208 - Nach der Eiszeit
Wie kommst du überhaupt hierher?«
»Das haste unserem Gott Papalegba zu verdanken, Huutsi. Er mag dich und hat noch viel mit dir vor. Er hat gesagt, dass ich auf dich aufpassen soll. Das hab ich gemacht.«
»Ich verstecke mich auf keinen Fall vor Banyaar«, sagte Yao plötzlich. »Er und das Volk der Huutsi sollen nicht glauben, dass ich Angst vor ihm hätte. Sonst halten sie mich noch für feige und würden mich niemals als neuen König akzeptieren.«
Mombassa nickte. »Versteh ich. Aber die Elloa lasse’mer hier in dem Haus. Hier kommt keiner her, wenn ich das richtig seh.«
»Ja, aber…«
»Keine Angst, Huutsi, ich kümmer mich schon um sie.«
Olusegun, der Schamane der Wawaas, der sich mit Hilfe der Geister trotz seiner Körperfülle lautlos und ungesehen bewegen konnte, stand nicht weit vom Geschehen in einem Gebüsch. Ein schwarzes Tuch bedeckte als Tarnung sein weiß bemaltes Gesicht.
Finstere Blicke trafen den verletzten Huutsi. Olusegun wusste nun, dass ihm der grüne Gott Papalegba endgültig die Gunst entzogen und sie an Yao weitergegeben hatte.
Nicht genug, dass der Huutsi die Heilige Säuberung vornehmen durfte, nun wurde er auch noch von Mombassa beschützt.
Ein äußerst ungutes Gefühl beschlich den Wawaa-Schamanen. Er wusste genau, was es bedeutete, wenn Gott Papalegba jemandem seine Gunst entzog. Er hatte es oft genug gesehen. Es bedeutete Wahnsinn und Tod. Einen Vorgeschmack hatte er ja bereits erhalten.
Doch was konnte er dagegen tun?
Währenddessen traf Mul’hal’waak vor den Augen des völlig überraschten Koroh Vorbereitungen für den Auftritt vor der Konferenz. Als Mombassa zurückkam und den noch lebenden Yao mitbrachte, ging so etwas wie Erleichterung durch das Denken des Daa’muren.
Danach übernahm er Mombassa, weil er durch dessen Augen Menschenschrift besser lesen konnte, und vertiefte sich in das Tagebuch der Kathrin Blumenschein aus der heiligen Höhle der Pygmas. Der deutsche Text bereitete Mul’hal’waak, obwohl er handschriftlich verarbeitet war, keinerlei Mühe. Ein weiteres Stück Vergangenheit wurde vor dem Daa’muren lebendig, als er zu lesen begann…
***
7. März 2011:
Von Berlin nach Afrika. Heute bin ich in Ruanda angekommen und habe zum ersten Mal die sagenumwobene Versuchsanlage gesehen, die Professor Edgar Lindemann in den Karisimbi hat hineinbauen lassen. Der schlafende Vulkan ist ja schon echt beeindruckend, aber die Versuchsanlage ist es noch viel mehr. Ich hätte nicht geglaubt, dass sie so enorm groß ist!
Das sind schätzungsweise mehrere Quadratkilometer, die die Anlage einnimmt. Wahnsinn. Aber ich weiß ja, dass Präsident Bizimungu alles nur Erdenkliche tut, damit dieses Projekt ein Erfolg wird. Nur so kann er sich auf Dauer wirtschaftlich unabhängiger von den Industrienationen und dem Internationalen Währungsfonds machen. Ich bin ziemlich aufgeregt, freue mich aber schon sehr auf meinen neuen Job. Ach übrigens, die Unterkünfte sind ziemlich luxuriös. Das hätte ich nicht erwartet. Ich habe sogar ein Einzelzimmer erwischt.
8. März 2011:
Ich habe den ersten Arbeitstag hinter mir! Das war gigantisch. Die Kollegen sind so weit alle nett, vor allem die Deutschen. Nur John, der Engländer, ist ein bisschen arrogant. Schade, denn eigentlich sieht er sehr gut aus und ist irgendwie genau mein Typ. Wahrscheinlich werden wir öfters zusammenarbeiten. Er ist wie ich Techniker. Na super. Wir sind uns immerhin einig, dass das Zuleitungssystem des Magmas in die Hochöfen alles andere als optimal ist und dass wir eine bessere Lösung finden müssen. Und das werden wir! Ich bin glücklich.
Ich bereue den Schritt aus meiner behüteten Welt in die Wildnis Afrikas nicht. Jedenfalls noch nicht.
12. März 2011:
Was für ein Tag! Heute habe ich zum ersten Mal Professor Lindemann getroffen. Er ist ja fast schon so was wie eine legendäre Persönlichkeit. Ich finde ihn sehr nett und höflich, aber ziemlich zerstreut und nicht sehr zugänglich. Das kann aber täuschen. Ständig hat er einen MP6-Player im Ohr und hört Musik. Die Wildecker Herzbuam haben es ihm besonders angetan. Und die Höhner, eine volkstümliche Kölner Gruppe. Er macht sich einen Spaß daraus, alle möglichen Leute mithören zu lassen, um sie dadurch zu nerven. Unangenehm.
Nachmittags bin ich mit John zum Gipfel des Karisimbi hochgestiegen, um eine Magmakammer zu vermessen. Was für ein Erlebnis! John war äußerst nett, von seiner Arroganz war heute nicht viel zu spüren. Er hat
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