2056 - Invasion der Legion
ausreichen, das Ungeheuerliche zu sühnen, dessen sie sich schuldig gemacht haben."
Senka Aawageida, der sich sonst kaum einmal äußerte, machte sie auf eine Tatsache aufmerksam, die beide bislang verdrängt hatten. „Wir sind aufgefordert worden, Chirittu sofort zu verlassen", wandte er ein. „Wir sollen uns am Westlichen Orkanportal einfinden, weil die Führer der Astronautischen Revolution nun die endgültige Invasion der Legion erwarten. Wir wissen, daß längst massive Landemanöver eingeleitet wurden. Unter den gegebenen Umständ en ..."
„Sie sind mir egal!" unterbrach ihn Okraider. „Willst du die Mettsa da Lemma zurücklassen?
Wir haben den Fehler gemacht, sie für einige Zeit aufzuhängen und aus den Augen zu lassen.
Das war unverzeihlich. Erst wenn wir die Reste unseres Heiligtums geborgen haben, werde ich Chirittu verlassen. Keine Sekunde früher!"
*
„Was hast du?" fragte der Yornamer besorgt.
Startac Schroeders Gesicht war bleich, die Haare fielen ihm so tief in die Stirn, daß sie die Augen überdeckten, und das trotzig verkantete Kinn schien sich zu verbreitern.
Schroeder hob abwehrend die Hände als Zeichen dafür, daß er nicht gestört werden wollte, und Trim begriff. Der Freund war längst noch nicht wieder zu alter Leistungsfähigkeit zurückgekehrt. Er war nicht nur Teleporter, sondern auch Orter, konnte somit nicht die Gedanken anderer erfassen, wohl aber deren Aufenthaltsort und Gefühlszustand ertasten.
Früher war diese Gabe bei Schroeder mehr als nur schwach ausgeprägt gewesen. Aber das hatte sich geändert. Womöglich hatten die in den letzten Tagen immer häufiger ausgeprägten Para-Blöcke der Mutanten dazu beigetragen, daß Schroeders Kräfte sich vergleichsweise stark entwickelt hatten.
Nun schloß er die Augen. Er setzte die quasitelepathische Fähigkeit ein, um die emotionalen Impulse eines anderen Wesens zu orten.
Dabei mußte es sich um ein besonders interessantes Wesen handeln, da er es sonst kaum beachtet hätte, wichtiger jedenfalls als jene, die ihnen bisher begegnet waren.
Schier endlos lange Zeit schien zu vergehen, nachdem der Yornamer das Transportgerät angehalten hatte. Doch er wurde nicht ungeduldig. Er wartete, bis Schroeder sich aufrichtete, sich das Haar aus den Augen strich und ihn mit einem kaum merklichen Lächeln auf den Lippen anblickte. „Ich spüre die Gegenwart eines moralisch hochstehenden Geschöpfes", berichtete er. „Es ist seltsam. Ich kann seine Gedanken natürlich nicht wahrnehmen, spüre aber seine moralischen Qualitäten."
„Was ist das für ein Wesen?"
Der Terraner zog die Schultern langsam hoch. Unsicher hob er die Hände, als sei er sich noch nicht klar, was er darauf antworten sollte. „Schwer zu sagen", antwortete er schließlich. „Ich finde es ungemein sympathisch, weiß aber nicht, warum das so ist. Ich will zu ihm."
„Nichts dagegen", sagte Marath mit einem nachsichtigen Lächeln, da Schroeder seine letzten Worte allzu fordernd, beinahe aggressiv hervorgebracht hatte, als habe er von vornherein mit Widerspruch und Ablehnung gerechnet.
Trim nahm es seinem Freund nicht übel. Er hatte sich längst daran gewöhnt, daß Startac manchmal so war. Startac öffnete sich nur selten, und selbst ihm gegenüber sprach er kaum einmal über seine Gefühle.
Seit der Teleporter seine Eltern bei der Vernichtung des HQ-Hanse durch den Diener der Materie verloren hatte, war er in sich gekehrt. Für die meisten, die ihn nicht kannten, wirkte er abweisend, kalt und verschlossen. Er war es nicht, aber seine nicht zu leugnenden Kontaktschwierigkeiten waren auf eben dieses Verhalten zurückzuführen. Der Untergang des HQ-Hanse war nun schon zwölf Jahre her, doch die Wunden, die Startacs Seele davongetragen hatte, waren noch immer nicht ganz verheilt. „Dieses Wesen, das ich meine, befindet sich in Not und braucht unsere Hilfe", fügte Schroeder seinen Worten hinzu. „Wir sollten uns beeilen."
„Wo finden wir diesen sympathischen Fremden?" fragte Trim. „In welche Richtung müssen wir gehen?"
„Wir müssen zunächst aus dieser Schlucht heraus", antwortete der Teleporter, während der Transportkasten sich bereits bewegte. „Er ist etwa fünfzig Kilometer von uns entfernt."
„Fünfzig?" Die Worte blieben Marath buchstäblich im Halse stecken. Da eine Teleportation zur Zeit nicht in Frage kam, schien es unmöglich zu sein, zu dem Unbekannten zu kommen, falls dieser sich nicht in unmittelbarer Nähe der Transportlinie
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