2102 - Die Hand der Vorsehung
können.
Kiv, der wieder die Aktenkiste trug, gab keinen Kommentar ab. Vetts Gedanken waren wie üblich sowieso ganz woanders.
Der Oberamtsrat, der die drei Jankaron im Foyer des Börsengebäudes in Empfang genommen und zusammen mit neun weiteren Maschiten vom Amt für Nichteinmischung in den Lift und bis in die Aussichtskuppel des obersten Stockwerks eskortiert hatte, blies seinen Kehlsack auf.
„Ich wiederholige", knarzte er, „Seine Durchlaucht der Edle von Masch'anzga isset mit einem dreifachen Kniefall zu begrüßigen und darf er nicht vorher angesprochen werden, als dass er selbst eine ausgedrückte Aufforderung dazu erteiliget."
Roxo verbeugte sich und vollführte eine schwungvolle, übertrieben feierliche Geste mit dem Arm. „Meister Kiv, bester Vettso - so lasset uns denn auffahren in den Horst des größten Geiers dieses Planeten!"
Insgeheim war aber auch ihm ein wenig mulmig zumute, als sie auf der schmalen, steilen, leicht im Sturmwind hin und her schwingenden Rolltreppe nach oben transportiert wurden. Die zehn Maschiten folgten ihnen in einigen Yabaal Abstand, wohl um sie besser im Auge behalten zu können. Dabei hatten die Beamten sie schon unten im Foyer peinlich genau auf Waffen, Spreng- und andere Kampfstoffe durchsucht.
Na ja, hätte ich meine Krallen in so vielen dunklen Machenschaften, ich wäre wohl auch wählerisch, wem ich Zutritt zu meinem Nest gewähre ...
Die Rolltreppe, auf deren dünne Überdachung der Regen trommelte, mündete in den tiefsten Punkt der Kugel, führte aber noch etwa 15 Yabaal weiter, zu einer Art Galerie, von der aus man auf einen schalenförmigen Salon hinabblickte, welcher das ganze untere Drittel von Masch'ndrodzon ausfüllte.
Zwei symmetrisch angeordnete, geschwungene Treppen führten hinunter; Roxo nahm die linke. Kiv fing Vett, der eine Stufe übersehen hatte, gerade noch rechtzeitig auf. Die Maschiten stapften die andere Treppe hinab und postierten sich dann entlang der Innenwand.
Der Raum wurde von einer großen Sitzgruppe dominiert. Zwei dick gepolsterte Tierhautsofas waren einander gegenüber aufgestellt. An der vorderen Schmalseite des niedrigen Tisches aus glasklarem Tencan stand, mit der hohen Rückenlehne zu ihnen, ein ebenfalls mit matt glänzender, violetter Tierhaut tapezierter Schaukelstuhl, der ganz leicht vor und zurück schwankte.
„Manche Psychologen sind der Meinung, es sage einiges über den Charakter einer Person aus, welche Treppe bei einer derartigen Anordnung gewählt wird. Autoritätshörige tendieren angeblich eher nach rechts ... Oh, wie schrecklich unhöflich von mir! Ich vergaß ganz, Sie zu begrüßen. - Willkommen in meiner bescheidenen Wochenendhütte! Wollen Sie nicht näher treten und Platz nehmen, meine Herren?"
„Uns ist noch nicht ganz klar, wo wir die Kniefälle vollführen sollen, Eure Durchlaucht", sagte Roxo spöttisch in Richtung des Schaukelstuhls. „Hier seht Ihr uns nicht, und zwischen den Sofas ist es zu eng dafür."
Aus den Augenwinkeln bemerkte er, wie der Oberamtsrat pikiert den Kehlsack aufblies.
Hornblatt lachte leise. „Nun kommen Sie schon her, Quatron. Letzte Nacht in der Bar waren Sie ja auch nicht so förmlich. Wollen Sie einen Drink? Aber Sie kriegen ihn nur, wenn Sie ihn nicht wieder heimlich in die Kakteen gießen, so wie gestern."
„Etwas Wasser vielleicht, bitte." Roxo blieb neben dem Sofa stehen und sah ihrem Gastgeber voll ins Gesicht. „Der lange Aufstieg macht durstig."
Der Prinz gab erneut ein glucksendes Geräusch von sich; seine kalten Knopfaugen lachten nicht mit. „Wenn man wirklich etwas erreichen will, muss man schon durstig sein, bevor man sich an den Aufstieg macht."
Er läutete mit einer winzigen silbernen Glocke, die er aus einer Tasche seines Morgenmantels gezogen hatte. Praktisch im selben Augenblick glitt hinter ihnen eine bis dahin nicht erkennbar gewesene, zwei Yabaal breite und ebenso hohe Lifttür auf.
In der Kabine stand, drei Gläser mit einer klaren Flüssigkeit auf einem Silbertablett balancierend, ein Wesen, dessen Anblick Vett einen erstickten Aufschrei entlockte.
Über eineinhalb Yabaal groß, die langen Fühler noch gar nicht mitgerechnet. Nach hinten abgeknickte Sprungbeine. Durchsichtige, verkümmerte Flügel; vier Arme, dunkelbraun und ledrig wie die einer Mumie. Ein dreieckiger, an der Unterseite in scharfe Greifzangen auslaufender Kopf. Und riesige, unergründliche Facettenaugen.
Ein Shuftarr.
*
„Ich nehme an", sagte Prinz Hornblatt,
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