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2030 - Chimaerenblut

2030 - Chimaerenblut

Titel: 2030 - Chimaerenblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Twin , Mo Twin
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nahm das Fernglas beiseite, schob die Augenklappe herunter und blickte erneut durch die Linse der Bushnell Stableview . Eine Fluke? Vielleicht ein Delfin? Sie werden auch immer seltener , dachte er voller Kummer und zog die schützende Augenklappe wieder über sein empfindliches Chamäleon-Auge. Dann erhob er sich, öffnete mit der Fernsteuerung das Glasdach vom Mitteldeck und verließ die Brücke. Mit langsamen, gleichmäßigen Bewegungen schritt er zur automatischen Hebebühne, setzte sich darauf, drückte den Schalter und ließ sich an der Bordwand hinunterfahren.
    Das Wasser gurgelte schmatzend gegen den Schiffsrumpf. Constantin schwamm ein paar Züge und genoss die Schwerelosigkeit. Seine Leidenschaft fürs Schwimmen hatte er damals in der Reha-Klinik entwickelt als er noch auf den Rollstuhl angewiesen war, und die Neuroprothesen wegen einer Entzündung nicht arbeiten wollten. Zweimal täglich hatte er seine Bahnen gezogen und Wachstumshormone für den Muskelaufbau geschluckt. Eines Tages war er mit Flecken auf der Haut erwacht. Rostrot. Tannengrün. Lakenweiß . Die Ärzte vermuteten eine Allergie. Es dauerte Monate bis sie hinter die Wahrheit kamen. Doch er hatte Glück, denn er hatte überlebt.
    Mit kräftigem Schlag kraulte er zurück zum Schiff, zog sich auf die Hebebühne und ließ sich wieder hinauffahren. Leitersprossen konnte er trotz all der Technik in seinem Körper nicht erklettern. Ihm fehlte das Gefühl in den Füßen, um die Sprossen sicher zu treffen.
    Das Meer glitzerte inzwischen silbrig unter der bereits brennenden Morgensonne. Das Salzwasser tropfte ihm von den blonden, schulterlangen Haaren auf den Rücken, hinterließ einen glänzenden Fleck auf der Haut, die das Muster von Wellen annahm.
    Lars erschien wenig später gähnend auf der Brücke und hielt Constantin einen dampfenden Pott Kaffee vor die Nase. » Hej . Alles klar?«
    »Ja. Da war ein Delfin.«
    »Hier im Golf?«
    »In der Tat. Hat mich auch gewundert.« Constantin trank einen Schluck. Der Nano-Computer an seinem Handgelenk begann zu blinken. Er stellte die Tasse ab. »Endlich. Die erwartete Nachricht…«
    »Unser Kontakt aus der Wüste?«
    Constantin nickte, öffnete den Posteingang und erstarrte. Für einen Moment verschwand die Welt um ihn herum, wie damals bei dem Flugzeugabsturz, als er in die zeitlose Schwärze zwischen Leben und Tod gestürzt war. Das Display zeigte, was er am meisten fürchtete: Ein sonnenartiges Gebilde; eine grün und lila gefleckte Kugel mit blutroten Tentakeln, die wie stummelartige Arme in regelmäßigen Abständen herauskragten und ihr das Aussehen einer Sonne mit Fehlfarben gaben.
    Die Rebellen hatte also die Wahrheit gesagt. Es gab das Virus wirklich. Er wusste, wenn sie ihre Drohung wahrmachten und das Mammal -Virus auf die Menschheit losließen, dann wäre es das Ende für die Gattung Homo sapiens. Die Suche nach einem geeigneten Impfstoff würde zum Wettlauf mit der Zeit.
    Unter ihm hob und senkte sich der Boden. Die Anspannung spülte Adrenalin durch seine Adern. Unzählige Poren öffneten sich, spülten kalten Schweiß auf seine Haut. Dann setzten die Flecken ein. Ein blaugrünes Farbspiel auf der nackten Haut. Er bemerkte es an den Armen und riss sich mühsam zusammen.
    »Weck Yu und Ben. Wir haben Arbeit…«

 
60
    Samstag, 1. Juni, Australien, Coober Pedy :
    Der Kollos von einem Mann setzte die Haken oberhalb des Nackens. Die Schweine quiekten und schrien. Das Band bewegte sich ruckartig vorwärts. Han Müller verfolgte den Weg der rosafarbenen Körper. Die zappelnden Leiber bewegten sich um die Kurve. Dann folgte der Bolzenschuss und sie glitten frei hängend zu den elektrischen Sägemessern.
    Fünf Schweine waren vor ihm, eingepfercht in Stahlzangen.
    Der Kollos kam näher.
    Vier.
    Ein frei schwebendes Schwein zappelte mit den Beinen. Wieso bewegt es sich noch?
    Drei.
    Zwei...
    »Hände weg! Ich bin der Gesundheitsminister.«
    Japsend erwachte Han Müller. Er lag auf nacktem Betonboden. Alles nicht wahr. Ich bin in Sicherheit, dachte er erleichtert und drehte sich schwerfällig auf den Bauch. Sein Rücken juckte. Er scheuerte sich am Bettgestell. Seine Beine waren zu kurz geworden, um dort raufzuklettern . Er wollte nach Hilfe rufen, doch aus seiner trockenen Kehle kam nur ein Grunzen. Deutlich erinnerte er sich an sein früheres Leben, an seine Stimme, die über Nacht verschwunden war, an sein Gesicht, seine Arme und seine Beine. Bilder aus der Vergangenheit blitzten wahllos in seinem

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