2059 - Die Astronautische Revolution
Identität seines Erzeugers gebracht. Das Wissen darum, dass derselbe Mann nicht nur sie, sondern auch ihren einzigen Sohn skrupellos Missbraucht hatte, beides offenbar noch dazu von langer Hand geplant, hätte nur die alten Wunden neu aufgerissen, die gerade eben zu verheilen begonnen hatten.
Ruben Caldrogyn blieb noch zwei Kado am Sommerhügel, bis Mutter wie Sohn spürten, dass es für diesmal genug war. Sie verabschiedeten sich herzlich.
Ruben nahm Ydene das Versprechen ab, ihn einmal in der Hauptstadt zu besuchen. Dann machte er sich auf die lange Reise zurück nach Kozmo Yessik. Der neue Vorlesungszyklus begann erst in drei Kado. Ruben verfügte über viel Zeit.
Er benutzte den Kodegeber, den er als neuer Oberster Lehrer erhalten hatte, um sich Zugang zu den neurologischen Labors der Akademie zu verschaffen.
Tag und Nacht arbeitete er. Wenn ihn die Kräfte zu verlassen drohten, brauchte er sich nur die Schrift an der Schlafzimmerwand in Erinnerung zu rufen, und alle Müdigkeit war wie weggeblasen. Bevor er ihm gegenübertrat, wollte er ebensoviel wissen wie er. Drei Croz bevor die Akademien den Vorlesungsbetrieb wiederaufnahmen, war Ruben fertig. Er vernichtete alle Spuren seiner Tätigkeit, ging zu Fuß zu seiner Wohnung zurück, legte sich auf die Matratze und schlief 170 Kilo-Hiddyn lang.
Das Kleine Gewächshaus bot sich ihm so dar wie immer, nicht aber die Kavernen. Staub und Abfall füllten die große Höhle am Ende der Stiege. Ein fauliger, ätzender Geruch würgte ihn im Hals, als er die Arbeitsräume absuchte. Alle wirkten ähnlich verkommen; überall lag Unrat. Einige Geräte waren umgeworfen worden, die meisten anderen abgeschaltet Der üble Geruch wurde stärker, je näher er den Privaträumen kam. Die Tür, sonst immer verriegelt, stand weit offen. Vismar Elonkun lag auf einer Matratze, die von Körperflüssigkeiten durchtränkt war und bestialisch stank. Sein Kopf war zur doppelten Größe angeschwollen, ein Auge zugewachsen. Die Läppchen des linken Ohres waren verkümmert, die des rechten hingen wie verbrannte Würmer weit über die Schulter herab. Die Arme hatten sich um ein kleines Regal geschlungen, das neben der Matratze lehnte. „Guten Tag, Vater!" sagte Ruben. Das monströse Etwas, das früher Vis mal' Elonkun gewesen war, gab sich alle Mühe, überheblich zu grinsen. Der Anblick hätte selbst Erlock in die Flucht gejagt. „Ich hatte dich früher erwartet, Dumpfnüsschen", ertönte es pfeifend und gurgelnd aus seinem zahnlosen Mund. „Nun haben wir leider, fürchte ich, ein gewisses Zeitproblem. Falls es dir noch nicht aufgefallen sein sollte: Ich bin relativ tot."
„Du lebst doch weiter, Väterchen. In mir. In Form von mir." Rubens Stimme troff vor Sarkasmus. „Ganz mein Ruben - unexakt wie eh und je. Du trägst große Teile von mir und meinem Wissen in dir, ja. Aber du bist kein Klon. Du bist eine neue Generation."
„Ich habe die letzten zweieindrittel Kado damit zugebracht herauszufinden, wie du es angestellt hast. Meine Hochachtung vor deiner wissenschaftlichen Leistung wird von fast nichts übertroffen, nur von meinem Ekel"
„Hehe. Ich war gut, nicht wahr? Es hat mich Dommzehnte gekostet und meine Gesundheit, bis ich zumindest die Erin nerung an die unfassbaren Erkenntnisse, die ich hatte, die welterschütternden Fragen, die sich mir stellten, während der wenigen Augenblicke, in denen die NTPs wirkten, in meinem Erbmaterial, meiner Gensubstanz hinterlegen konnte."
„Bravo."
„Das könnte ruhig ein wenig enthusia stischer kommen. Man gönnt sich ja sonst nichts."
„Die Idee, die Erinnerung an die blockadefreien Momente - deine Erinnerung, und sei es anfangs nur ansatzweise, in Form von Sehnsucht und des Gefühls einer besonderen Bestimmung -, also die Idee, diese Déjà vus durch den Anblick des Fanals von Kohagen-Pasmereix auslösen zu lassen, war so naheliegend, dass man erst einmal darauf kommen musste", gestand Ruben zu, Widerwillen in jeder Silbe. „Danke. Es musste etwas sein, das du mit Sicherheit immer wieder in deinem Leben sehen würdest. Und das ich sehen konnte, wenngleich nur als Holo, während ich die Prozedur durchführte."
„Gratuliere!" zischte Ruben. Vismars Worte waren kaum mehr verständlich. „Und dass du von vornherein mit einer weit geringeren Blockade geboren wurdest als alle anderen vor dir, das ist vielleicht nichts?"
„Weil du es geschafft hast, auch den von den Neuro-Transmutern geschwächten Momentanzustand der sonst blockierten
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