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212 - Das Skelett (German Edition)

212 - Das Skelett (German Edition)

Titel: 212 - Das Skelett (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Graser
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doch sowieso noch nicht den Kopf frei, wieder ins alltägliche Klinikgeschäft einzusteigen, habe ich recht ? «
    Ich nickte, Artjom hatte recht, wie immer.
    So ließ er mich allein zurück, ich hing meinen Gedanken nach und rief in meinem Kopf alles ab, was ich über diese seltene Krankheit wusste:
    Morbus Wilson ist ein Gendefekt.
    Der Kupferstoffwechsel in der Leber ist gestört. Es vermindert die Kupferausscheidung über die Galle, woraus eine vermehrte Ansammlung von Kupfer in diversen Bereichen und Organen des Körpers resultiert. Daraus können sich vielfältige Muster von Symptomen bilden. Dennoch ist diese Genmutation mit Medikamenten, die den unnatürlichen Kupferspiegel senken, gut zu behandeln.
    Oder durch eine Lebertransplantation, die eine gänzliche Heilung verspricht. Soweit mein Wissen aus der vorklinischen Zeit meines Studiums.
     

Kapitel 14
     
    Als Dawid Rosenberg den Barbereich betrat und mich sah, erstrahlte sein Gesicht, seine Freude erreichte aber nicht seine Augen. Irgendetwas störte mich an ihm, aber ich konnte es nicht richtig deuten, was es war. Gekünstelte Freundlichkeit begegnete mir ja des Öfteren, bei ihm war es etwas anderes. Sicher hatte er die sechzig schon angekratzt, er war aber immer noch ein attraktiver Mann. Mittelgroß mit fülligem dunklem Haar. Seine dünne goldene Brille gab ihm etwas Majestätisches. Vom Typ her wirkte er auf mich wie ein Richter und nicht wie ein Diamantenhändler. Etwas schwulig empfand ich sein Seidentuch, das er um den Hals trug. Auch wenn sein feiner Zwirn perfekt saß, das bunte Tuch irritierte meine Augen.
    » Guten Tag, Dr. Dachsler, schön, dass Sie es einrichten konnten. Ich denke, ich werde gleich zum Kern meines Anliegens kommen, um es Ihnen und auch mir etwas leichter zu machen. Es ist wirklich nicht einfach für mich, „darüber“zu reden. Ich … «
    Er brach ab, da die Bedienung kam.
    Wir bestellten beide alkoholfreie Getränke.
    Schon diese Eröffnung missfiel mir, ich war zuerst voreingenommen und musste mich zusammenreißen, interessiert wirkend zuzuhören.
    » Ich möchte ehrlich zu Ihnen sein, Dr. Dachsler. Es geht nur darum, den letzten Wunsch meiner Tochter zu erfüllen. Sie möchte einfach nicht mehr leben, Charlotte hat keine Kraft mehr und den Kampf aufgegeben. Ich hatte anfangs wirklich ein großes Problem mit ihrer Einstellung, aber heute kann ich es wahrlich nachempfinden. Es ist ein unwürdiges Dasein, ihre neurologischen Symptome werden immer schlimmer. Ihre Mutter verstarb als sie zwei Jahre alt war, also kannte sie sie gar nicht wirklich. Es war nie leicht für mich. Charlotte war dennoch ein wundervolles Kind . «
    Er schlug die Hände vors Gesicht und weinte . Solche Situationen behagten mir nie.
    Mein ärztlicher, über Jahre aufgebauter Schutzpanzer bröckelte, also versuchte ich nur tröstende Worte zu finden.
    »Dawid, ich werde Ihnen helfen.
    Bitte erzählen Sie mir etwas mehr über den Verlauf , und wann die Diagnose gestellt wurde . «
    Die nächste Stunde servierte Dawid Rosenberg mir derart präzise Informationen, dass ich wirklich dachte, ich hä tte einen Gastroenterologen und Neurologen vor mir.
    Zu allem Übel lud er die Schuld ihrer Erkrankung auf seine schmalen Schultern. Er trug im entsprechenden Chromosomenbereich eine ebensolche Genmutation und vererbte sie also an seine Tochter weiter. Nur bei ihm brachen nie irgendwelche Symptome aus, vorsorglich nahm er nun auf Anraten der Ärzte diverse Zinkpräparate ein.
    Da ss es nicht ihn, sondern seine Tochter traf, nagte sichtlich an ihm.
    S eine Selbstvorwürfe waren verständlich.
    Die Diagnose, dass es Morbus Wilson sei, wurde bei Charlotte spät gestellt, zu spät! Was leider nicht so ungewöhnlich ist, denn sie aufzuspüren ist aufgrund der Seltenheit äußerst schwierig. Die Vielfalt der Symptome tat ein Übriges. Die besten Fachärzte in Europa und den USA wurden konsultiert, aber es setzte kein Therapieerfolg ein. Bei ihr half nicht einmal mehr eine Lebertransplantation. Ihre größten Probleme lagen überwiegend im Zentralnervensystem, ein grausames Fortschreiten war nicht mehr aufzuhalten oder umzukehren.
    Ihre unkontrollierten körperlichen Ausfälle waren beängstigend. Ihre ganze Motorik und Koordination war vollkommen außer Kontrolle geraten. Extreme plötzlich auftretende Krampfanfälle und Gleichgewichtsstörungen ließen sie Höllenqualen erleiden.
    Dawid beschrieb es sehr plastisch , das war nicht schön mit anzuhören.
    Zudem

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