2012 - Tag der Prophezeiung: Roman (German Edition)
jemanden gebraucht, den niemand vermissen würde, also hatten sie sich den kleinen yo ausgesucht. Fruck. Yuck. Wie stehe ich jetzt da.
H EISS ! AUTSCH , TA’, TA’, TA’! Ach du Scheiße, heiße! Überall auf meinem Gesicht waren brühheiße Tropfen. Ich wischte sie weg. Verwirrung erfasste uns. Aus irgendeinem Grund lag ich am Boden, und Gürteltierschiss rollte sich auf mich. Er quiekte, als hätte er Schmerzen. Orangerote Fliegen. Zwei Geblüte zerrten an mir, und wir fielen nach hinten. Ich blinzelte in den dunklen Wald in Richtung Fluss. Hun Xoc und noch jemand wälzten sich zwischen Topfscherben und Pfützen aus dampfender Flüssigkeit. Wir hörten zwei dumpfe Schläge: Hun Xoc versetzte der anderen Person einen Kopfstoß ins Gesicht. Ich sah mich nach Koh um und konnte sie nicht finden, bemerkte dann aber, dass sie hinter mir war. Sie hatte eine seltsame Miene aufgesetzt. Zuerst dachte ich, sie hätte Schmerzen, doch dann sah ich, dass sie still in sich hineinlachte. Sie hatte ein paar Tropfen Heißes abbekommen, aber ihre Zwergin betupfte die verbrühten Stellen bereits mit Salbe wie einer der Maskenbildner beim Film – die Typen, die hereinstürzen und dein Aussehen innerhalb der Zweiminutenpause zwischen zwei Takes wieder in Ordnung bringen.
Ich schaute wieder zu Hun Xoc hinüber. Die anderen stützten ihn. Der Mann, dem er den Kopfstoß verpasst hatte, lag am Boden und stöhnte. Von seinem Gesicht war nicht mehr viel zu erkennen, aber seine fadenscheinige Manta war frisch mit Frau Kohs Türkisblau gesäumt; er musste also einer der Dorfältesten sein, die in unser Haus adoptiert worden waren und die uns eigentlich bedienen sollten.
Der Kerl hatte tatsächlich versucht, uns umzubringen. Trotzdem lachte ich so herzhaft, dass die anderen einige Zeit brauchten, bis sie mir erklärt hatten, dass es sich um einen Mordanschlag gehandelt und der Kerl versucht hatte, uns einen Topf mit kochendem Öl ins Gesicht zu kippen. Sie fügten hinzu, dass wir wieder angegriffen wurden. Obwohl ich nun die Alarmrufe und das Pfeifen der Schwirrhölzer hörte, erschien mir das alles noch immer unglaublich komisch, no problemo , kein Stress, Alter, no brain, no pain, und ich konnte nicht aufhören zu giggeln wie ein kleines Mädchen.
Sie banden mich auf einen Schlitten, und wir brachen auf. Ich spähte zum beigen Himmel hoch. Er wurde pink, dann grün, und dann verschwand er, was für einen Himmel ein ziemlich merkwürdiges Verhalten war. Junge, dachte ich, das Zeug wirkt langsam, aber dann geht richtig die Post ab. Wenn es ungefähr hundert mal zwanzig Schläge gedauert hatte, um mich schachmatt zu setzen, dauerte es in kaltem Wasser bestimmt dreimal so lange, also konnte man mit ungefähr einem halben Tag Verzögerung rechnen. Vielleicht hatte Koh mit diesem Stoff einen echten Trumpf im Ärmel.
Aus dem Großen Vater des Dorfes, der versucht hatte, mich oder Koh oder uns beide zu töten, bekam niemand etwas heraus. Die anderen Ältesten sagten, er wäre am Vortag auf Nahrungssuche gewesen und dabei wahrscheinlich von den Pumas vereinnahmt worden. Die Harpyien-Geblüte begannen, den anderen Ältesten mit Tritten zuzusetzen, aber ich war mir ziemlich sicher, dass keiner von ihnen etwas mit dem Anschlag zu tun hatte, und befahl den Geblüten, sie in Ruhe zu lassen. Meine gute Tat für diesen Monat. Fürs Jahr. Für das ganze Leben. Ich hatte Mühe, ihnen klarzumachen, was ich wollte, weil ich noch immer abgehackt kicherte wie ein Idiot. Hun Xoc fragte Koh, ob ich zu viel wilden Tabak geraucht hätte; das Zeug war stark genug, um schon in mittlerer Dosierung halluzinogen zu wirken. Koh erwiderte, wahrscheinlich sei es so.
Sie wollte der Harpyien-Sippe und auch den Rasslern erst im allerletzten Augenblick von dem Erdstern-Wirkstoff erzählen; nur für den Fall, dass jemand gefangen genommen und umgedreht wurde.
Wieder kicherte ich. Wie peinlich. Vielleicht sah unsere Lage doch nicht so übel aus.
(27)
Zur Jugend der zweiten Sonne, die darauf folgte, waren wir wieder in der Wüste, und im Schutz eines Sandsturms hatte uns ein Stoßtrupp aus sechzig Puma-Geblüten überholt. Eine Zeit lang hatten unsere Geblüte sich verschanzt und unsere Flanken verteidigt, doch bei Sonnenaufgang stand fest, dass die Pumas einen Kampf auf große Entfernung führten, weil sie uns aufzuhalten versuchten, bis die Hauptstreitmacht unter Abgetrennte Rechte Hand uns erreichte. Daher brachen wir auf, ohne die Pumas auch nur zu verfolgen. Es
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