2108 - Samahos Erbe
normalerweise zu solchen Gelegenheiten, oder?"
„Was ist es denn für eine Gelegenheit?"
„Nun, wir sind allein in meiner Kabine. Ist das kein Rendezvous?"
Porto lachte. „Ich dachte eigentlich, ich bin unangemeldet hier hereingeschneit. Das kann man nicht als Verabredung bezeichnen, findest du nicht?"
In Fees Augenwinkeln bildeten sich feine Lachfältchen. „Irgendwie nicht, nein. Dennoch ist es eine Premiere für mich. Du bist der allererste Besuch."
„Erzähl mir nicht, dass niemand zu dir kommen will."
„Ich will es nicht."
Porto trank den Tee in kleinen Schlucken; er schien ihn wirklich zu genießen. Seine Miene wurde von Minute zu Minute gelöster. „Ich normalerweise auch nicht. Aber heute wusste ich nichts mit mir anzufangen. Genauer gesagt, ich wollte nicht allein sein."
„Ich gebe zu, ich freue mich, dass du da bist." Fee verharrte überrascht. „Eigenartig ... aber es ist mir wirklich angenehm. Zu dieser Stunde trinke ich immer meinen Tee, aber zu zweit schmeckt er besser."
„Erzähl mir von dir, Fee." Porto Deangelis beugte sich vor. „Ich will nicht auf den Grund deiner Seele dringen, also erschrecke nicht. Aber es interessiert mich, was du machst, wenn du allein hier bist. Ich möchte wissen, wer die private Fee ist."
„Man redet wohl viel?", erwiderte sie.
„Die Leute reden immer, Fee. Natürlich vor allem über dich, das liegt schon an deiner Position. Es gibt immer wieder Gerüchte, die jedoch rasch wieder versanden, weil sie nicht genährt werden können."
„Ich weiß, man hält mich für spröde."
„Nun, du kannst es ihnen nicht verdenken. Du bist eine wunderschöne Frau, aber unnahbar. Manche bezeichnen dich sehr uncharmant als Eisberg."
„Das macht mir nichts."
„Ich weiß. Deshalb erzähle ich es dir ja." Er drehte das Teeglas in den Händen. „Ich will dir lieber nicht sagen, was sie über mich reden."
Fee musterte ihren Besucher. „Es interessiert dich wirklich, nicht wahr?", fragte sie leise. „Das ist nicht nur Konversation ..."
Porto schüttelte den Kopf. „Wenn ich Konversation machen will, gehe ich in den Erholungsbereich."
„Ich ..." Fee sprach nicht weiter. Sie wollte sagen, dass es ihr peinlich war. Dass sie sich noch nie einem Menschen offenbart hatte. Dass sie nun wirklich ihre Seele offen legte.
Aber es war ihr nicht peinlich. Es schien ihr seltsamerweise ganz selbstverständlich. Sie wusste, dass Porto weder mit Unverständnis noch mit Belustigung reagieren würde. Genauso wenig würde er sein Wissen über diese Schwelle hinaustragen an die Öffentlichkeit.
Die vergangenen Monate waren wie weggewischt. Zuerst hatte sie seine Nähe gesucht, dann war es zu dem verhängnisvollen KUSS gekommen, danach hatten sie sich nicht unbedingt gemieden, aber ihre Beziehung war wieder auf die Arbeit reduziert. Höflichdistanziert, obwohl beide wussten, dass tief in ihnen ganz andere Gefühle um Freilassung baten. Doch dafür waren sie nicht geschaffen, das erlaubte ihre Position nicht. So etwas konnte nicht gut gehen.
Aber vielleicht konnten sie wenigstens Freunde bleiben.
Fee erhob sich und ging zu ihrem Kabinenterminal. In der Mitte baute sich ein großes Holo auf, das detailgetreu die SOL zeigte. Darunter stand in Versalien DIE CHRONIK DER SOL. Ein Detailausschnitt zeigte... beschriebene Seiten.
Porto Deangelis stand auf und ging um das Holo herum. Fasziniert betrachtete er die altmodisch beschriebenen Seiten, die sich von Zeit zu Zeit in einem antik anmutenden Showeffekt umblätterten, wie einst die Seiten in einem Buch. Er las Ausschnitte, und seine Augen wurden immer größer.
„Das ... schreibst du?", flüsterte er.
Fee nickte, sie errötete nun doch. „Ja, ich... habe es mir sozusagen zur Lebensaufgabe gemacht, die Geschichte der SOL aufzuzeichnen. Der Bordrechner unterstützt mich dabei und neuerdings auch Morten Racast. Es ist mehr als eine Chronik, ich will auch viele Geschichten am Rande, Einzelschicksale, eben alles aufzeichnen, was die Faszination dieses Schiffes ausmacht. Wie die Fahrt begann aus dem Mahjstrom der Sterne, dann das Konzil der Sieben, die Erlebnisse der Solaner, Shabazza, der Umbau, die Rückeroberung ... meine Einsetzung als Kommandantin, Segafrendo, Dommrath, Wassermal... Es soll ein Roman mit dokumentarischem Hintergrund werden."
„Wie viele Seiten hast du denn schon?"
„Etwas über achthundert."
„Wie viele?" Porto starrte sie zuerst entgeistert, dann ehrfürchtig an. „Das ... das ist ja unglaublich! Dann
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