2118 - Quintatha
von Fackeln taghell erleuchtete Messen füllten den Bauch der CASTELLU. In jeder davon wurde einem anderen Glücks- oder Geschicklichkeitsspiel gefrönt.
So schnell es das Gedränge erlaubte, durchquerte Merad die größte von ihnen, in der Dutzende von armen Narren gegen mechanische Automaten „Barken versenken" spielten. Einige wenige würden dabei vielleicht ein paar Wochen oder Monate gewinnen; die meisten aber würden nach dieser Nacht ihre Leibschulden nur noch weiter erhöht haben.
Vor dem Schott zur Krebsenmesse lehnten zwei Wächter mit Hellebarden. Sie ließen Merad kommentarlos durch.
Da „Klau den Krebs" deutlich komplexer als die meisten anderen Spiele war und auch mit weit höherem Einsatz betrieben wurde, blieb es den Kapitänen und Führungsoffizieren vorbehalten. Die Krebsenmesse der CASTELLU galt als die exklusivste von ganz Hellmock.
Nur wenige Spieltische standen in dem halbrunden, verschwenderisch dekorierten Raum, und nur ein einziger war belegt. Der Kalfakter thronte in einem bequemen, dick mit Fett gepolsterten Sessel.
Seine drei Partner nahmen mit etwas niedrigeren, doch ebenfalls aufwändig tapezierten Hockern vorlieb. Merad kannte sie flüchtig - zwei von ihnen leiteten Schulschiffe, der dritte war ein gefragter Kokonier.
Auf dem Tisch zwischen ihnen stapelten sich Muschel- und Hummerchips, zusammen im Wert von einigen Jahrzehnten Leibschulden.
„Merad! Willkommen in unserer Mitte!", rief der Kalfakter übertrieben freundlich. „Setz dich zu uns. Hast du Lust auf ein Spielchen? Ich hörte, euer letzter Titanenfang wird der SIRIOS reichen Ertrag bringen!"
Du alter Schleimpinkler weißt ganz genau, dass Shirka gut drei Viertel der uns zustehenden Anteile gleich wieder einbehält - zur Tilgung der vielen Strafen, die er uns während der Fahrt aufgebrummt hat, dachte Merad bitter. Nur wer im Hafen äußerst sparsam lebt, behält vom Rest noch etwas übrig, um seine Leibschuld beim Kapitän abzubauen. - Und welcher Seemann lebt im Hafen schon sparsam?
Laut sagte er: „Deine Einladung ehrt mich, Kalfakter. Ja, wir haben gute Beute gemacht. Verzeih mir, wenn ich dennoch nicht mit euch spiele. Ihr beherrscht das Spiel einfach um so viel besser als ich, dass ich kein ernsthafter Gegner wäre und euch somit den Spaß verderben würde."
Die Augen des Kalfakters verengten sich. „Wie rücksichtsvoll von dir", nuschelte er. Er klatschte in die Hände. „Aber einen guten Schluck nimmst du doch mit uns?"
„Selbstverständlich gerne."
Merad setzte sich dem Kalfakter gegenüber. Ein Bedienmatrose brachte ein weiteres Glas und ein Fässchen, aus dem er ihnen einschenkte.
„Auf die SIRIOS!", rief der Kalfakter. Sie stießen an und tranken.
Das Titanenblut schmeckte ungemein stark und köstlich; achtzehnfach konzentriert, wenn nicht überhaupt vierundzwanzigfach, schätzte Merad. Unter anderen Umständen hätte er diesen fantastischen Tropfen von Herzen genossen.
Auf die SIRIOS... Was hat nun wieder dieser Trinkspruch zu bedeuten? Komm schon, Kalfakter, rück endlich heraus mit der Sprache!
„Aaah ... welch eine Gabe Anguelas!" Der Kalfakter rülpste mehrfach. „Eines Kapitäns wohl würdig, findest du nicht?"
„Ich bin aber nur Erster Offizier", entfuhr es Merad.
„Ich weiß, mein Lieber, ich weiß. Wie lang eigentlich schon und wie viel davon bei Shirka?"
„28 Jahre und volle 24 auf der SIRIOS." Eigentlich ein Wahnsinn. Er sollte schon längst ein eigenes Kommando haben.
Doch eine Bark wurde nur verfügbar, wenn ihr Kapitän starb. Vor allem aber: Dafür bewerben konnte sich nur ein Freier Mann ...
„Ist deine Leibschuld noch hoch?"
Merad kreuzte die Arme. „Einige wenige Jahre", antwortete er wahrheitsgemäß. Der Kalfakter kannte die Zahl wahrscheinlich auf den Tag genau.
Was soll das Gefasel? Was wollt ihr von mir?
Erstmals mischte sich der Kokonier ein. „Ich nehme an, du hast dich damals bei Shirka verdingt, weil er eine so hohe Fangquote hatte."
„Die höchste", bekräftigte Merad. „In den letzten Jahren ist sie sogar noch gestiegen." Er grunzte. „Wir bleiben kaum mehr lang genug in Hellmock, um die Vorräte nachzufüllen."
„Ich weiß", sagte der Kalfakter nachdenklich. „Und ich weiß auch, dass Shirka vor kurzem bei Andander vorgeladen war. Rate mal, was da besprochen wurde!"
„Beim Ratspräsidenten? - Ich habe keine Ähnung."
„Aber ich. Ich könnte mir sehr gut vorstellen", der Kalfakter stützte seine Unterarme auf den Spieltisch und beugte
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