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2030 - Chimaerenblut

2030 - Chimaerenblut

Titel: 2030 - Chimaerenblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Twin , Mo Twin
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schleppte sich zum Bett zurück, ließ sich fallen, nahm das Kopfkissen in den Arm und schaukelte sich weinend.

     
    Gegen Morgengrauen legte sie das Kissen beiseite, loggte sich in den Schiffsserver ein, der die Aufzeichnungen der Live-Cam speicherte, und beobachtete den Bodyguard am Achterdeck. Sie sah, wie der Wachmann Kaugummi kauend übers Meer spähte. Erst als die Sterne blasser wurden und sich eine zartrote Spur am Himmel zeigte, ging er.
    Der Zeitpunkt war gekommen, um das Zusatz-Programm in der Kamera zu aktivieren. Der Bodyguard würde noch eine weitere Stunde in seinem Wachzimmer sitzen und bei einer Tasse Tee das Meer und das Achterdeck mit Hilfe der Kameras beobachten bevor sein Dienst endgültig beendet war.
    Josi schleppte sich in den Gang und die Treppen hoch. Sie zitterte. Der Schweiß rann ihr in Strömen über Stirn und Rücken, als sie endlich an der Reling stand. Mit einem Arm hakte sie sich an der Brüstung fest und lehnte die Krücken gegen einen Pfosten. Sie musste sich beeilen. Bei der nächsten Bewegung des Schiffes würden die Stöcke polternd umfallen. Ohne die Krücken wäre es ihr unmöglich, die Balance zu halten. Die geknickte Flosse ihrer ehemaligen Füße schmerzte unter dem Gewicht ihres Körpers. Es fühlte sich an, als wären beide Füße zusammengeschnürt und sie versuchte nun auf einem Messer zu balancieren, während unter ihr der Boden schwankte.
    Mit der freien Hand löste sie den Knoten ihres Wickelrocks. Er flatterte im auffrischenden Wind. Dann begann sie die Lakenstreifen abzuwickeln. Streng dich an!, ermahnte sie sich und suchte Halt an der Reling. Delfine kriegen das doch auch hin und stehen auf der Flosse. Bei Haien hatte sie das Kunststück jedoch noch nicht beobachtet.
    Ihre Tränen mischten sich mit dem Schweiß, der von ihrer Stirn rann.
    Das war also mein Leben!
    Es ist vorbei!
    Gleich.
    Jetzt kannte Josi die Antwort auf die Tote in Travemünde. Es gab keinen Ausweg. Bald würde auch sie als Wasserleiche irgendwo an eine Sandbank gespült oder sie würde für immer vom Meer verschluckt.
    Nichts hielt sie mehr auf diesem Schiff. Sie spürte nur noch eine tiefe Sehnsucht nach dem Meer. Und dem Tod. Sie sah an sich herab. Das Ende des Lakens fiel zu Boden und gab einen bronzefarbenen Fischleib mit grauen Streifen und dunklen Punkten frei. Ein halber Zebrahai .
    Sie zog sich mit beiden Armen an der Reling hoch und ließ sich kopfüber ins Meer fallen. Das Wasser schlug über ihrem Kopf zusammen.
    Sie ließ sich in die Tiefe ziehen...
    Der Bodyguard blickte kurz auf. Die Außenkameras am Heck filmten eine springende Schwanzflosse. Delfine!, dachte er. Warum es sie nur zu den Menschen hinzog. Es war ihm schleierhaft. Er trank seinen letzten Schluck Tee. Das Meer leuchtete glutrot. Die Kamera am Achterdeck zeigte immer noch einen dunklen Himmel. Mist! Warum war ihm das nicht früher aufgefallen? Irgendetwas stimmte nicht. Er hastete über die Treppen und endlosen Gänge nach oben.
    An der Reling stand Ethan und blickte nachdenklich zum Meer. Der Wind hatte aufgefrischt.
    »Waren Sie an der Kamera dran?«, fragte der Bodyguard.
    »Nein, warum sollte ich?«
    Prüfend klopfte der Bodyguard gegen die Linse. Die von Josi programmierte Zeit lief ab. Ein letzter Befehl zerstörte das kleine Chamäleon-Programm, und die Linse nahm die Umgebung wieder korrekt auf.
    Schließlich fand der Bodyguard den Wickelrock, der in eine Ecke geflattert war, die zerknüllten Lakenstreifen und die Stange.
    Hat der Wind die Sachen übers Deck getrieben?
    Er legte den Rock in die Wäschekiste und die Stange sowie die Lakenstreifen in den Hauswirtschaftraum.
    Dann ging er zurück auf seinen Posten und kontrollierte die Aufnahme der Überwachungskamera.
    Alles in Ordnung!
    Die Kamera zeichnete korrekt auf.
    Ethan stand noch immer an Deck. Der Wind blies durch sein Haar. Mit einer Hand hielt er zwei Krücken fest.

 
59
    Samstag, 1. Juni 2030, Dubai, Persischer Golf:
    Blitze zuckten über den nachtschwarzen Himmel. Donner grollte. Schmerzhaft. Dröhnend. Er glaubte, sein Trommelfell würde platzen. Die Schläge vibrierten in seinen Ohren und in seinem Magen. Ein weiteres Krachen folgte, dann neigte sich die Spitze des Privatjets nach unten. Endlos bange Sekunden krallte er sich an seinem Gurt fest. Eine Feuerwalze loderte ihm entgegen, er spürte die Hitze im Gesicht. Der Rumpf brach. Metall knirschte. Im selben Moment riss es seinen Sitz aus der Verankerung. Um ihn wurde es

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