2030 - Radio Freies Ertrus
Erde zu. „Beweg dich nicht, Alter."
Ein Stein zerbrach mit einem trocken knackenden Geräusch, gerade hinter ihm. Eden Arukitch stand von einem Atemzug zum anderen vollkommen still. „Heb deine Hände hoch! Ich will deine Hände sehen. Tu es langsam!"
Arukitch reckte bedächtig die Hände in die Höhe. Er drehte sich um, so daß jede seiner Bewegungen leicht zu verfolgen war.
Vier bewaffnete Ertruser standen um ihn herum, drei Frauen und ein Mann, sie hielten alle Thermostrahler gezückt und wirkten sehr wachsam. Arukitch hielt sie für Widerstandskämpfer. „Wir wollen wissen, was du hier machst, Alter."
„Mein Name ist Eden Arukitch."
Falsche Antwort. Die Anführerin, eine riesenhafte Frau mit Schultern wie ein ertrusischer Bär, wirkte nur eine Sekunde lang irritiert. „Was machst du hier?" wiederholte sie mechanisch. „Ich begrabe meine Freundin."
„Ein Tier?"
„Meine Freundin", beharrte Arukitch.
Die Ertruser traten nervös von einem Fuß auf den anderen, so als sei die Störung ihnen mit einem Mal peinlich. „Wir haben gesehen, daß du mit den Arkoniden gesprochen hast."
„Und?"
„Wir wollen wissen, warum du das getan hast."
„Es war eine Kontrolle. Sie haben mich kontrolliert und mein Tier erschossen."
„Warum erschießen sie Tiere?"
„Warum? Weil sie Angst haben. Das hier ist Ertrus. Sie haben vollkommen zu Recht Angst."
Die vier Ertruser steckten verlegen ihre Waffen weg. „Es tut uns sehr leid, daß wir dich gestört haben. Es war nicht unsere Absicht. Aber du weißt selbst, daß ..." Die Anführerin verstummte, und sie blickte betroffen auf das provisorische Grab. „Es tut uns sehr, sehr leid, Händler. Vielleicht können wir dir helfen? Bei irgendwas?"
Eden Arukitch dachte eine Weile nach, dann nickte er. „Ich möchte, daß ihr mir berichtet, warum ihr mit euren Waffen hier im Buckligen Reiter seid."
„Ist das alles?"
„Ja."
Er zog die Lade an der Seite seines Gleiters auf, immer noch vorsichtig, um die Kämpfer nicht zu erschrecken, und öffnete einen doppelten Boden, den er zwischenzeitlich angebracht hatte.
Ganz zu oberst lag ein brauner Karton. Er hatte die Schachtel von dem alten Miral Jameiko erhalten; im Inneren befand sich eine silberne Jacke.
Jameiko hatte ihn gebeten, die Jacke zu einem würdigen Anlaß zu tragen, auch wenn Arukitch noch nicht wußte, was damit gemeint war. „Was machst du da?"
„Wartet eine Sekunde!"
Er legte den Karton vorsichtig beiseite, damit die silberne Jacke nicht herausfiel, und brachte darunter einige Gegenstände zum Vorschein.
Das Wichtigste lag ganz unten: Arukitch heftete sich den kleinen Kasten an den Kragen, seinen Diffusor, und schaltete das Gerät ein. Dann erhob er sich und blickte die vier Widerstandskämpfer gerade an. Arukitch richtete seine Kamera auf die vier. „Du bist der Reporter!" sagte die Anführerin entgeistert. „Ja."
„Schalt diese verdammte Kamera ab! Das hier ist kein Spiel."
„Ich spiele ebenfalls nicht. Das ist meine Bitte. Ich möchte, daß ihr sprecht. Was ihr denkt und was euch bewegt."
„Nein, aber ... Verdammt, schalte sie aus!"
Arukitch senkte die Kamera enttäuscht.
Die riesige Frau sagte versöhnlich: „Du bist hier am falschen Platz, Händler" Eden Arukitch blickte auf das Grab und auf das Panorama des Buckligen Reiters. „Was für einen besseren Platz könnte es geben?"
Sie erklärte ihm: „In wenigen Tagen wird eine Versammlung stattfinden. Das freie Volk wird sich eine Vertretung wählen, eine Untergrundregierung."
„Was?"
„Eine Untergrundregierung, du hörst schon ganz richtig."
Arukitch mußte einen Moment lang überlegen. Er hatte drei Viertel seines Lebens im Buckligen Reiter und in diesem Fahrzeug zugebracht, und er war kein sehr flexibler Denker. „Eine Regierung? Was wollt ihr dabei?" erkundigte, er sich verblüfft. „Wir...", kündigte die Kämpferin ihm hoch aufgerichtet an, „werden unsere Stimme abgeben. Wir wollen an der Wahl des Untergrundkabinetts und des neuen Präsidenten teilnehmen. Es ist unsere demokratische Pflicht."
„Untergrundkabinett?"
„Du weißt doch, Händler, du sagst es doch jeden Tag selbst in deinem Radio: Ertrus fällt nicht."
„Aber ich ..."
Arukitch verstummte. „Du kannst uns begleiten, wenn du willst. Wäre das nichts, Händler? Vielleicht willst du ja von der Wahl aus eine Sendung machen. Eine Reportage."
Eden Arukitch dachte eine Weile über den Vorschlag nach. Er wäre vielleicht in der Lage gewesen, seine Pläne
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