213 - Aruulas Grab
als einen Kopf größer als Daa’tan und fast doppelt so breit, musterte den Jungen, als wolle er ihn auf der Stelle fressen. »Du hast Glück. Ich glaube dir, dass du dich von der Snaak bedroht gefühlt hast, denn du scheinst von weit her zu kommen. Aber das war deine letzte Auffälligkeit, Bürschchen. Wenn ich dich noch ein Mal erwische, landest du in den Verliesen. Verstanden?«
»Natürlich, verstanden«, erwiderte Grao hastig anstelle von Daa’tan, der schon wieder rauflustig dreinschaute, und zog den Jungen mit sich.
Aruula, die die beiden aufgrund des Aufruhrs wieder gefunden hatte, atmete in ihrer Deckung tief durch. Sie hatte schon das Schlimmste befürchtet, musste nun aber doch nicht eingreifen.
Daa’tan betrat das Haus mit der nackten Tänzerin auf dem Schild. Und Grao, der wissen wollte, wie ein auf der Schwelle zum Erwachsenen stehender Primärrassenvertreter auf die Weibchen reagierte, hielt ihn nicht davon ab.
In dem großen verrauchten Raum, der von schummrigem Licht nur unzureichend erhellt wurde, drängten sich Männer jeglichen Alters. Sie saßen an Tischchen oder standen einfach herum. Alle blickten sie auf die beiden Tänzerinnen, die zu Ehren der Göttin Bast Katzenmasken trugen und zu den Tönen eines uralten Klaviers, das irgendwie die Zeiten überdauert hatte, ihre schlanken, nackten, vor Öl glänzenden Körper an aufgestellten Stangen verrenkten. Dabei gewährten sie Einblicke, die Daa’tan fast die Augen aus dem Kopf fallen ließen. Grao bemerkte, dass er immer angespannter und nervöser wurde. Er flüsterte Sachen wie »Hoinx« oder
»Wahnsinn« und drängte sich nur deswegen nicht nach vorn, weil die Leiber vor ihm einen undurchdringlichen Wall bildeten.
Nachdem der Tanz vorbei war, kamen durch Nebeneingänge vier weitere Tänzerinnen in den Raum. Sie trugen nicht mehr als einen Schleierhauch auf ihren duftenden Körpern, drückten sich durch die Menge, in der es durchaus auch Frauen gab, und hielten den Anwesenden eine Sammelamphore hin. Unter Gegröle und Gelächter fielen zahlreiche Pjaster hinein, während die Männer ungeniert an den Tänzerinnen herum grapschten.
Daa’tan konnte es kaum erwarten, bis eine bei ihm war. Als sie ihn verheißungsvoll anlächelte, warf er blind eine Handvoll Pjaster in die Sammelamphore. Anscheinend waren es viel zu viele, denn die Tänzerin bekam glänzende Augen. »Oh, junger Herr«, flüsterte sie, »du scheinst nicht nur reich an gutem Aussehen zu sein, sondern auch an irdischen Besitztümern. Dazu bist du überaus großzügig. Willst du mit mir nach oben kommen? Dann zeige ich dir… Dinge, die du zuvor noch niemals gesehen hast. Sie werden dir höchste Lust und überragenden Genuss bereiten.« Dabei strich sie mit ihrem Busen kurz an seiner Brust entlang.
Daa’tan, der durchaus verstanden hatte, stand wie erstarrt.
Seine Knie zitterten leicht. »Ja, ja, ich komme mit«, flüsterte er rau und schluckte den Kloß hinunter, der in seiner Kehle saß.
»Und du, Grao… äh, du wartest hier auf mich, verstanden?«
»Gut. Ich warte hier… junger Herr.« Der Daa’mure verzog sein bärtiges Tarngesicht zu einem Grinsen.
Die Tänzerin, eine schwarze Gazelle aus Nuuba, nahm Daa’tan bei der Hand und zog ihn zu einer Holztreppe, die in den ersten Stock führte. Grao dachte jedoch nicht daran, seinen Schützling aus den Augen zu lassen. So ging er hinterher. Er sah die beiden gerade noch am Ende eines langen Ganges in einem Zimmer verschwinden und postierte sich davor.
Aruula hatte ihren Sohn zur Nackttanzstätte gehen sehen und schnaubte vor Zorn, als Grao ihn vom Besuch des zweifelhaften Etablissements nicht abhielt. Der Junge hatte doch keinerlei Erfahrung! Er wusste nichts vom städtischen Leben und schon gar nichts von den Tricks verführerischer Weiber, die nur auf sein Geld aus waren. Was man von einer außerirdischen Echse ebenfalls nicht erwarten konnte. Sie musste hinterher!
Verschleiert und zu allem entschlossen betrat Aruula das Gebäude und hielt sich so an der Wand, dass sie ihren Sohn beobachten konnte. Dass Daa’tan die nackten Tänzerinnen mit seinen Blicken fast verschlang, konnte sie noch hinnehmen.
Als er aber mit einer davon die Treppe hoch stieg und Grao hinterher, war die Grenze ihrer Geduld erreicht. Daa’tan sollte seine Unschuld nicht an ein Weib verlieren, das jeden Tag von Dutzenden anderer Männer als Gefäß für deren Lüsternheit benutzt wurde!
Niemals!
Aruula kämpfte sich zur Treppe durch. Einem
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