2030 - Chimaerenblut
könnte er nachweisen, woher er diese Proben hatte. Er konnte seine Ergebnisse nur über das illegale Netzwerk FlashAC publik machen und Wilmershofen auf diese Weise öffentlich an den Pranger stellen. Doch beweisen konnte er nichts.
Elender Mist!
Sie hätten sich nicht erwischen lassen dürfen. Selbst wenn Josi davongelaufen wäre, hätte es nichts geändert. Leon hatte die Tour vermasselt. Er alleine. Niemand hätte merken dürfen, dass sie in dem Gebäude waren.
Merde , fluchte er in Gedanken. Er konnte doch nicht ahnen, so etwas vorzufinden. Hatte die Polizei womöglich mehr gewusst als er?
Schließlich fotografierte er den Bericht ab, zerriss das Papier und spülte die Fetzen in die Toilette. Die Daten schickte er über einen geschützten Server an die Tagesadresse der geheim agierenden Nachrichtengruppe FlashAC . Jetzt hatten sie endlich die angeforderten Beweise, um den Skandal zu veröffentlichen. Die Gruppe arbeitete seit Jahren im Untergrund gegen die Viren-Mafia. Niemand wusste, wer hinter FlashAC steckte. Manche vermuteten einen reichen Programmierer. Andere glaubten, es sei ein enttäuschter Gen-Wissenschaftler. Wieder andere verbreiteten die Behauptung, der Kopf sei eine Vogel-Chimäre, die unerkannt die geheimsten Gespräche belausche und so all die Schweinereien aufdecke. Unstrittig war, dass die Gruppe weltweit Helfer hatte, die ihr unerkannt zuarbeiteten. So wie Leon.
Er ging zum Geldautomaten, hob tausend E-Dollar ab, legte die Scheine in einen Umschlag, ging zum Schließfach zurück und hinterließ das Geld zusammen mit einer Nachricht an Daniela. »Tut mir sehr leid. Solltest du jemals in Schwierigkeiten geraten oder mir etwas zustoßen, dann ist dies für dich als Notgroschen gedacht. Ich habe dir viel zu verdanken. Leider muss ich eine Weile fort. Ein wichtiger Auftrag im Ausland. Gruß und Biss ;-) dein Leon.«
Jetzt musste nur noch endlich Kevin anrufen. Das mit Warschau durfte nicht platzen. Leon brauchte die Aktivistengruppe, um Wilmershofen in Polen zu fassen.
Am Abend kam endlich der erlösende Anruf. Sie verabredeten sich für zwei Stunden später in der Kneipe, in der sie sich vor fünf Tagen das erste Mal getroffen hatten.
Heute war Kevin pünktlich. »Und? Gibt‘s was Neues bei dir?« fragte er wie beiläufig und drückte auf seinem NanoC herum.
»Erzähl ich dir gleich. Wie habt ihr euch entschieden?«
Kevin blickte auf und nickte. »Du bist dabei.«
Es war soweit. Er musste Kevin jetzt endgültig einweihen. Plötzlich hatte Leon wieder diesen Geruch aus der Fabrik in der Nase. Er griff seine Cola und nahm einen Schluck. Dann erzählte er.
»Der Hühnerfabrikant Wilmershofen betreibt illegale Versuche.«
Kevin verschluckte sich.
Leon wartete, bis er ausgehustet hatte, dann schilderte er, was er gesehen hatte: Rund vierzig Tierkadaver. Fisch-Hühner mit basketballgroßen Bäuchen. Durch die dünne Haut hatten körbeweise Eier geschimmert, wie Fischrogen.
»Fischrogen?«
»Ja, Eier ohne Schale für die industrielle Massenproduktion.«
»Welchen Nutzen hat das?«
»Ein Huhn braucht einen Tag, um die Schale für ein Ei aufzubauen. Ohne Hülle mit Kalk geht viel mehr.«
»Aber irgendetwas muss doch schief gelaufen sein.«
»Stimmt. Die Fisch-Hühner lagen noch in ihrem Blut. Und ich sage dir, Wilmershofen hat den Brand selbst gelegt. Nach dem Einbruch wollte er die Beweise vernichten.«
»Wissen die anderen darüber Bescheid?«
»Nein, sie haben keine Ahnung. Ich habe es ihnen nicht gesagt. Das ist eine Nummer zu groß für sie. Die gingen von Tierquälerei aus.«
Kevin zog eine Augenbraue hoch. »Und was erhoffst du dir von Warschau?«
» Wilmershofen hat dort eine zweite Fabrik, die auf den Namen seiner Frau läuft. Sie ist Polin. Bisher bin ich davon ausgegangen, dass er vor allem in Polen die Tierschutzgesetze missachtet und sein Hühner-KZ dort im großen Stil betreibt, die Ware umdeklariert und in Berlin verkauft. Nach dem, was ich bei dem Einbruch gesehen habe, könnte ich mir vorstellen, dass er dort ebenfalls illegale Versuche macht.«
Kevins Lider flatterten plötzlich. »Und du möchtest mit uns dort einbrechen, um Beweise für seine illegalen Machenschaften zu sichern. Ist es das, was du vorhast?«
Leon nickte.
»Kein leichtes Unterfangen. Und gefährlich dazu.« Kevin zischte durch die Zähne.
Leon setzte nach. »Dieses Mal haben wir einen Vorteil. Wir wissen, mit welchem Gegner wir es zu tun haben. Und natürlich darf niemand den Einbruch
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