2108 - Samahos Erbe
Verhalten. Auch der Unterricht verlief daher in vielen Einzelphasen, damit die quirligen Kinder sich zwischendurch austoben konnten, bevor sie ihren Indoktrinatos zu sehr auf der Nase herumtanzten.
So schnell, wie die Mom'Serimer starben, so schnell wuchsen auch wieder neue heran. Auf der Krankenstation herrschte daher stets hektischer Betrieb. Täglich starben ältere Artgenossen und mussten rituell dem Konverter übergeben werden, während nebenan die Nachkommen das Licht der Welt erblickten. Es war ein ewiger Kreislauf, und so hatte es in NACHT-Acht seine Bedeutung gehabt, die Toten dem Konverter zu übergeben: Sie wurden aufgelöst und der Wiederaufbereitungsanlage zugeführt. Auf diese Weise ging ihre Körpermaterie in den geschlossenen Kreislauf ein und garantierte das Überleben; es wurde nichts verschwendet, und nichts ging wirklich verloren. Auf der SOL war das zwar nicht mehr notwendig, aber die Mom'Serimer behielten diese Prozedur bei.
Die Terraner stellten ihnen alles zur Verfügung, was sie für eine sozialadäquate Unterkunft benötigten. Die Sektion wirkte trotzdem keineswegs wohnlich, sondern vielmehr provisorisch. Als wären die Mom'Serimer bereits halbwegs im Aufbruch irgendwohin. Wohnräume waren nur spärlich eingerichtet, überall standen oder lagen halbfertig montierte Einrichtungsgegenstände herum - ob sie fertig aufgebaut oder eigentlich abgebaut werden sollten, war überhaupt nicht ersichtlich.
Die meisten Mom'Serimer bezeichneten ihre Sektion auch als „Flüchtlingslager", denn sie empfanden sich nach wie vor als Flüchtlinge, Heimatlose, die nirgendwo hingehörten. Daher hatten sie keinen Ansporn, etwas aus ihrem derzeitigen Lebensbereich zu machen. Sie waren zwar sehr genügsame Wesen, aber wohl fühlten sie sich wahrscheinlich nicht.
Vor allem die etwa 20.000 Kinder und Jugendlichen hatten mit diesem halbgaren Zustand zu kämpfen und waren auf der Suche nach ihrer Identität. Vermutlich auch deswegen schlichen sie sich immer wieder in die Trümmersektionen des SZ-2-Flansches - und nicht nur von Neugier getrieben.
Dort wartete wenigstens das Abenteuer, das Unbekannte, und vielleicht fanden sie eines Tages... was auch immer.
Keiner von ihnen hätte das zu beantworten gewusst. Auf das Ergebnis kam es nicht an, die Suche allein zählte. Noch.
*
Zwei Schatztaucher baten mit ihrer „Last" um eine Audienz bei Lord-Eunuch Crom Harkanvolter. Für Shoy Carampo und Basch Fatingard war es das reinste Spießrutenlaufen, bis sich endlich die Tür zu den Gemächern des Lord-Eunuchen hinter ihnen schloss. Ihre Artgenossen sprachen sie nicht direkt an, aber sie machten doch große Augen, die beiden Jugendlichen in Begleitung der zwei Riesen zu sehen.
Vor allem der Eunuch Stap Crumero zog ein indigniertes Gesicht mit missbilligend verschränkten Gehirntentakeln. Er war 17 Jahre alt und Crom Harkanvolters Stellvertreter; in NACHT-Acht hatte er die Funktion eines Hyperphysikers bekleidet.
„Der Lord-Eunuch erwartet euch bereits", sagte er auf Frendo-Prom. Wie viele Ältere seines Volkes benötigte er noch einen Translator zur Verständigung, wenn er mit den Terranern sprach.
Shoy und Basch konnten kaum stillhalten vor Aufregung. Sie waren Crom Harkanvolter noch nie begegnet und verspürten großen Respekt vor dem hoch geachteten, charismatischen Anführer ihres Volkes. Was würde er mit ihnen machen? Sie konnten sich beide vorstellen, wie ungehalten der Lord-Eunuch sein würde. Vermutlich würde er sie mit unerbittlicher Härte und Strenge bestrafen, nach Stap Crumeros ernstem Gesichtsausdruck zu urteilen.
Und es war tatsächlich wie ein Schock, dem großen Mann des Volkes zu begegnen - denn er war alt. Obwohl er erst fünfzehn Jahre zählte, wirkte er weitaus älter, fast wie ein Zwanzigjähriger, der nur noch auf den Tod wartete. Seine langen, dunkelrosafarbenen Gehirntentakel hingen wie müde vor seinem Gesicht herab, sie waren faltig, die Haut rissig und spröde. Croms Gesicht wirkte eingefallen und von ungesunder, graurosa Farbe. Selbst seine Bewegungen vollzogen sich langsam und schleppend, und er bevorzugte das Sitzen in einem bequemen Lehnstuhl.
„Ich bin Marth Ravved, Leutnant in der wissenschaftlichen Abteilung der SOL, und das ist mein Bruder Dustaff", begann der Anführer der Schatztaucher. „Aufgrund eines äußerst wichtigen Auftrages waren wir im SZ-2-Flansch unterwegs und bringen dir hier zwei Streuner, die wir dort aufgriffen. Ich brauche wohl nicht extra darauf
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