2012 - Tag der Prophezeiung: Roman (German Edition)
halte aus, bis Nebel vor der Ozelots Augen zieht.«
Klar, dachte ich. Ein Scharlatan verkaufte mir ein Mittel . Ich sagte ja schon, dass in meinen Ohren alles ganz schön irre klang, nur drückte ich mich Koh gegenüber natürlich nicht so aus, sondern bekundete in der Gleichgestellte-Hochgestellten-Sprache, die wir untereinander noch immer benutzten, dass ich ihren Plan für durchführbar hielte. Wieso er mir fragwürdig vorkam, sprach ich allerdings nicht aus: Selbst wenn alles genau nach Plan verlief, würden die Ozelots in dem Augenblick, in dem die Leute nach dem Genuss des gewohnten Wassers ausflippten, sofort zu irgendeiner anderen Quelle wechseln.
Wie lange mag es dauern, bis sie es merken?, fragte Koh. Spürst du schon etwas?
Nein, antwortete ich, eigentlich nicht. Vielleicht fühlte meine Zunge sich ein wenig taub und unruhig zugleich an, aber mir war nicht schwindlig oder so was. Wenn ich bedachte, was für einen langen Tag ich hinter mir hatte, kam es mir vor, als hätte ich mich vollkommen in der Gewalt.
»Nun, höre«, sagte sie, »wenn du ins Spiel gehst,
Kannst du dies für alle Fälle mitnehmen.«
Ich entgegnete irgendetwas, das so viel wie »Sicher, ist klar« bedeutete. Du machst dir Illusionen, Baby, dachte ich.
Ich glaube, wieder merkte sie mir an, was ich wirklich dachte, denn sie sagte (sinngemäß): »Nun, vielleicht brauchen wir es gar nicht«, entzündete zwei Zigarren und reichte mir eine. Nach ein paar Zügen tauschten wir die Zigarren aus. Das war eine Geste extremer Gastlichkeit.
Ich lehnte mich an Gürteltierschiss zurück und paffte. Wieder tauschten wir die Zigarren und vervollständigten das kleine Ritual.
»Gerade eben durchflog mich ein Bild«, erklärte Koh. »Was sagst du dazu?«
Ich wies auf mein Ohr, was bedeutete, dass ich zuhörte.
»Wenn du dein herrschendes Uay von einer Haut zur anderen bewegen kannst«, sagte sie, »könntest du auf ewig in dieser Ebene bleiben. Du bräuchtest nicht stromabwärts durch die Cañons paddeln.« Damit meinte sie, dass ich nicht sterben müsste.
Das ist richtig, entgegnete ich. Ich könnte von einem Jüngeren Besitz ergreifen.
Koh hatte recht. Über diese Implikation des Bewusstseinstransfers hatte ich noch kaum nachgedacht, aber ich wusste keinen Grund, weshalb es nicht funktionieren sollte. Man müsste keine gigantischen Netzwerke mit Zettabyte-Massenspeichern und all das andere erfinden, das man für eine künstliche Nachbildung des Gehirns bräuchte. Man könnte sich einfach kopieren und in irgendjemanden übertragenlassen. Und wenn man ein mieses Gefühl dabei hatte, jemanden auf diese Weise umzubringen, klonte man eben ein paar Babys von sich selbst und hielt sie bewusstlos und unter Drogen, bis ihr Gehirn auf eine brauchbare Größe angewachsen war, und nutzte sie dann als Gefäße für sich selbst. Das könnte eine tolle Wachstumsindustrie werden, dachte ich. Noch ein paar Milliarden mehr für die Warren Group.
Trotzdem, von hier aus konnte ich nichts machen. Bauen wir lieber mal keine Luftschlösser, dachte ich. Befassen wir uns hier und jetzt mit dem Hier und Jetzt. Und wenn du Zurück in die Zukunft kommst, kannst du dich um Marena und Lindsay und die Warren Group und die ganze unheilige Bande kümmern. Stimmt’s?
Warren. Lindsay »Big Data« Warren. Christus, allweißer. Zurück auf Los.
Alles, was ich 2012 erlebt hatte, erschien mir ziemlich fern. Hin und wieder ertappte ich mich bei dem Gedanken, dass es gar nicht wirklich geschehen sei, und hielt mich für einen ganz gewöhnlichen Maya-Hüftballer mit Wahnvorstellungen und überschüssiger Fantasie. Dann musste ich mir ins Gedächtnis rufen, dass kein alter Maya-Heini, egal wie clever, sich die Geschichte der westlichen Welt hätte ausdenken können.
Und wie clever bin ich?, fragte ich mich. Vielleicht zerbrach Koh sich zu Recht den Kopf über 2-Juwelenbesetzter-Schädel. Vielleicht sollte ich auch ein bisschen Kopfzerbrechen betreiben. Vielleicht wälzte ich zu wenig Gedanken, was meine Anwesenheit hier an sich betraf. Vielleicht hatte ich der Warren Group insgesamt nicht genügend Aufmerksamkeit geschenkt.
Ich wusste es nicht. Ich hatte keine Ahnung. Ich war mir nur immer sicherer, dass Marena sich nicht mit mir abgegeben hätte, hätte sie nicht von Anfang an mit dem Gedanken gespielt, mich in die Vergangenheit zu schicken.
Tony Sic wollte den Trip nie wirklich selbst machen.
Je mehr ich darüber nachdachte, desto klarer erschien mir alles. Sie hatten
Weitere Kostenlose Bücher