21 - Die achte Flotte
wieder ab.
»Ich kann Ihnen natürlich nichts versprechen, ehe ich wieder zurück im Ministerium bin und Mr. Krietzmann gefragt habe. Aber ich denke, dass er wahrscheinlich mit Freuden teilnimmt.«
Tatsächlich wäre Henri Krietzmann mit größter Wahrscheinlichkeit gar nicht erfreut, überlegte sie. Das hing ganz davon ab, welche »Einschätzung« Lady Gold Peak mit ihm teilen wollte.
»Gut. Rufen Sie mich an, wenn Sie mit ihm reden konnten?«
»Natürlich.«
»Danke«, sagte er und lächelte sie mit stiller Aufrichtigkeit an. »Und als Belohnung, dass wir so gute kleine Arbeitsbienen gewesen sind und das Ganze organisieren, sind Sie und ich ebenfalls eingeladen. Ich bin sicher, es wird genug Laufburschendienste geben, um uns beschäftigt zu halten, aber vielleicht können wir uns ein paar Augenblicke stehlen, um ein wenig Spaß zu haben.«
»Wirklich?« Helga erwiderte sein Lächeln. »Das würde mir gefallen«, sagte sie mit einem Ernst, der sie selbst ein wenig erstaunte.
ACHTZEHN
»Na ja, wenigstens erfahren wir diesmal nicht mitten in der Nacht davon«, stellte Cindy Lecter mürrisch fest.
»Sie geben sich aber schrecklich Mühe, allem eine gute Seite abzugewinnen, Cindy«, erwiderte Michelle, und Lecter brachte ein mattes Lächeln hervor.
»Das liegt daran, weil es so schrecklich schwer ist, diesmal eine zu finden, Ma’am.«
Da hat Cindy recht, überlegte Michelle. Sie lehnte sich im Sessel nach hinten, schloss die Augen und kniff sich müde in den Nasenrücken, während sie über die Depeschen nachdachte, die dieses Treffen erforderlich machten. Erstaunlich, wie rasch − und drastisch − sich innerhalb von kaum drei T-Tagen alles ändern konnte. Die Erinnerung an die erste Dinnerparty, auf der sie mit Admiral Khumalo, Baronin Medusa und Premierminister Alquezar für die Zukunft geplant hatte, verspottete sie heute, und sie fragte sich, welche Überraschungen das Schicksal noch in petto hatte.
Wenigstens gibt es einen kleinen Moment von »Ich hab's dir gleich gesagt«, nicht wahr, Michelle? Natürlich hast du genauso wenig wie jeder andere damit gerechnet, aber wenigstens bekommst du ein Fleißkärtchen, weil du jeden gewarnt hast, dass Beth … es nicht gut aufnehmen würde, wenn noch etwas anderes schiefging.
Sie schüttelte den Kopf und erinnerte sich an das »kleine Beisammensein« am Vorabend.
Wenn ich abergläubisch wäre, würde ich mich fragen, ob ich es irgendwie provoziert habe, dachte sie. Eine dieser »Wenn-ich-es-ausspreche-geschieht-es«-Geschichten. Man müsste nur von der Kleinigkeit absehen, dass es in Wirklichkeit alles schon vor über einen T-Monat passiert ist.
Die Ermordung James Websters war schon schlimm genug, doch diese allerneuste Nachricht − die Nachricht von dem Anschlag auf Königin Berry − war noch schlimmer, viel schlimmer. Ohne den Opfermut und die rasche Reaktion von Berrys Leibwache wäre auch der Preis an Menschenleben unermesslich höher gewesen, als es tatsächlich der Fall war. Einschließlich Michelles eigener Cousine, Prinzessin Ruth.
Und es muss wieder einer dieser programmierten Attentäter gewesen sein, dachte sie grimmig. Das ist die einzige mögliche Antwort. Dieser arme Hundesohn Tyler hatte keinen Grund, Berry töten zu wollen − oder Ruth. Und ich kann mir nichts Selbstmörderischeres vorstellen, als ein Neurotoxinaerosol in der eigenen Aktentasche zu tragen! Wie zum Teufel bekommen sie diese Leute dazu, so etwas zu tun? Und wieso?
So ungern sie es auch zugab, der Anschlag auf Honor hatte strategisch und taktisch einen Sinn ergeben. Honor wurde weithin als beste Flottenkommandeurin der Manticoranischen Allianz geschätzt, und die Kräfte unter ihrem Kommando hatten der Republik die größten Schäden seit der Wiederaufnahme der Feindseligkeiten zugefügt. So verachtenswert Michelle Mordanschläge auch fand − aus höchst persönlichen Gründen, wie sie gern einräumte − jeder militärische Befehlshaber konnte von der Gegenseite als legitimes Ziel angesehen werden. Die Technik, die die Republik benutzt hatte, hätte unausweichlich zum Tod eines weiteren jungen Offiziers und einem halben Dutzend Mitgliedern der Brückenbesatzung geführt, während die Vernichtung von Honors Flaggschiff immerhin Tausende von Menschenleben gekostet hätte. Daher gab es vielleicht sogar ein moralisches Argument, das für den Mordanschlag sprach, wenn er einem gestattete, dem Gegner bei minimal möglichen Verlusten einen möglicherweise entscheidenden
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