entwickle, eingeschlossen zwischen die verfeindeten Nationen Belize und Guatemala, »das erste Designer-Land, das keine Insel ist«.
»Beide Nachbarstaaten sind ziemlich verarmt«, sagte Lindsay, »und wären froh, ein wenig Land zu verkaufen, wenn die Moonstone-Leute ihnen eine Rechtfertigung liefern, die vor ihren jeweiligen Parlamenten Bestand hätte. Nun, sie werden bald begreifen, dass unser Maya-Projekt und einige weitere Boutique-Staaten« – er sprach es »Buticke« aus – »in der Nähe sie größer machen, nicht kleiner.«
Ich ging im Schnellvorlauf durch die Rede, nahm hier und da ein bisschen davon mit. Lindsay erklärte, dass dieser neue »Privatstaat« zwar immens profitabel sein werde, es hier aber nicht darum gehe, Neo-Teo als Brutstätte für engagierte Arbeiter und pflichteifrige, furchtlose Soldaten zu benutzen – obwohl die Online-Version von Ix II bereits die wichtigste Quelle des US -Militärs zur Rekrutenwerbung sei. Die Hauptmotivation, sagte er, bestehe darin, eine Gesellschaft zu erzeugen, die »den Prognosen der Abteilung für Prädiktive Demografie der Warren Group für die nahe Zukunft entspricht« (zu denen man zum Teil gekommen ist, indem man LEON -Software mit der 2011er Version des Opferspiels betrieb). Den soziohistorischen Modellen des Forschungsteams zufolge werde die Weltbevölkerung noch wenigstens fünfzig Jahre lang zunehmen, bis sie ihren Höhepunkt erreiche. Lange vorher jedoch würden Menschen von »überdurchschnittlichem Wert« verschiedene Arten von »Lebensverlängerungssicherungen« in Auftrag geben: Systeme, die die Gesundheit des Kunden in Echtzeit
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