2065 - Mission Hundertsonnenwelt
mich verstanden?" fragte sie. „Was bedeutet dein Schweigen? Verweigerst du uns in dieser schweren Krise deine Unterstützung?"
„Keineswegs", antwortete das Zentralplasma. „Die Posbis stellen sich auch in diesem Fall sehr wohl auf die Seite ihrer Freunde."
„Aber?"
„Aber ich bitte dich, noch zwei Tage abzuwarten. Dann werde ich dir eine überraschende Neuigkeit präsentieren." Bré war nicht sehr wohl in ihrer Haut. Weshalb vertröstete das Plasma sie? Konnte es ihr nicht jetzt schon sagen, welche Neuigkeit das sein würde? „CO-15447 wird dich durch die Baustelle führen, an der Peripherie der Zentralsyntronik. Dort finden momentan größere Umbauten statt. Deine terranischen Freunde oder die Matten-Willys werden dir schon davon berichtet haben. Ich habe CO-15447 speziell für dich abgestellt. Wenn du Fragen an mich hast, stelle sie ihm.
Er ist mein Ohr und mein Mund."
„Größere Umbauten ...", sagte Bré gedehnt. „Du hast dich verändert und veränderst dich vielleicht immer noch. Das fällt jedem auf, der mit dir zu tun hat. Welcher Art sind diese Veränderungen?"
„Die Antwort wird dir gefallen, Bré Tsinga. Die umfangreichen Bauarbeiten an der Zentralsyntronik dienen dem Zweck, das Gehirn von syntronischem auf hyperinpotronischen Betrieb zurückzurüsten, wenn du so willst. In Teilbereichen wird es zum biopositronischsyntronischen Hybridsystem umgebaut. Diese Arbeiten blockieren das Zentralplasma immer wieder, deshalb funktioniert seit einiger Zeit die Kommunikation mit außen nicht mehr richtig."
Das Zentralplasma hielt inne, als wolle es diese Aussage wirken lassen. „Du siehst, es werden schon Maßnahmen ergriffen, um die Posbi-Zivilisation gegen KorraVir unangreifbar zu machen", fuhr es fort. „Bis die Fragmentraumer an der Reihe sind, wird allerdings noch viel Zeit vergehen."
„Ich verstehe", sagte die Terranerin und stand auf. „Ich nehme an, unser Gespräch ist damit beendet."
„Für heute, ja. Wie gesagt, CO-15447 steht dir uneingeschränkt zur Verfügung. Er steht in direkter Verbindung zu mir. Wenn du Probleme und Fragen hast, wende dich an ihn."
„Danke", sagte Bré Tsinga. Sie hätte mit der Auskunft des Zentralplasmas zufrieden sein sollen. Warum war sie es dann nicht?
CO-15447 flog den Gleiter in einer menschlichen Art und Weise, als hätte er nie etwas anderes getan. Der Posbi hatte sich nicht mit dem Gleiter verbunden, er lenkte ihn mit den künstlichen Händen; ein Anachronismus für sich. Mit gemischten Gefühlen saß Bré neben ihm im Copilotensitz und sah hinab auf die Kuppeln, über die sie hinwegflogen. Dann kam der Sitz der Zentralsyntronik in Sicht. Der Posbi ließ den Gleiter sinken und landete ihn vor der Großbaustelle, zwischen kleineren Containern und Kisten, herumliegenden Geräten und arbeitenden Posbis. „Wir sind da", verkündete er. „Wir können aussteigen." Bré sah ihn von der Seite an. „Weißt du, was? CO-1544 7 klingt mir viel zu unpersönlich. Es passt auch nicht zu deinem Erscheinungsbild. Ich werde dich Tom nennen, einverstanden?"
„Wenn es dir den Umgang mit mir er leichtert, selbstverständlich", sagte der Posbi. Bré hatte den Kurznamen aus dem Bauch heraus gewählt. Er gefiel ihr. Zusammen mit Tom verließ sie den Gleiter. Der Roboter führte sie auf die Baustelle, die auf sie so chaotisch wirkte wie das Aussehen der meisten Posbis und ihrer Fragmentraumer selbst. Überall lag Material herum, wurde montiert oder demontiert, wurde zusammengeschweißt und mit Desintegratoren getrennt. Große Antigravscheiben schwebten in unterschiedlicher Höhe in der Luft und brachten Geräte durch die Öffnung in das Innere der Baustelle hinein. Andere kamen entladen zurück oder brachten andere Geräte heraus, die demontiert wurden. Wie es aussah, wurde nichts vernichtet, sondern für andere Verwendung aufgehoben. In dem scheinbaren Chaos steckte System, das wurde Bré bald klar.
Tom gab immer wieder Erklärungen zu den Arbeiten ab, die sie auf ihrem Weg tiefer in die Baustelle hinein beobachten konnte. Bré hörte die halbe Zeit nicht zu, die Details fand sie nicht so interessant, und das grelle Kunstlicht schmerzte an ihren Augen. So vergingen Stunden. Bré wurde durch ein wahres Labyrinth geführt. Sie schätzte, dass sie bereits mehrere Kilometer zurückgelegt hatten, ohne einmal im Kreis gegangen zu sein. Es gab Aggregate, die größer waren als ein Hochhaus. An ihnen arbeiteten Hunderte von Posbis aller Formen und Größen. Bré fühlte
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