213 - Aruulas Grab
Schiffe aller Größen und Formen, die be- und entladen wurden. Hadbans Interesse galt eindeutig diesen Schiffen. Aruula bemerkte, dass er sie, locker auf sein Kamshaa gestützt, einzeln in Augenschein nahm. Schließlich glitt ein zufriedenes Lächeln über sein Gesicht. Aruula lauschte und bekam mit, dass Hadban der Eigentümer eines dieser Schiffe und zufrieden war, dass es den Weg hierher geschafft hatte. Dann konzentrierte sich das Interesse des Grabräubers auf den Bast-Tempel, den er demnächst aufsuchen wollte.
Aruula folgte unwillkürlich seinen Blicken. Der prachtvolle Tempel mit seinen Säulenreihen und weitläufigen Anlagen, in einen Hang auf der gegenüber liegenden Flussseite gebaut, stand dem Palast des Gaufürsten direkt über der Stadt in nichts nach.
Eine Stunde später standen die Kamshaas in einer großen Markthalle innerhalb des Basaars und wurden abgeladen.
Währenddessen organisierte Hadban eine Herberge für Aruula, Daa’tan, Grao und sich. Sie lag in einer etwas ruhigeren Straße.
Als sie ihre Zimmer bezogen hatten, verabschiedete sich Hadban mit dem Hinweis, einen seiner Vettern aufsuchen zu müssen. Das war gelogen, denn der Schatten beschäftigte sich in Gedanken intensiv mit den Geschichtenerzählerinnen von El Assud sowie mit Bast-Aam, dem Hohepriester des Bast-Tempels, und was er ihm alles für dessen Dienste bieten könnte. Zudem fieberte Hadban geradezu auf das Zeichen der Ewigkeit.
Aruula beendete ihr Lauschen, als Daa’tan sie bedrängte, in die Stadt gehen zu dürfen. Er und der Daa’mure durften nicht bemerken, dass ihre telepathischen Fähigkeiten nach wie vor bestanden und sie sie nicht beim Kampf am Uluru eingebüßt hatte wie alle anderen.
Am liebsten wäre Daa’tan ganz allein losgezogen, höchstens noch mit Grao, aber ganz gewiss nicht in der Begleitung seiner Mutter. Aruula wurde bewusst, dass ihr Sohn fast magisch von den Frauen angezogen wurde, die sich in den übervölkerten Straßen tummelten, viele von ihnen hinreißend schön und unverschleiert. Laut Hadban handelte es sich hauptsächlich um Liebesdienerinnen, die Reisenden nicht nur die schwer verdienten Pjaster aus der Tasche zogen, sondern sie unter Drogen setzten, bestahlen und bewusstlos irgendwo liegen ließen. Beschwerten sich die Bestohlenen dann bei den Behörden, wurden sie wegen ihrer Dummheit und Einfältigkeit nur ausgelacht.
Morde gab es hingegen so gut wie nicht. Die Basaarwache der Freihandelsstadt sorgte mit eiserner Hand dafür, dass die Gesetze El Assuds eingehalten wurden. Denn der Padischah garantierte den Handelsreisenden aller Länder und Rassen nicht nur gute Geschäfte in seiner Stadt, sondern auch Unversehrtheit. Und da sich El Assud, im Grenzgebiet zwischen Egeeti und Nuuba gelegen, immer neutral verhalten hatte, duldeten es die einen wie die anderen. Zumal Egeetis und Nuubas Spione in El Assud schon des Öfteren wichtige Tipps und Nachrichten über den jeweils anderen bekommen hatten.
Ein weiterer Grund, El Assud seine Freiheit zu belassen, waren die zügellosen und ausschweifenden Sitten, die der Padischah nicht nur mit Wohlgefallen sah, sondern über den Bast-Kult sogar noch förderte. Weder in Egeeti noch in Nuuba hätten die Machthaber, die ebenfalls gerne nach El Assud kamen, dies dulden können. Zu streng waren die religiösen Gesetze in beiden Ländern.
Aruula wusste das alles längst von Hadban, und gerade deshalb wollte sie ihren Sohn nicht in das Getümmel da draußen entlassen. Aber Daa’tan blieb unerbittlich. Als Kompromiss konnte Aruula schließlich durchsetzen, dass Grao ihn begleitete. Das war besser als nichts, weil auch die Echse in Menschengestalt auf Daa’tans Sicherheit bedacht war. Sie würde ihn sicherlich von unbedachten, gefährlichen Aktionen abhalten.
»Keine Angst, Mutter, wir kommen schon wieder heil zurück«, verabschiedete sich Daa’tan breit grinsend und warf Grao einen verschwörerischen Seitenblick zu, den Aruula sehr wohl bemerkte – und spontan beschloss, doch ungesehen in der Nähe der Beiden zu bleiben. Nur um schnell eingreifen zu können, wenn es doch kritisch werden sollte.
Daa’tan und Grao zogen los. Schon bald drückten sie sich durchs dickste Gewimmel des Basaars. Händler hatten ihre Tische in den engen Straßen aufgestellt. Krummschwerter und Dolche lagen darauf, wunderschöner Schmuck aus angeblich echtem Gold und Silber, unverwüstliche Utensilien aus Plastikk, feine Stoffe, Parfüms in kleinen Glasbehältern, Reliquien
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