212 - Das Skelett (German Edition)
immer mehr Interessierte aus aller Welt an. Wir hatten auch vorher Patienten aus den Ländern, die Artjom anvisierte, aber doch nur sehr wenige. In Deutschland war ich sicherlich einer der bekanntesten Schönheitschirurgen, aber über unsere Grenzen hinaus doch völlig unbedeutend.
Der energiegeladene gewinnorientierte Artjom-Motor sprang an.
Keine Klientel , die nach Preisen fragte, nur nach Möglichkeiten und Terminen.
Dr. Hausecke fragte mich zaghaft , wann ich denn wieder selbst operieren würde. Ich hatte keine wirkliche Lust mehr zu arbeiten, mich auf Lippenmodellierungen und anderes Unnützes zu konzentrieren.
So riet ich den beiden, das Klinikpersonal schnellstmöglich aufzustocken und versprach dennoch in einer Woche wieder am Klinikalltag teilzunehmen. Dann stand ja auch schon der Termin mit Charlotte Rosenberg an. Da gab es vom Ablauf her auch noch einiges zu organisieren. Das ließ sich nicht mehr all zu lange verdrängen.
Ein Zuhause hatte ich ja nicht mehr, so dachte ich und quartierte mich erst einmal wieder in ein Hotel ein. Dann rief ich meine neue Scheidungsanwältin an, die mich zu sich in die Kanzlei einlud. Denn persönlich kennengelernt hatten wir uns ja noch nicht. Eine Hamburger Rechtsanwältin, herrlich, ich freute mich auf sie, warum eigentlich?
Marlies Becker war ein Pfundskerl - im wahrsten Sinne des Wortes. Etwas über ein Meter fünfzig klein und sehr rundlich. War sie die Freundin von Roger Millhand? Nein, natürlich nicht, aber sie hätten optisch sehr gut zusammengepasst. Ihre Kanzlei war am Jungfernstieg, sehr ansehnlich und gediegen. Sie hatte sich auf Scheidungs- und Sozialgerichtsfälle spezialisiert.
Zuvor hatte ich noch nie von ihr gehört. Marlies hatte Feuer, jenes, welches freche Rechtsanwälte so ausmacht, wie ich nun wusste. Ja sie sprühte förmlich vor Energie, aufgrund ihrer Stimme am Telefon hatte ich sie mir ganz anders vorgestellt. Diese war knisternd erotisch, als ich Marlies in natura sah, waren alle sexuellen Gedanken verflogen. So saß ich leicht belustigt vor ihrem mit Unterlagen überhäuften Schreibtisch und schaute in kleine Sehschlitze, denn ihre Augen blieben mir verborgen.
» Dr. Dachsler, wie schon erwähnt, ich habe gute Neuigkeiten für Sie. Ihre zuvor bockige Ehefrau akzeptiert all meine vorgebrachten Bedingungen.
Si e darf die geliebten Pferde behalten, die ohne Hypotheken behaftete Villa in Eimsbüttel und sie erhält fünfhunderttausend Euro in bar. Letzteres nur bei Verzicht auf Unterhalt und Versorgungsausgleich.
Ich gebe aber un umwunden zu, dass mich ihre neu gefundene Einsicht selbst überrascht hat.
Beates Anwalt ist ein scharfer Hund, und sie erschien mir noch härter als Granit, die Fronten waren extrem verhärtet.
Ich hatte mich schon auf einen schmutzigen und lang anhaltenden Rosenkrieg eingestellt. Zwischenzeitlich näherten wir uns nur in Kleinigkeiten an. Gestern Morgen ereilte mich ihr Anruf, sie würde das nehmen, was sie bekommen könnte. Also habe ich die eben erwähnten Details mit ihrem Anwalt besprochen und gleich zu Papier gebracht. Es ist wasserdicht und wird so beurkundet. Ich denke, alles zusammen ist immer noch viel zu viel, aber aufgrund Ihres Vermögens eine Ideallösung. Nicht berücksichtigt, die kürzliche Veräußerung von Klinikanteilen für einen hohen Millionenbetrag. Wäre das zu ihr durchgedrungen, hätten Sie noch mehr geblutet. Meiner Meinung nach habe ich das Beste für Sie herausgeholt. Sind Sie mit dem Ergebnis auch zufrieden, Doktor ? «
Ich war baff .
»Ja sicher, dann kann ich ja die Wohnung im Hafenviertel wieder beziehen.«
Marlies erzählte noch ein wenig mehr über weitere rechtsrelevante Details, die Immobilien und die Klinik. Die und das Apartment war in diesem Moment wirklich das Einzige, was mich wirklich interessierte. Marlies war smart, denn sie hatte im Loft und im Haus auf Sylt schon die Schlösser auswechseln lassen. Nach Absprache mit Beates Anwalt überließ meine gewiefte Anwältin ihr im geplanten Trennungsjahr die Villa – vorausschauend und clever. Die anderen beiden Immobilien sollten eigentlich veräußert werden und in das zu verteilende Vermögen einfließen. Vor Wochen noch war mir alles vollkommen gleichgültig. In diesem Moment war ich froh, dass ich diese beiden Schmuckstücke behalten konnte. Ich hing doch sehr daran, und ich musste mir keine neue Bleibe in Hamburg suchen.
Innerlich platzte ich vor Stolz und strahlte wie die Sonne. Mein Gott, auf was für einem
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