2030 - Chimaerenblut
rum, keine Arbeiter wie wir.« Quentin stopfte eine Kartoffel in den Mund und sprach weiter. »Ich verstehe nicht, warum die Behörden das mitmachen. Erst zahlen sie riesige Subventionen für den Aufbau der Fabrik, und dann lassen sie sich den Laden vor der Nase dicht machen.«
»Wie lange gibt es die Fabrik denn?«
»Fünf Jahre.« Quentin stippte eine weitere Kartoffel in den Kräuterquark und biss missmutig hinein. »Es heißt, wir könnten nichts dagegen tun. Die Verträge sind abgelaufen. Nur wenn sie was Kriminelles gemacht hätten, dann könnte man sie drankriegen. Dann müssten sie die Subventionen zurückzahlen. Aber was ist schon kriminell daran Hühner zu züchten?«
»Habt ihr nur eine Hühnerzucht oder auch verarbeitende Industrie?«
»Bist du ein Tierschützer oder was?« Quentin verzog plötzlich das Gesicht. »War ja klar, mein Bruder mit seinem autarken Vorzeigehofprojekt. Weißt du wie hoch hier die Arbeitslosigkeit ist? Uns bleibt gar nichts anderes übrig.«
»Dass sie die Fabrik so plötzlich schließen, ist doch merkwürdig. Findest du nicht?«, versuchte Leon abzulenken.
Quentin fasste sich an den Kopf. »Es gehen Gerüchte rum, es sei bereits alles verkauft.«
Jonas reichte die Pfanne mit den Rühreiern an Leon weiter. »Nimm! Unsere Eier sind in Ordnung.«
Quentin lief plötzlich rot an. »Alle wollen Eier und Geflügel essen, aber keiner will wissen, wie es sein kann, dass ein Ei zwanzig Cent kostet und ein Huhn zwei Euro, obwohl die Tiere für zehn Cent pro Tag Futter brauchen. Auch ihr könnt euch niemals autark versorgen. Ihr kauft doch auch im Supermarkt ein.«
»Zugegeben, noch können wir es nicht. Aber es wird immer besser.«
»Hör doch auf, das ist nur ein schöner Traum. Wer kann sich diese Romantik denn leisten, wenn der Magen knurrt?«
Marga knallte die Gabel auf den Teller. »Hört endlich auf zu streiten. Immer dasselbe mit dir. Immer bringst du Ärger mit.«
Quentin sprang vom Stuhl auf, rannte raus und schlug die Tür hinter sich zu. Die Gespräche am Tisch verstummten. Jonas und Leon blickten sich an. Dann sprangen sie auf, um Quentin zu folgen.
Sie fingen ihn vor dem Auto ab. Leon versuchte zu schlichten. »Ihr wisst doch beide, dass ihr es nicht so meint.«
»Komm schon Bruder. Komm wieder rein.« Jonas streckte die Hand aus.
Quentin schlug ein. »Tut mir leid, wenn ich grob war. Die bevorstehende Entlassung…«
Einen Moment schwiegen sie sich an.
Leon räusperte sich. »Es könnte sein, dass dort illegale Chimären-Versuche mit Hühnern laufen.«
»Na und? Wen interessieren die Viecher?«
»Interessieren dich die Influenza-Viren nicht, die darüber wieder verbreitet werden könnten? Diesmal gratis und ohne Passivimpfung.«
Quentin klappte der Unterkiefer herunter.
Leon fuhr mit gedämpfter Stimme fort. »Wenn das auffliegt, hast du vielleicht etwas gegen die in der Hand. Du hast doch gesagt, sie hätten Subventionen abkassiert.«
»Illegale Versuche?«
»Ja.«
»Woher hast du das?«
»In Deutschland gibt es eine Zweitfabrik, in der illegal Huhn-Fisch-Chimären gezüchtet wurden. Die Beweise wurden durch einen Brand vernichtet. Möglicherweise haben sie bei euch im Labor ähnliche Versuche gemacht. Das möchte ich herausfinden.«
»Warum schaltest du nicht die Polizei ein«, mischte sich Jonas ein.
Leon grübelte über eine Antwort. Heißt es nicht, so nah wie möglich an der Wahrheit bleiben? Er senkte die Stimme. »Ich arbeite Undercover für die Polizei in Deutschland.« Jonas zog überrascht eine Augenbraue hoch. Über Quentins Gesicht huschte ein Lächeln. »Wenn ich denen einen Strich durch die Rechnung machen kann, bin ich dabei. Entlassen bin ich sowieso. Ich habe nichts mehr zu verlieren.«
Jonas legte seinem Bruder die Hand auf die Schulter. »Ich rede mit den anderen, vielleicht können wir deine Frau und dich in unsere Gemeinschaft aufnehmen.«
»Aber erst liefere ich euch die Beweise aus dem Labor. Die sollen mich kennenlernen. Wenn die eine Schweinerei am Laufen haben, hetze ich ihnen die Behörden auf den Hals. Die bluten die Region hier nicht aus. Mit den Subventionen könnte man eine neue Fabrik aufbauen.«
»Langsam, Quentin«, bremste Leon. »Die Drahtzieher sind extrem gefährlich. Wenn meine Vermutung stimmt, dann muss ich da selbst rein. Ich will niemanden in Gefahr bringen.« Leon dachte an das Gelände, das er am Nachmittag besichtigt hatte. Ein Einbruch von außen würde verdammt schwierig. Wenn er als Arbeiter in die
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